Sommerküsse voller Sehnsucht
Sarah sah, dass er noch einen Braten im Ofen hatte. Selbst Mandy und Carrie aßen riesige Portionen. Hugo sorgte dafür, dass die Gläser ständig mit Wein und Wasser gefüllt waren, und so allmählich begannen alle, sich zu entspannen.
»Das Tolle an diesem Haus ist seine Geschichte«, begann Sarah, die sich bemüßigt fühlte, die Unterhaltung wieder in die richtige Richtung zu lenken. Währenddessen nahm Rupert einen Apfelkuchen aus dem Ofen.
»Einige der Zimmer sind ein wenig kahl«, meinte Mandy. »Carrie, das hast du gleich gesagt, als du sie gesehen hast, nicht wahr?«
»Oh, Rupert«, schaltete Hugo sich ein. »Hast du denn die Familienporträts noch nicht wieder aufgehängt? Sind sie immer noch beim Restaurator?«
Rupert zögerte ganz kurz, ehe er antwortete. »Ja, so ist es.«
»Rupert besitzt nämlich eine exzellente Sammlung. Die Gemälde reichen bis ins achtzehnte Jahrhundert zurück. Oder hast du inzwischen noch ältere ersteigern können?«, fuhr Hugo fort.
»Nein«, antwortete Fenella rasch. »Die hat sein Bruder alle bekommen.«
Hugo beugte sich zu Carrie und flüsterte: »Sein Bruder ist ein Herzog, musst du wissen.«
Sarah hörte, wie Carrie und Mandy tief einatmeten, und wünschte, Hugo hätte sich einen weniger noblen Titel für Ruperts Bruder ausgedacht. Es war leicht, das zu überprüfen, es gab nicht viele Herzöge. Aber spielte das wirklich eine Rolle, wenn es funktionierte?
»Leider ist das Familienvermögen in letzter Zeit stark geschrumpft«, erklärte Rupert. »Carrie, würden Sie mir freundlicherweise diesen Apfelkuchen abnehmen?«
»Man sollte doch meinen, der Bruder eines Herzogs hätte Personal«, murmelte einer der Anwälte.
»Heutzutage nicht mehr«, antwortete Sarah. »Das ist längst passé.«
Hoffentlich wusste er, was passé hieß. Lächelnd trank sie noch einen Schluck. Der Wein war sehr gut, sicher hatten Fenella und Rupert viel zu viel Geld in diese Mahlzeit investiert.
»Die Sahne stammt von einer Farm hier aus der Gegend.« Rupert stellte einen Krug auf den Tisch, der fast so groß war wie die Saucenkrüge vorhin. »Wir legen viel Wert darauf, dass unsere Nahrungsmittel von lokalen Erzeugern stammen und zur jeweiligen Jahreszeit passen.«
»Heißt das, dass sie keine Kalorien haben?«, fragte Carrie und kicherte.
»Auf jeden Fall nur gute«, versicherte Fenella. »Natürlich essen wir nicht immer so aufwändig, sonst wären wir alle dick und rund. Aber wenn wir ein traditionelles Roastbeef zubereiten, ist es wichtig zu wissen, wo es herstammt.«
»Dieser Apfelkuchen ist jedenfalls ganz fantastisch«, schwärmte Hugo. »Er zerfällt einem im Mund. Nimm noch ein Stück, Carrie! Rupert, du bist wirklich ein begnadeter Koch.«
Als sich niemand mehr rühren konnte, schlug Fenella vor: »Ich würde sagen, wir beginnen jetzt mit unserem Rundgang. Carrie und Mandy haben bisher nur den Speisesaal so richtig gesehen. Ich würde Ihnen gern noch den Salon und die Schlafzimmer zeigen, die bereits fertig sind. Bis zur Hochzeit werden natürlich alle Zimmer renoviert sein.«
Der Salon war eine Augenweide. Irgendjemand, vielleicht sogar Fenella oder Rupert selbst, hatte aus der Tapete ein illusionistisches Wandbild gezaubert. Die Säulen und die exotischen Vögel bildeten den Vordergrund für eine ägyptische Szene mit Pyramiden und Sanddünen. Eine perfekte Mischung aus einfacher Malerei und perspektivischem trompe-l’œil.
»Tradition und Exotik«, stellte Hugo fest. »Die Kombination gefällt mir. Man meint wirklich, die Aussicht wäre echt. Habt ihr diese Idee von Hazlehurst? Das ist der Familiensitz«, flüsterte er Mandy zu, die neben ihm stand.
»Gewissermaßen ja«, antwortete Rupert nach einem verzweifelten Blick in Richtung seiner Frau. »Natürlich mussten wir alles ein wenig verkleinern. Diese Räume mögen riesig erscheinen, dabei sind sie vergleichsweise klein.«
»Das ist eine Location, wie man sie nirgendwo anders finden kann«, lobte Hugo. »Dieser persönliche Touch. Ich meine, man könnte natürlich auch ein Schloss mit einem See und einem Pavillon mieten. Aber hier in Somerby bekommt man Abgeschiedenheit, Klasse, einen verschwiegenen Ort, den kein Tourist kennt. Ich finde, ein Wort fasst es perfekt zusammen: Stil.«
Sarah lächelte. So konnte nur Hugo formulieren. Ihr selbst ging diese Fähigkeit weitgehend ab. Und Rupert und Fenella waren viel zu bescheiden. Aber Hugo kannte keine falsche Zurückhaltung, wenn es um etwas ging – zum
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