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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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Frau robbte.
    “Es rutscht runter”, brüllte Andy. “Komm da raus, Daria. Schnell!”
    Daria krabbelte rasch wieder neben das Boot, das eine Sekunde später auf den Steg krachte. Es erwischte ihren rechten Zeigefinger, und sie stieß einen Schrei aus. Ihr Finger würde innerhalb weniger Minuten dick anschwellen, doch diese Verletzung war nichts verglichen mit dem, was der Junge und seine Mutter durchmachen mussten.
    Sie war hin und her gerissen. Sollte sie sich um den Jungen kümmern oder versuchen, seine Mutter zu befreien? Doch nach einem Blick in sein blasses Gesichtchen war ihr klar, wie dringend er sie jetzt brauchte. Der Druck des Bootes musste wie eine Abschnürbinde gewirkt haben, denn nun strömte das Blut ungehindert aus der Beinwunde.
    “Shelly!” Sie zog ihre Windjacke aus. “Komm her und press die hier auf sein Bein.”
    Shelly kniete sich neben den Jungen, ihre Hände lagen auf der Windjacke.
    “Drück sie ganz fest drauf”, wies Daria sie an. “So fest du kannst. Nur so können wir die Blutung stoppen.” Sie drehte sich wieder zum Boot und ging zum Heck.
    Rory packte sie an der Schulter. “Du kannst da nicht noch mal drunter. Das Boot ist zu schwer für uns. Du wurdest eben schon fast zerquetscht.”
    “Ihr müsst es halt länger hochhalten.” Als sie sich hinkniete, stellte sie fest, dass ihre Knie zentimetertief im Wasser versanken. Panik kroch in ihr hoch. Das Wasser stieg viel zu schnell.
    “Auf drei!”, rief Rory. “Eins … zwei … drei!” Daria sah, wie sich der Schiffsrumpf hob. Sie robbte unter das Boot, packte die Frau an der Kleidung und zog sie zu sich heran. Doch plötzlich schwappte das Wasser über das Gesicht der Frau. Sie saß in der Falle. Sie würde
ertrinken.
Unversehens befand sich Daria inmitten ihres Albtraums. Zwar konnte sie das Gesicht der Frau nicht klar erkennen – keine braunen Augen, keinen herzförmigen Haaransatz. Doch in ihrem Kopf lag die junge sterbende Pilotin vor ihr. Sie ruderte wild mit den Armen und bekam die Frau schließlich von Neuem zu fassen. Gerade als sie Luft holen wollte, schlug ihr eine Welle ins Gesicht, und sie verschluckte sich. Da spürte sie Hände an ihren Beinen, jemand wollte sie unter dem Boot hervorziehen. Als sie zu atmen versuchte, musste sie würgen. Im nächsten Moment krachte eine riesige Welle auf den Steg und schleuderte das Boot in die Luft. Geistesgegenwärtig packte Rory die bewusstlose Frau und zog sie zu sich heran, ehe das Meer sie verschlucken konnte.
    “Bringt sie vom Steg runter!”, schrie Andy, während Shelly den kleinen Jungen bereits durch das steigende Wasser vom Steg und fort von der Bucht zur Auffahrt trug. Daria konnte sich nur mit Andys Hilfe mühsam aufrichten. Sein Nachbar oder Rory – wer genau, das konnte sie nicht sehen – brachte auch die Frau zur Auffahrt. So schnell ihre wackligen Beine sie durch das Wasser trugen, rannte Daria ihnen nach. Sie kniete sich neben die Frau und fühlte wieder ihren Puls.
    “Hier ist überall Blut, Daria”, rief Shelly ihr zu, die neben dem Jungen saß. “Ich drücke, so fest ich kann, aber es hört nicht auf.”
    Die Frau hatte keinen Puls und atmete auch nicht mehr. “Ich weiß, wie Herz-Lungen-Wiederbelebung geht”, sagte Rory, der plötzlich auf der anderen Seite der Frau kniete. “Kümmere du dich um den Jungen.”
    Daria wandte sich an Andy. “Mach du die Herzmassage.” Er hatte zwar noch nie im Ernstfall handeln müssen, aber Daria wusste, dass er es schaffen würde. Sie hatte es ihm selbst beigebracht. “Rory übernimmt die Beatmung.”
    Dann lief sie zu dem Jungen, der zwar nicht bei Bewusstsein war, jedoch atmete. Shellys Hände waren blutverschmiert, und Daria schickte ein Stoßgebet zum Himmel, der Junge möge keine Krankheit haben, die durch Blut übertragen wurde. “Wir müssen ihn in die Notaufnahme bringen”, meinte sie. Gerade fragte sie sich, wie genau sie das bewerkstelligen sollten, als sie irgendwo zwischen den Windgeräuschen das süße Singen einer Sirene vernahm. “Gott sei Dank”, sagte sie laut.
    “Ich höre eine Sirene!”, rief Andys Nachbar, der benommen und hilflos neben seinem Sohn kauerte.
    Nach weniger als einer Minute fuhr der Rettungswagen in die Auffahrt. Er war nur mit zwei Rettungssanitätern besetzt: einem im Krankenraum – Mike – und einem hinter dem Steuer. Innerhalb weniger Minuten hatten sie die Frau intubiert, den Jungen verbunden und beide im Rettungswagen untergebracht.
    “Rory und ich fahren mit

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