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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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sich, und Daria war erschüttert, als sie die Tränen in seinen Augen sah. “Also, ehrlich gesagt kommen wir überhaupt nicht zurecht. Die eigene Tochter zu beerdigen ist die Hölle.” Er blickte aus dem Fenster. “Und es ist umso schrecklicher, wenn man sich selbst die Schuld an ihrem Tod gibt.”
    “Aber wieso denn das?” Daria war überrascht. “Wie könnte es denn Ihre Schuld sein?”
    Er winkte ab. “Würden Sie mir davon erzählen?”, bat er sie stattdessen. “Von dem Unfall, meine ich. Man hat uns gesagt, dass sie fast sofort tot war. Sie hat doch nicht leiden müssen, oder?”
    Daria wählte ihre Worte sorgfältig. “Es ging alles sehr schnell. Vermutlich kennen Sie die Aussage der Passagiere. Dass Ihre Tochter vor dem Unfall das Bewusstsein verloren hat. Ich bin mir also ziemlich sicher, dass sie von dem, was um sie herum geschah, kaum etwas mitbekommen hat.” Die Lüge kam ihr nur schwer über die Lippen, doch als sie die Erleichterung in Eddie Fullers Gesicht sah, war sie froh darüber, nicht die Wahrheit gesagt zu haben.
    “Im Autopsiebericht steht, sie hatte einen epileptischen Anfall”, sagte Eddie. “Deshalb ist das Flugzeug abgestürzt. Ich bin so froh, dass den beiden Passagieren nichts passiert ist.”
    “Einen epileptischen Anfall?” Das hatte Daria nicht gewusst. “War das in der Vergangenheit häufiger vorgekommen?” Sie musste an Shelly denken. Shelly durfte noch nicht einmal Auto fahren, geschweige denn ein Flugzeug steuern.
    “Nein, soweit ich weiß, war es das erste Mal. Ich hätte ihr doch niemals erlaubt, den Flugschein zu machen, wenn ich von den Anfällen gewusst hätte. Bei ihr wurde das Marfan-Syndrom festgestellt, obwohl sie eigentlich nie irgendwelche Anzeichen dafür gezeigt hat. Aber offensichtlich gehören zu den Symptomen auch Krampfanfälle.” Er hielt kurz inne. Als er wieder zum Sprechen anhob, schien es ihn große Anstrengung zu kosten. “Ich wollte immer fliegen. Schon als Kind habe ich davon geträumt. Aber wegen meines hohen Blutdrucks durfte ich nicht. Also habe ich meine Tochter angetrieben, Pilotin zu werden. Als sie klein war, habe ich ihr Modellflugzeuge geschenkt. Ein Freund von mir besaß eine Cessna. Er hat uns manchmal mitgenommen und sie die Hebel und Schalter bedienen lassen.” Während er sprach, rieb Eddie unablässig den Zipfel seiner Schürze zwischen Daumen und Zeigefinger. “Dann hat es auch Pam gepackt. Ich habe ja auch schließlich alles dafür getan. An ihrem siebzehnten Geburtstag bekam sie die Fluglizenz. Sie liebte das Fliegen, und ich liebte es, dass sie es liebte.”
    “Geben Sie sich deshalb die Schuld?”, fragte Daria.
    Er nickte nahezu unmerklich.
    “Sie konnten doch nicht ahnen, was geschehen würde.” Der Schmerz des Mannes traf sie tief. “Für mich klingt es, als hätten Sie und Ihre Tochter eine ganz besondere Beziehung zueinander gehabt, weil sie die Liebe zum Fliegen teilten. Das ist doch wunderbar.”
    “Ich war egoistisch und habe meine Sehnsucht zu fliegen indirekt durch Pam gestillt. Meine Frau war immer gegen die Fliegerei. Sie hatte ständig Angst, es könnte etwas Furchtbares passieren. Und sie hat recht behalten. Sie hat mir noch immer nicht vergeben.” Er senkte den Blick auf die Schürze, die er auf seinem rechten Oberschenkel mit der Hand glatt strich. “Sie und ich … Wir kommen gerade nicht besonders gut miteinander klar.”
    “Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber ich habe den Eindruck, Sie und Ihre Frau haben Pamela sehr geliebt und bisher einfach noch keine Zeit gefunden, gemeinsam um sie zu trauern, weil … weil Ihre Frau all ihre Energie darauf verwendet, wütend auf Sie zu sein; und weil Sie all Ihre Energie darauf verwenden, auf sich selbst wütend zu sein. Und deshalb können die Wunden bei keinem von Ihnen beiden verheilen.”
    “Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen”, erwiderte er.
    “Haben Sie schon mal an Seelsorge gedacht? Vielleicht würde Ihnen das helfen.”
    “Wir waren ein Mal dort, aber dann musste meine Frau operiert werden und war …” Er verstummte und sah wieder aus dem Fenster. Er schüttelte den Kopf. “Sie hatte einfach zu sehr mit sich selbst zu kämpfen, also sind wir nicht wieder hingegangen. Und Grace würde ohnehin nicht wollen. Ihre Wut auf mich ist viel zu groß.”
    Daria stockte der Atem.
Grace?
Aus Rodanthe? Aber Rorys Grace hieß mit Nachnamen Martin, und Grace war auch kein so seltener Name. Außerdem lebte Rorys Grace getrennt von ihrem

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