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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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Sweatshirts gegeben – ob marineblau oder schwarz, konnte sie in dem schwachen Licht ihrer Funzel nicht erkennen. Außerdem eine graue Jogginghose, die ihr viel zu groß war. Sie zog die Sachen über ihre nackte Haut, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, das danach genauso aussah wie vorher, und ging wieder ins Wohnzimmer.
    Auch Rory trug Sweatshirt und Jogginghose und stand, die Sturmlampe in der Hand, mitten im Raum. Er lächelte sie an. “Geht es dir besser?”
    “Körperlich schon.” Sie setzte sich aufs Sofa. “Aber ich bin immer noch ziemlich … durcheinander. Es ist so viel passiert heute Abend.”
    “Wie wäre es mit etwas zu trinken”, fragte er. “Der Strom ist noch weg, also kann ich uns nichts Heißes machen. Aber ich habe Eistee, Wein und Bier.”
    “Wein.” Sie legte den Kopf zurück und schloss die Augen, während er mit der Laterne in die Küche ging. Wenige Augenblicke später reichte er ihr ein Glas Wein. Sie nahm ein paar Schlucke und stellte es dann auf den Couchtisch.
    Nachdem Rory das Sturmlicht daneben platziert hatte, ließ auch er sich aufs Sofa fallen. Er warf einen Blick auf die zugenagelten Fenster, die im Wind klapperten. “Ich habe das Gefühl, da kommt noch was”, sagte er. “Ich frage mich, welcher Teil des Sturms gerade über uns tobt.”
    “Bisher sind wir glimpflich davongekommen. Wollen wir hoffen, dass es so bleibt. Wenn Shelly doch nur nicht direkt an der Bucht wäre.” Sie sah Rory an. “Warum haben meine Schwestern ihr Leben vor mir geheim gehalten?”, fragte sie und hoffte, Rory würde das Zittern in ihrer Stimme nicht bemerken. “Ich dachte immer, ich würde die beiden in- und auswendig kennen. Ich dachte, sie würden mich lieben und mir vertrauen und wüssten, dass ich immer für sie da bin. Aber ich habe sie falsch eingeschätzt. Und jetzt fühle ich mich … verraten und verletzt, einfach nur verwirrt.”
    Rory legte den Arm auf die Rückenlehne des Sofas, und seine Fingerspitzen berührten ihre Schulter. “Na ja, Chloe hätte wohl kaum jemandem von sich und Sean Macy erzählen können”, meinte er. “Und Shelly …” Er blickte zur Decke, als fielen ihm die Worte schwer. “Ich erinnere mich noch daran, als du mir gesagt hast, du wärst froh, dass sie keine Beziehung hat. Und dass du einige ihrer früheren Freunde vertrieben hast. Es ist also irgendwie verständlich, dass sie dir diese Beziehung verschwiegen hat, oder?”
    Daria ließ den Kopf hängen. Sie war nicht sicher, wie sie zu einem anderen Zeitpunkt auf die Nachricht von Shellys und Andys Beziehung reagiert hätte. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass sie versucht hätte, sie auseinanderzubringen; doch sie hätte sich mit Sicherheit eingemischt, um sicherzugehen, dass Andy ihre Schwester auch gut behandelte. “Ich dachte, Shelly wäre mit ihrem Leben zufrieden”, meinte sie. “Ich dachte, es würde ihr reichen, lange Strandspaziergänge zu machen und Halsketten aus Muscheln zu basteln.” Wieso hatte sie ihrer Schwester keine tieferen Bedürfnisse zugetraut? “Ich dachte, ich würde ihr alles geben, was sie braucht. Ich wusste doch nicht, dass es nicht reicht. Wenn sie mir gesagt hat, sie hätte nur einen Spaziergang gemacht, hat sie sich bestimmt oft mit Andy getroffen.”
    “Aber nach dem zu urteilen, was ich heute Abend von ihnen mitbekommen habe, passt Andy gut auf sie auf.”
    Auf einmal erschienen vor ihrem geistigen Auge die Bilder von der Szene am Steg: der kleine Junge, der nach ihrer Hand greift, das Gesicht der Frau, als das Wasser sie zu ertränken droht. “Ich bin froh, dass du vorhin mitgekommen bist”, sagte sie. “Diese Frau und ihr Sohn hätten ohne deine Hilfe wohl kaum überlebt. Ich glaube, es war Bestimmung, dass wir nicht aufs Festland gefahren sind. Ansonsten wären die beiden jetzt tot.”
    “Wow.” Rory schauderte. “Daran habe ich noch gar nicht gedacht.” Wieder berührten seine Finger ihre Schulter und verweilten dort eine Zeit lang. Daria wäre gern näher gerückt, um mehr davon zu bekommen. “Du warst unglaublich”, sagte er. “Du hattest doch sicher Angst, weil dein letzter Einsatz schon so weit zurückliegt, oder? Aber du hast es dir nicht anmerken lassen. Wie du zu dem kleinen Jungen unter das Boot gekrochen bist – wirklich beeindruckend. Du hast nicht eine Sekunde an dich gedacht. Ich glaube, ich hatte mehr Angst um dich als du. Und als das Wasser über der Frau zusammengeschlagen ist …” Er schüttelte den Kopf. “Ich dachte,

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