Sommerkuesse
Wenn es eine Voodoo-Puppe wäre, würde ich sie dir ja nicht schenken. Die würde ich dazu benutzen, dich dazu zu bringen, mir jeden Wunsch zu erfüllen! Aber dazu kann ich dich ja meistens auch so bringen …«
»Ha!« Battle zieht mich an den Haaren. Wir küssen uns.
Nach einer Weile mache ich mich von ihr los. »Lenk mich nicht ab, wenn ich versuche, dir dein Geschenk zu geben.«
»O, bitte vielmals um Verzeihung.« Battle steht auf, geht quer durchs Zimmer und setzt sich an die gegenüberliegende Wand.
Ich hole tief Luft. »Also. Seit du mir die Puppe von Nick-mit-K gezeigt hast, musste ich die ganze Zeit daran denken, was du erzählt hast, wie ihr euch zusammen Stücke ausgedacht habt und so. Und ich hab mich gefragt, wieso es eigentlich keine Puppe von dir gibt? Ich meine, die Puppe, die du mir gezeigt hast, sollte ja wohl Nick sein. Aber wo ist dann die von dir?«
Battle runzelt die Stirn, was aber in der Regel bloß bedeutet, dass sie aufmerksam zuhört.
»Und dann ist es mir plötzlich eingefallen. Klar, du kannst die Puppe ja gar nicht haben, weil Nick sie bestimmt mitgenommen hat, als er damals weggegangen ist. Zur Erinnerung
an dich. So konnte er dich immer bei sich haben, obwohl er dich zu Hause zurückgelassen hat. Und als mir das einfiel, kam mir die Idee, dir eine neue Puppe zu machen. Ich weiß, ich kann dir Nick-mit-K nicht wiedergeben. Aber ich wollte dir gern etwas schenken … bloß so … und, na ja, hier ist sie. Sie heißt … also, ich nenne sie ›die Kaiserin‹. Die Kaiserin der Welt.«
Ich stehe auf, gehe zu Battle und lege ihr die Kaiserin in die Hände. Sie ist sehr schön geworden, finde ich. Aus den grünen Leggings habe ich ihr ein prächtiges Samtkleid genäht, der Kopf und die Hände sind mir besser gelungen als befürchtet, und Battles echtes Haar ist so schön, dass es die Puppe noch toller macht. Natürlich habe ich ihr keine Zöpfe geflochten.
Battle dreht und wendet die Kaiserin in den Händen, die ein klein wenig zittern, wie mir auffällt. Wow – ich hätte nicht gedacht, dass sie sich so sehr freuen würde. Ich spüre, wie mich eine warme Welle von Glück und Stolz erfüllt.
Dann erst sehe ich, dass auch ihre Schultern zittern.
»Hör … hör endlich auf, ständig zu versuchen, mich erklären zu wollen ! Ich halte das nicht mehr aus«, schluchzt Battle mit tränenerstickter Stimme.
Sie hält mir die Kaiserin hin. »Bitte geh jetzt«, sagt sie.
»Entschuldige, Battle. Ich wollte dich nicht traurig machen. Ich verst …«
» Bitte .«
Ich gehe.
Zweiter Teil
feldbeobachtungen:
dinge, die ich vergessen muss:
ALLES
23. Juli, 12:30 Uhr, bei Katrina
»Erklär mir das noch mal. Wieso redet ihr nicht mehr miteinander?«
»Ich hab ihr was geschenkt, das ihr nicht gefallen hat«, sage ich hilflos.
»Das Geschenk, für das du meine Leggings gebraucht hast? Von dem du mir aus unerfindlichen Gründen nicht sagen wolltest, was es ist? Dann war es also doch irgendein komisches Sexspielzeug? Und sie stand da nicht drauf und ist sauer geworden?«
Ich schüttele den Kopf. Plötzlich wird mir bewusst, dass Katrina, wenn sie nicht weiß, was los ist, immer eine Geschichte erfindet, damit alles, was sie nicht versteht, doch einen Sinn ergibt.
Und dass ich dasselbe mache.
Und Battle nicht. Nie.
feldbeobachtungen:
wenn man lange bratsche spielt, kriegt man so einen roten fleck am hals, der ein bisschen aussieht wie ein knutschfleck. das führt dazu, dass leute wie isaac anzügliche bemerkungen machen, bis es ihnen wieder einfällt. dann kommen sie sich
blöd vor, und man muss ihnen sagen, dass alles okay ist, auch wenn gar nichts okay ist.
25. Juli, 16:42 Uhr, unter dem großen Baum im Hof
»Das ist echt die widerlichste Hausaufgabe, die ich je im Leben machen musste«, stöhne ich. Ich trage Latexhandschuhe. Ms Fraser hat sie vor ein paar Tagen im Seminar verteilt. »Ich weiß nicht, warum«, hat sie lachend gesagt. »Aber die meisten Eltern reagieren leicht beunruhigt, wenn ich ihnen sage, dass ihre Sprösslinge für bestimmte Aufgaben Latexhandschuhe benötigen.«
Ich bin damit beschäftigt, den Inhalt eines mittelgroßen Plastikbeutels zu durchforsten. Insgesamt liegen zehn solcher Beutel vor mir. In ihnen befinden sich (von mir persönlich) handverlesene Proben, die ich einzelnen Mülleimern in verschiedenen Gebäuden auf dem Campus entnommen habe. Einige davon stammen aus diesen großen Standaschenbechern, deshalb bestehen sie hauptsächlich aus
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