Sommerkuesse
dir jemals passiert ist, dann hätte Battle es vielleicht länger mit dir ausgehalten.«
In meiner Kehle bildet sich ein Kloß und meine Augen brennen. Ich presse meine Fäuste dagegen, um die Tränen zurückzudrängen, aber es hilft nichts. »Das ist gemein.« Ich flüstere fast.
»Tut mir Leid. Entschuldige bitte«, murmelt Isaac. Er steht auf und nimmt mich schüchtern in den Arm.
Wir bleiben lange Zeit bewegungslos stehen.
31. Juli, 16:47 Uhr, bei mir im Zimmer
feldbeobachtungen:
du hast mir einmal gesagt, worte funktionieren nicht immer. dass du jetzt einen idiotenfreund hast, finde ich schlimmer.
zwecklos, schlechte reime helfen auch nicht. es ist offensichtlich, dass sie lieber mit kevin zusammen sein will als mit mir, und damit muss ich mich wohl abfinden. ich kann ja schlecht zu ihr sagen: »bitte komm doch zu mir zurück, weil ich einen viel größeren wortschatz hab als er und auch mehr humor.« vielleicht steht sie ja auf ihn, weil er muskulöse oberarme hat und gitarre spielen kann. und weil er nicht versucht, ihr ständig ihr eigenes leben zu erklären.
und weil er ein junge ist.
katrina sitzt nur noch am computer und mit isaac kann ich seit dem tag am fluss irgendwie nicht mehr reden.
mir ist das alles zu kompliziert. ich weiß nicht mal mehr, was ich fühle.
heißt das, ich kann meine gefühle doch nicht immer ganz genau analysieren? vielleicht lassen sich gefühle wirklich nicht mit ordentlichen weißen schildchen, auf denen die genaue bezeichnung steht, an die wand pinnen.
vielleicht muss ich aufhören, meine gefühle typologisch einordnen zu wollen.
1. August, 6:00 Uhr morgens, im Duschraum
Ich drehe erst das heiße und dann das kalte Wasser ab. Einen Moment lang bleibe ich tropfnass stehen. Als ich aus der Dusche steige und nach meinem Handtuch greife, stehe ich plötzlich vor Anne aus meinem Kurs, die gerade im Begriff ist, in die Nachbarkabine zu steigen.
»Hi!« Ich wickle hastig das Handtuch um mich.
Anne sieht erschrocken aus. »Oh, hi!«
Wir lächeln beide verlegen, und plötzlich fällt mir auf, dass Anne nicht bloß erschrocken aussieht. Ihre Augen sind gerötet, als hätte sie geweint.
»Hey, alles okay?«, frage ich. Ich komme mir zwar absolut bescheuert vor, mit nichts als einem Handtuch am Leib, einer anderen Halbnackten diese Frage zu stellen. Aber Anne war immer nett zu mir und ich möchte mich revanchieren.
»Ja, alles okay«, sagt sie, aber ich merke, dass sie lügt, weil ihre Stimme bei dem Wort »okay« leicht zittert.
»Wirklich? Du siehst nämlich irgendwie nicht so aus«, sage ich und würde ihr gern tröstend eine Hand auf die Schulter legen, aber dann würde mein Handtuch rutschen.
»Nein, wirklich, alles okay. Ich brauch bloß dringend eine kalte Dusche!«, wehrt sie ab.
»Okay … wir sehen uns ja nachher im Bus«, sage ich.
Heute findet die Besichtigung der Ausgrabungsstätte statt. Ich freue mich darauf – dort besteht wenigstens keine Gefahr, einem der anderen über den Weg zu laufen.
Beim Anziehen denke ich noch mal nach und bin mir sicher, dass Anne geheult hat. Ich fahre mir unsanft mit der Bürste durchs Haar und binde mir einen Pferdeschwanz. Vielleicht spreche ich sie unterwegs noch mal darauf an.
Ich hole mir einen Kaffee und einen Bagel und bin als eine der Ersten an der Stelle, wo der Bus halten soll. Blöderweise sind außer mir auch Ben und Alex schon da. Ich versuche, sie gar nicht zu beachten, und ärgere mich darüber, kein Buch mitgenommen zu haben.
»Och, ist die kleine Lesbe mit dem großen Liebeskummer heute ganz allein unterwegs?«, sagt Ben. »Hat unser China Girl dir etwa einen Korb gegeben?«
»Was redest du da für einen Blödsinn?«, frage ich.
Ben grinst. »Tu nicht so doof. Ich weiß doch, was läuft – ich hab dich mit der anderen gesehen, mit dieser Kahlköpfigen. Jetzt hat sie dir die Stornokarte gegeben und du hast Appetit auf Chinesisch bekommen.«
»Leckele Lesbenlolle in Sojasoße mit Leis, mhmm«, mischt sich Alex ein.
Grundschule. Ich fühle mich in die Grundschule zurückversetzt. Ich habe mich nie gewehrt. Ich habe sie einfach reden lassen, bis es ihnen zu langweilig wurde und sie weggegangen sind. Aber die beiden werden nicht weggehen. Sie warten auf denselben Bus wie ich. Und mein Gesicht hat sich natürlich schon wieder in eine überreife Tomate verwandelt.
Verdammt . Ich muss irgendwas antworten.
»So wie ihr drauf seid, werdet ihr später sicher mal super
Archäologen und
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