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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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kam schnell zurück. Lodernde Flammen. Leckeres Essen. Das Rauschen des Ozeans. Willige Mädchen und der schützende Mantel der Dunkelheit. Er nickte.
    “Jill hat die Tradition aufrechterhalten”, erzählte Daria. “Jedes Jahr muss sie eine Sondergenehmigung einholen, weil offene Feuer am Strand nicht mehr erlaubt sind. Und sie muss das Feuer nah am Wasser machen. Aber sie ist wie vernagelt. Sie hat zwei Kinder, beide Teenager, und an den Wochenenden kommt ihr Mann hierher. Über ihren Bruder weiß ich gar nichts.” Daria sah zu Chloe, die die Achseln zuckte.
    “Hab ihn schon seit Jahren nicht mehr gesehen”, sagte Chloe.
    Rory freute sich, dass einige der früheren Anwohner noch immer da waren. Auch wenn er enttäuscht war, dass Cindy Trump nicht dazu gehörte. Er hatte immer geglaubt, sie verwahre den Schlüssel zum Geheimnis um das Findelkind.
    Er sah Shelly an. Was für eine faszinierende junge Frau. Wie sie so vor ihnen auf dem Boden saß, schien sie nur aus Armen, Beinen und seidigem Haar zu bestehen. Seit seiner Ankunft lag dasselbe unverdorbene Lächeln auf ihren Lippen, und sogleich war ihm ihre kindlich-naive Art zu sprechen aufgefallen. Er hatte genügend Zeit mit Polly verbracht, um so etwas zu bemerken, und fragte sich, ob sie durch ihren unsanften Lebensbeginn eine leichte Gehirnschädigung davongetragen hatte.
    “Was ist mit dir, Shelly?”, fragte er. “Was machst du?”
    “Ich arbeite als Haushälterin in der St.-Esther's-Kirche”, erzählte sie stolz. “Und ich entwerfe Muschelschmuck.”
    “Muschelschmuck?”, wiederholte er.
    “M-hm.” Sie erhob sich und verschwand für einen Moment auf der Veranda. Dann kam sie mit einem Kropfband in der Hand zurück: An der Vorderseite zierte ein kleiner vergoldeter Seestern inmitten eines Strangs winziger Muscheln den Stoff. Rory war beeindruckt. Er hatte etwas Kitschiges erwartet, aber das hier war alles andere als geschmacklos.
    Er sah zu ihr auf. “Das ist hübsch”, sagte er und fuhr mit dem Finger vorsichtig über das Schmuckstück. “Ist das ein echter Seestern?”
    “Ja”, antwortete Shelly. Sie nahm das Schmuckstück wieder an sich. “Ich sammle die Muscheln am Strand. Aber es ist schwer, einen Seestern in dieser Größe zu finden.”
    “Das ist wirklich wunderschön, Shelly”, sagte er. “Und was machst du mit dem fertigen Schmuck?”
    “Ich verkaufe ihn in einem Souvenirladen, auf …” Sie sah Daria fragend an.
    “Auf Kommission”, half Daria ihr.
    “Ziemlich cool, was?”, sagte Shelly und lächelte ihn an.
    “Ja, allerdings.” Auf Rorys Gesicht machte sich ein strahlendes Lächeln breit. Irgendetwas an Shelly berührte ihn. Erinnerungen an Polly vielleicht. Oder möglicherweise war es auch nur diese unschuldige Freude, die sie ausstrahlte.
    “Erzähl uns von deinem Sohn”, forderte Chloe ihn auf.
    “Oh.” Rory blickte zum Himmel, der immer dunkler wurde. Ob Zack am Strand schon Freunde gefunden hatte? “Er ist ein typisch kalifornisches Kind, das überhaupt keine Lust hat, hier zu sein. Aber …”, er streckte sich und seufzte, “ich hoffe, er wird sich noch daran gewöhnen. Er ist ein guter Junge. Nur ein bisschen verkorkst durch die Scheidung.” Rory fragte sich, was Chloe von Scheidungen hielt – oder von dem Ausdruck “verkorkst” in diesem Zusammenhang. Musste er in ihrer Gegenwart auf seine Wortwahl achten?
    Er lehnte sich abrupt vor. “Wie dem auch sei”, sagte er und kam zum offiziellen Teil seines Besuchs, “vor ein paar Monaten habe ich Shellys Brief erhalten. Und ich habe mich dazu entschlossen, ihrer Bitte nachzukommen, also herauszufinden, wer sie vor zweiundzwanzig Jahren am Strand ausgesetzt hat. Ich möchte gern eine Folge mit ihr bei 'True Life Stories' machen.”
    Totenstille herrschte im Raum. Chloe und Daria tauschten einen Blick, und Rory entging nicht die Missbilligung, die sich in ihren Gesichtern spiegelte. Shelly lächelte verlegen, und plötzlich begriff Rory, dass sie den Brief ohne das Wissen ihrer Schwestern geschrieben hatte.
    “Das ist ja so cool!”, sagte Shelly endlich. “Danke, Rory.”
    Daria sah ihre jüngere Schwester an. “Du hast Rory einen Brief geschrieben?”
    Shelly nickte.
    “Warum hast du mir davon denn nichts erzählt, Süße?” Darias Stimme klang streng, wenn auch nicht unfreundlich. Trotzdem hatte Rory augenblicklich Mitleid mit Shelly.
    “Der Brief war wirklich wunderbar”, sagte er schnell. “Eine wundervolle Idee. Und wenn ich die Antwort bei

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