Sommerkind
dagesessen?
Als er und Zack später am Abend am Strand eine Partie Volleyball spielten, tauchte Kara auf. Sie trug ein grünes Neckholder-Top und Shorts, die so weit auf der Hüfte saßen, dass sie den Blick auf ihren goldenen Bauchnabelring freigaben. An einen der Metallpfosten gelehnt, zwischen denen sich das Netz spannte, sah sie den beiden zu, und Rory konnte das Knistern zwischen dem Mädchen und seinem Sohn förmlich spüren. Zweifellos wünschten sie sich, er würde verschwinden. Jetzt, wo Kara da war, war er überflüssig.
Zufällig sah er zum Sea Shanty hinüber und erspähte Daria, die oben auf dem Witwensteg stand und sie beobachtete.
“He, Daria!” Er winkte ihr zu. “Komm doch zu uns runter. Dann haben wir zwei Teams.”
Zu seiner Erleichterung stimmte sie zu und erschien nur einen Moment später am Strand. Sie trug noch immer die kakifarbenen Shorts, in denen er sie auf der Baustelle gesehen hatte. “Wie wollen wir uns aufteilen?”, fragte sie.
“Kara und ich gegen euch zwei”, sagte Zack schnell, und Kara lief auf seine Seite. “Das wird kinderleicht”, meinte Zack zu ihr. “Ich weiß zwar nicht, wie es mit Daria steht, aber mein Dad ist ein alter Typ mit einem kaputten Knie.”
Rory verdrehte die Augen in Darias Richtung. Sie lachte.
Dann begann das Spiel. Daria war eine gefährliche Volleyballspielerin. Sie konnte den Ball mit ungeheurer Geschwindigkeit über das Netz dreschen, und wenn sie hochsprang, war es, als hätte sie Federn unter den Füßen.
Rory fasste sie an, um sie auf dem Spielfeld zu positionieren. Auch wenn wenigstens die Hälfte seiner Berührungen unnötig war, wurde seine Hand magisch von ihr angezogen. Das war verrückt. Noch ein paar Stunden zuvor hatte er in ihr nichts als seine kleine Spielgefährtin gesehen – inzwischen zwar erwachsen, aber trotzdem immer noch das ungestüme geschlechtslose Kind. Und ein Blick zu ihr auf diesem Dach, und schon war der Körper unter seinen Händen der einer Frau.
Er und Daria gewannen das Spiel. Sie waren beide verschwitzt und aus der Puste, und sein Knie pochte, aber sie genossen den Sieg und feierten ihn mit einer Umarmung. Zack murmelte etwas von: Sie hätten die Alten gewinnen lassen, und weigerte sich, noch eine Partie zu spielen, worüber Rory im Stillen sehr froh war. Denn er bezweifelte, dass sein Knie eine weitere Runde überstehen würde.
Sie ließen sich nebeneinander in den Sand fallen und sahen Zack und Kara beim Einzel zu. Darias dichtes Haar fiel über ihre Schultern und wurde ihr von der Meeresbrise ins Gesicht geweht.
“Ich habe dich heute bei der Arbeit gesehen”, sagte Rory. “Du hast an einer Dachterrasse gearbeitet.”
“Ja, stimmt. Wo warst du? Bist du daran vorbeigefahren?”
“M-hm.” Noch immer hatte er ihren bezaubernden Anblick vor Augen. “Ich war gerade auf dem Rückweg von St. Esther's. Ich habe mich dort mit Pfarrer Macy getroffen.”
Sie veränderte ihre Sitzposition, um ihn besser ansehen zu können. “Ach ja?” Der missmutige Tonfall ihrer Stimme war nicht zu überhören.
“Er hat mich angerufen”, verteidigte Rory sich.
“Na dann … Und wie war es?”
Rory seufzte. “Der Mann mag mich nicht.”
“Woraus schließt du das?”
“Na ja, es wird mit Sicherheit kein Sterbenswörtchen zu Shellys Adoption über seine Lippen kommen.”
“Shelly liegt ihm eben sehr am Herzen”, sagte Daria und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. “Er will sie nur beschützen.”
“Ja, ja. Immer die gleiche Leier. Niemand will, dass ich der Sache nachgehe – außer Shelly selbst.”
“Und Shelly weiß nicht …”
“… weiß nicht, was gut für sie ist”, beendete Rory ihren Satz. “Ich kenne das Motto. Aber ich nehme es euch nicht ab. Ich habe mich heute zum ersten Mal gefragt, ob du mehr weißt, als du sagst? Ob du jemanden beschützen willst?”
“Ich will nur Shelly beschützen”, erwiderte Daria. “Sie ist die Einzige, um die es mir geht.” Dann schwieg sie.
Zack und Kara spielten den Ball in einem gleichmäßigen Rhythmus hin und her. Rory wurde die Stille zwischen ihm und Daria immer unbehaglicher, und endlich brach sie das Schweigen.
“Ich fahre morgen nach Rodanthe”, sagte sie plötzlich.
“Rodanthe?” Er dachte an Grace. “Warum das?”
“Weil dort die Pilotin gelebt hat. Ich habe Namen und Anschrift ihrer Eltern und werde sie besuchen.”
“Du machst Nägel mit Köpfen, das ist gut. Hast du schon mit ihnen gesprochen?”
“Nein. Ich
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