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Sommerkuesse

Titel: Sommerkuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Ryan
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sich. »Vielen Dank euch beiden. Bens und Nicolas Ansichten illustrieren ziemlich gut die Bandbreite der Meinungen zu diesem Problem. Eine einfache Lösung gibt es nicht. Vielleicht wird Ben eines Tages eine Ausgrabung abblasen, weil ihn die Argumente der Ureinwohner überzeugen. Und Nicola wird womöglich irgendwann vor der Situation stehen, dass die Knochenfunde, an denen sie in einem Museum forscht, von den Nachfahren zurückgefordert werden, bevor sie ihre wichtige Arbeit beenden konnte.«
    Ich sehe zu Ben hinüber, der die Nase rümpft, als würde es im Zimmer stinken. Am liebsten würde ich ihm die Zunge rausstrecken, aber das wäre dann doch zu kindisch. Stattdessen rümpfe ich genau wie er die Nase, drehe mich nach vorne und versuche, mich wieder auf Ms Fraser zu konzentrieren.
     
    Die Kopfschmerzen sind nicht besser geworden. Sie sind zwar schon seit Jahren fester Bestandteil meines persönlichen monatlichen PMS-Leidenskatalogs, aber diesmal sind sie schlimmer als sonst. Ist wohl der Stress.
    Nach dem Unterricht hab ich versucht, etwas zu Mittag zu essen, aber beim Betreten der Mensa wurde mir schon vom Geruch ganz anders. Battle drängte mir einen Saft auf, damit ich wenigstens ein paar Vitamine zu mir nehme, aber das hat auch nichts geholfen. Ich habe mich in mein Zimmer geschleppt, alle Lampen ausgemacht und die Rollläden runtergelassen. Zwecklos.

    Ich durchwühle den Schuhkarton mit den CDs, die ich von zu Hause mitgebracht habe, und stoße dabei auf die »Carmina Burana«. Wahrscheinlich nicht gerade die beruhigendste Musik der Welt, aber dafür meine absolute Lieblings-CD, und vielleicht geht es mir ja besser, wenn ich ein bisschen reinhöre. Oder das Pulsieren in meinem Kopf passt sich wenigstens dem Takt an. Ich lege die Scheibe in meinen kleinen CD-Player und lasse mich wieder aufs Bett fallen.
    Beim Zuhören schaue ich mir wie immer das CD-Cover an – darauf ist ein mittelalterlicher Stich abgebildet, der ein Glücksrad zeigt. Das Konzept dieser Glücksräder fasziniert mich, seit mir mein Vater das erste Mal davon erzählt hat. Das Rad steht für das Auf und Ab des Schicksals – jeden Augenblick kann es sich drehen und aus einer Königin wird eine Bäuerin oder umgekehrt.
    Es klopft an der Tür. Sobald ich mich aufsetze, dreht sich in meinem Kopf alles. Ich wanke zur Tür, als wäre ich auf einem anderen Planeten, an dessen Schwerkraft ich nicht gewöhnt bin.
    »Äh, hi … ich wollte mal schauen, ob es dir immer noch so schlecht geht«, sagt Battle. »Ich hab dir Aspirin mitgebracht – und das hier …« Sie hält mir einen Waschlappen hin, der mit irgendetwas gefüllt und mit einem Gummiband zugebunden ist, damit wohl der Inhalt nicht rausläuft. »Zerstoßenes Eis. Den … kannst du dir ja auf die Stirn legen.«
    Ich presse ein »Danke« heraus und merke dabei, dass ich schleppender und leiser als sonst spreche. »Komm doch rein. Ich muss mich wieder hinlegen, aber du … also, du kannst ruhig bleiben.«
    Battle tritt ins Zimmer und schließt leise die Tür hinter
sich, während ich wieder aufs Bett falle. Zusätzlich zu den Kopfschmerzen überfällt mich jetzt kribbelndes Lampenfieber wie kurz vor einem Konzert oder einer Aufführung.
    Als plötzlich das nächste Stück einsetzt, zuckt Battle zusammen. »Was hörst du denn da?«
    Ich deute auf die Hülle, die praktischerweise noch auf dem Boden liegt. Battle hebt sie auf. »Ach – das kenne ich. Wir haben mal Teile daraus als Ballett getanzt. Äh … aber du hast doch Kopfschmerzen?«
    »Ja, ja, ich weiß«, sage ich etwas lauter als vorher, um den Chor zu übertönen, der aus den Boxen schallt. »Aber ich liebe diese CD. Ich dachte, sie würde mir vielleicht helfen.«
    Battle hält nach wie vor den Waschlappen mit dem Eis in der Hand. »Willst du ihn überhaupt? Du musst nicht …«
    »Doch, doch«, sage ich.
    Battle kommt zum Bett, beugt sich über mich und legt mir den Waschlappen behutsam auf die Stirn. Das grüne Trägershirt klebt an ihrem Körper, und ich sehe eine kleine Schweißperle, die an ihrem Hals hinabrinnt. Das Pochen wird stärker und diesmal ist es nicht mein Kopfweh, sondern mein Puls. Ich höre sie atmen … höre mich atmen … und auf einmal ist ihr Gesicht ganz nah und ich hebe den Kopf ein kleines Stück und unsere Lippen berühren sich.
    Ich schließe die Augen.
    Ich küsse sie und sie erwidert meinen Kuss.
    Das Hämmern in meinem Kopf ist noch da, aber der Schmerz ist ganz weit weg.
    Aus noch weiterer Ferne

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