Sommerkind
ist. Es ist einfach vom Himmel gefallen. Ich dachte …”
Daria wollte nicht mehr hören. Sie schloss zu Pete auf, der am Wasserrand stand und mit zusammengekniffenen Augen zum Flugzeug starrte.
“Die Seerettung müsste gleich da sein”, informierte sie ihn. Das Team der Seerettung käme mit einem Boot. Und ohne Boot konnten sie selbst nur wenig tun.
“Gleich reicht aber nicht”, entgegnete Pete und zog währenddessen sein Hemd aus. “Sieht so aus, als hätte einer der Schwimmer was abbekommen.”
Wieder schaute Daria aufs Meer, und diesmal sah sie, dass eine Seite der Maschine aus dem Wasser ragte. Irgendjemand – ob Mann oder Frau, wusste sie nicht – hämmerte verzweifelt gegen eines der Seitenfenster.
“Du kannst da nicht rausschwimmen”, warnte Daria, obwohl sie selbst kurz davor war. Das Flugzeug war nicht allzu weit draußen, und sie und Pete waren gute Schwimmer. “Was, wenn Treibstoff ausgelaufen ist?”
“Ich werde nicht hier stehen bleiben und zusehen …”
“He! Wir haben ein Boot!”
Daria wirbelte herum, und ihr Blick fiel auf zwei Jungen, die an einem Seil ein Boot quer über den Strand zogen. Es war kaum mehr als ein Schlauchboot, aber es musste reichen, bis ein robusteres ankäme.
“Super!”, sagte Pete. Er lief auf die beiden zu, griff nach dem Seil und zog das Boot zum Wasser. Seine tätowierten Muskeln schienen sich dazu kein bisschen anstrengen zu müssen.
Andy und Daria halfen ihm, das Boot ins Wasser zu ziehen, und Daria wollte gerade hineinklettern, als sie den sehnsüchtigen Ausdruck in Andys Augen wahrnahm. Er wollte helfen; er wollte Leben retten.
“Komm mit”, forderte sie ihn auf. “Wir können da draußen ein zusätzliches Paar Hände gut gebrauchen.”
Andy stieg ins Boot und schnappte sich die Ruder. “Ich rudere”, sagte er, und schon legte er los. Obwohl er schlank war, hatte er viel Kraft, und das Boot durchschnitt die Brecher mühelos.
Daria drehte sich um. War am Strand schon der erste Rettungswagen eingetroffen? Sie konnte nichts sehen, nur eine weiter wachsende Menschentraube – und Shelly. Die hochgewachsene Shelly hob sich durch ihr blondes Haar und die entschlossene Art, mit der sie sich durch die Menge zum Wasser kämpfte, deutlich von den anderen ab. Daria sah, wie sie ihren Wickelrock öffnete, in den Sand fallen ließ und ins Wasser lief. Sie wollte zu ihnen hinausschwimmen!
“Shelly!”, rief Daria. “Bleib da! Das Wasser ist zu kalt! Der Treibstoff könnte ausgelaufen sein!”
Natürlich wusste sie, dass Shelly sie nicht hören konnte. Das Tosen der Wellen verschluckte jedes Wort. Doch Pete hörte sie und drehte sich um, um den Grund für ihr Geschrei auszumachen.
“Shelly ist im Wasser”, sagte sie.
“Was hat sie denn vor?”, fragte Andy.
Noch einmal wandte sich Pete nach hinten und blickte auf das dunkler werdende Wasser, richtete seine Konzentration dann aber schnell wieder nach vorn – jedoch nicht, ohne dass Daria seinen angewiderten Gesichtsausdruck bemerkte. Sie konnte seine Gedanken lesen.
Im nächsten Moment bemerkte sie ein weiteres kleines Boot, das etwa zehn Meter neben ihnen im Wasser lag. Zwei Männer waren an Bord. Daria konnte in der Dämmerung keinen von ihnen erkennen, doch sie war froh, dass sie da waren. Beim Blick nach hinten erspähte sie Shelly, die jetzt nur noch wenige Meter von ihnen entfernt war und mit gleichmäßigen, eleganten Zügen durchs Wasser glitt. Ein Schauder der Bewunderung lief ihr über den Rücken, als sie die kraftvollen Bewegungen ihrer Schwester sah – auch wenn ihre Entscheidung, überhaupt ins Wasser zu kommen, sehr fragwürdig war. Wenn Treibstoff ausgetreten war, konnte er ihre Haut verätzen, oder – noch schlimmer – sich entzünden. War das Wasser aber sauber, könnten sie Shellys Hilfe vielleicht gut gebrauchen.
Während sie sich dem Flugzeug näherten, trafen die zwei Boote aufeinander.
“Die Seerettung hat noch in einer kleinen Bucht zu tun”, informierte sie einer der Männer aus dem anderen Boot. “Ein gekentertes Fischereifahrzeug. Keine Ahnung, wann sie kommen.”
Seite an Seite glitten die Boote an das Flugzeug heran, und augenblicklich wurde allen der Ernst der Lage klar. Auf dem Rücksitz saßen zwei Frauen. Eine war bewusstlos. Sie hatte eine Schnittverletzung an der Schläfe, und Blut lief über ihr Ohr. Die andere Frau schrie, hämmerte panisch gegen die Scheibe und flehte sie an, sie zu retten. Die Tür neben der Pilotin war durch die Wucht des
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