Sommerkuesse
du das bitte noch mal so wiederholen, dass es auch Normalmenschen verstehen?«, bittet Katrina.
»Ich schlage den Ball übers Netz. Ihr schlagt ihn zurück. So geht das immer weiter, bis der Ball irgendwann auf einer Seite auf dem Boden aufschlägt. Das ist dann die Mannschaft, die den Aufschlag nicht bekommt.«
»Das finde ich aber ziemlich unfair, wenn der Ball doch auf ihrer Seite aufschlägt«, wende ich ein.
»Das soll er ja eben gerade nicht«, flüstert Battle mir extra laut zu.
»O!« Ich laufe rosa an. »Ich hatte keine Ahnung, dass das Ganze so kompliziert ist. Vielleicht sollte ich mir Notizen machen.«
»Guckt doch erst mal den anderen Mannschaften ein bisschen zu«, schlägt Kevin vor. »Dann lernt ihr die Regeln von selbst.«
Wir betätigen uns also eine Weile als Zuschauerinnen. Eine der Gruppen schafft es, das Spiel wie einen komplizierten Tanz aussehen zu lassen, bei dem der Ball in der Luft um die eigene Achse wirbelt, wenn die Spieler ihn einander zuwerfen. Aber die übrigen Mannschaften geben genauso ein lahmes Bild ab, wie wir es wahrscheinlich gleich abliefern werden.
Als es so weit ist, schlägt Kevin auf. Katrina donnert den Ball zurück und strahlt vor Überraschung und Begeisterung darüber, dass sie ihn tatsächlich erwischt hat. Isaac tänzelt zum Netz vor und schmettert den Ball wieder auf unsere Seite. Aber ich bin mit einem Satz unter ihm, schlage ihn in die Luft und Battle schleudert ihn mit einem Hieb auf die Gegenseite zurück. Kevin verfehlt ihn um Haaresbreite, bevor er auf dem Boden aufschlägt.
Zufällig kommt gerade einer der Tutoren vorbei, der als Spielleiter fungiert. »Nicht übel!«, lobt er mit breitem Zahnpastagrinsen.
O Gott. Was muss man für ein Mensch sein, um freiwillig diesen Job zu machen?
»Ihr seid dran!« Kevin wirft uns den Ball zu. Ich fange ihn und halte ihn den anderen hin.
»Bitte nicht ich – ich hab schon kein Gefühl mehr in den Fingerspitzen«, wehrt Katrina ab.
»Her damit«, ruft Battle. Als sie den Ball hat, schleudert sie ihn mit einem so gut gezielten Aufschlag übers Netz, dass weder Kevin noch Isaac ihn erwischen, er aber trotzdem noch innerhalb des Spielfelds zu Boden geht.
Mal davon abgesehen dass wir beide Mädchen sind, sieht Battle so toll aus und ist so anmutig und sportlich, dass ich sowieso nie eine Chance bei ihr hätte. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, mir einzureden, in Isaac verknallt zu sein. Wobei ich ihm dann natürlich erst mal ausreden müsste, in Katrina verknallt zu sein.
Ich stelle mir vor, ich würde als Anthropologin ein Ritual beobachten. »Der groß gewachsene Junge (Kevin) wirkt relativ geschickt«, notiere ich im Geiste. »Der andere mogelt sich eher durch und spielt den Clown.« Womit ich meine, dass Isaac komplett durchgeknallt ist. Er ist nicht besonders sportlich und versucht, sein mangelndes Talent dadurch wettzumachen, dass er jedes Mal eine Riesenshow abzieht, wenn ihm doch mal ein halbwegs annehmbarer Schlag gelingt.
»Was? Einen Werbevertrag mit Nike?«, brüllt er in ein unsichtbares Telefon. »Klar, ich unterschreibe sofort!«
Jedes Mal wenn er den Ball erwischt hat, führt er kleine
Freudentänze auf, bei denen er vor allem mit dem Hintern wackelt. Ein paarmal können wir sogar punkten, weil er immer noch mit seinem Tänzchen beschäftigt ist, wenn der Ball schon wieder neben ihm landet. Einmal lässt Battle ihn sogar von seinem Bürzel abprallen.
Katrinas Taktik besteht darin, möglichst viel in der Gegend auf und ab zu springen und sinnlose, nach Sportreporter klingende Kommentare zu brüllen.
»Doppelpass!«
»Abseits!«
»Boden!«
»Hoher Flugball – aufgepasst!«
Ballkontakt hat sie zwar eher selten, aber wenn sie das Ding mal erwischt, zielt sie gar nicht schlecht.
Battles Leistung ist schwankend. Für jeden wunderschön gelungenen Schlag schleudert sie den Ball das nächste Mal quer über den Platz in irgendein anderes Spielfeld, worauf wir ihn unter tausendfachen Entschuldigungen wieder holen müssen.
Wir sind schon eine ganze Weile dabei, als uns plötzlich auffällt, dass niemand auf den Spielstand geachtet hat.
»Kein Problem«, ruft Isaac. »Wir führen.«
»Vergiss es. Wir führen«, widerspricht Katrina.
»Wer den nächsten Punkt macht, hat gewonnen«, entscheidet Kevin milde.
Kurz darauf verfehlt Isaac einen von Katrina übers Netz gedroschenen Ball. Natürlich behauptet er, ihn mit Absicht nicht erwischt zu haben, um uns gewinnen zu lassen.
»Quatsch nicht
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