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Sommerkuesse

Titel: Sommerkuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Ryan
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Klimaanlage, und sofort stellen sich die Härchen auf meinen Armen auf. Ich frage den Studenten an der Information nach Ms Frasers Büro.
    »Die Treppe hoch und dann nach links. Die erste Zelle auf der rechten Seite.«
    Die Treppe war mir gar nicht aufgefallen. Aber als ich jetzt nach oben sehe, entdecke ich da oben eine richtige Galerie. Eigentlich ziemlich ideal für die Balkonszene aus Romeo und
Julia . Leider hab ich im Augenblick niemanden, mit dem ich sie spielen könnte.
    Ms Fraser sitzt in ihrem Schuhkartonbüro und liest Zeitung. Ich räuspere mich. »Hi.«
    »Nicola! Schön, dich zu sehen.«
    Schön? »Sie wollten mit mir reden«, sage ich und merke zu spät, wie ruppig sich das anhört.
    »Ja, stimmt. Ich hatte dich in mein geräumiges Büro gebeten.« Als sie die Arme ausbreitet, kann sie die beiden Seitenwände ihrer Bürozelle berühren. »Aber das heißt nicht, dass wir hier bleiben müssen. Ich dachte, wir könnten vielleicht einen kleinen Spaziergang machen.«
    Ich würde gern fragen, wieso, aber sie wird schon ihre Gründe haben. Vielleicht will sie mir ja irgendwas Wichtiges über die geologische Beschaffenheit des hiesigen Bodens beibringen. »Ja, gut.«
    Wir gehen die Treppe hinunter. Sie geht vor. Im Treppenhaus stehen Sprüche und Kritzeleien an den Wänden. Im Vorbeigehen lese ich ein paar davon.
    » Led Zeppelin Rules … hey, hier finden sich ja interessante Informationen für zukünftige Archäologen«, sage ich.
    Ms Fraser lacht. »Da hast du Recht. Und wenn ihre Musik die Jahrhunderte nicht überdauert, glauben die Leute später vielleicht mal, es hätte so eine Art Kult um untaugliche Flugobjekte gegeben.«
    Ich lächle, aber da sie vor mir hergeht, bemerkt sie es nicht.
    Am Fuß der Treppe bleibt Ms Fraser stehen und sieht zu mir hinauf. »Ich wollte mit dir sprechen, Nicola, weil ich mir ein bisschen Sorgen um dich mache«, sagt sie. »Du wirkst in der letzten Zeit so verändert.«

    Das trifft mich völlig unvorbereitet.
    Ich verschränke die Arme vor der Brust und zucke mit den Achseln.
    »Der Ferienkurs ist ziemlich stressig«, sage ich und spüre diesen Kloß im Magen, den ich immer bekomme, wenn ich weiß, dass ich gerade etwas Dummes gesagt habe.
    »Ja, das stimmt schon. Aber ich glaube nicht, dass es der Ferienkurs ist, der dich stresst«, sagt sie. »Komm, lass uns an die Sonne gehen.«
    Auf der alten Holztreppe hallen unsere Schritte extrem laut wider. Ein richtiges Echo. Klonk, klonk, klonk . Es ist düster im Treppenhaus. Im Erdgeschoss angekommen, sehe ich unter der massiven Eisentür, die nach draußen führt, einen schmalen Streifen Licht hindurchscheinen. Die Tür sieht aus, als würde eine Alarmanlage losbimmeln, sobald man sie öffnet. Ms Fraser drückt dagegen, aber bis auf ein leises Quietschen der Angeln schwingt die Tür nahezu geräuschlos auf. Sie führt nach draußen in den begrünten Innenhof.
    Den viel zu beliebten Hof. Erst gestern habe ich Battle und Kevin auf einer der Bänke sitzen sehen. Ich habe auf dem Absatz kehrtgemacht und bin davongerannt.
    »Hätten Sie Lust, zum Fluss zu gehen?«, frage ich.
    »Natürlich«, sagt Ms Fraser.
    Ich bin froh, dass sie mich nicht zum Reden zwingt. Ich weiß nicht, was ich sagen soll oder was sie hören will. Wenn ich ihr erzähle, was mich so stresst, bereut sie womöglich, mich überhaupt gefragt zu haben.
    Es ist drückend schwül. Einen Moment lang empfinde ich die Hitze nach der heruntergekühlten Luft der Bibliothek beinahe als angenehm. Als würde ich auftauen. Aber dann
spüre ich, wie mein Trägertop allmählich an meinem Körper klebt. Meine Jeans fühlen sich an, als wären sie festgeschweißt.
    »Halt mich bitte nicht für neugierig, Nicola. Und du musst mir auch nichts über dein Privatleben erzählen, bloß weil ich deine Lehrerin bin. Aber falls du mit jemandem sprechen möchtest, höre ich dir gerne zu.«
    Ich seufze. Und spüre, wie mir die Tränen kommen. Als wäre eine Art Druckventil in meinem Kopf, über das ich keine Kontrolle habe, und sobald sich zu viel Druck aufgestaut hat, schießen die Tränen einfach raus. Als wir durch das Gras auf den Fluss zugehen, sehe ich nicht auf den Boden und rutsche um ein Haar auf einem Klecks Gänsescheiße aus. Ich muss wie wild mit den Armen rudern, um nicht hinzufallen.
    »Die Geschichte haben Sie sicher schon tausendmal gehört«, bricht es aus mir hervor. Meine Stimme hört sich wütend und verbittert an. »Nur die Besetzung ist jedes Mal anders. Es geht um

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