Sommerkussverkauf
zusammen. »Was macht der Hund hier?«
»Er gehört Barbara«, erklärte Estelle stolz. »Sie hat mich gestern angerufen, in einem furchtbaren Zustand. Sie fahren in ein paar Tagen nach Australien und sie hatten eigentlich vereinbart, dass sich eine Nachbarin um Norris kümmert, aber die Nachbarin hat sich die Hüfte gebrochen und die Hundepensionen sind alle voll. Also habe ich gesagt, warum kommt er nicht einfach zu uns?«
Kate fielen jede Menge Gründe dagegen ein, nicht zuletzt, dass Norris auf diabolische Weise hässlich war, fett wie ein Schwein und, dem Augenschein nach zu urteilen, ein Meister im Sabbern.
»Es ist nur für sechs Wochen«, plauderte Estelle weiter. »Und er ist so ein Süßer, er hat ein ganz liebenswertes Naturell. Du kannst lange Spaziergänge mit ihm unternehmen, Schatz … das wird euch beiden gut tun. Ich dachte, wir könnten ihn auf Diät setzen, solange er bei uns ist, ein Trainingsprogramm erstellen …«
»Ich muss nicht abnehmen.« Kate war verletzt, dass ihre Mutter meinte, es würde ihr gut tun.
»Schatz, das weiß ich. Aber du kannst nicht die ganze Zeit im Bett verbringen. Du solltest hinaus an die frische Luft, und wenn du mit Norris Gassi gehst, lernst du auch neue Leute kennen.«
»Ich will keine neuen Leute kennenlernen.«
»Das musst du aber! Süße, du bist sechsundzwanzig«, flehte Estelle. »Du kannst dich nicht wie ein Einsiedler vergraben. Außerdem war es Marcellas Idee, und ich finde, sie hat absolut recht. Seit sie Bean haben, können sie sich ein Leben ohne Hund gar nicht mehr vorstellen. Und Norris ist jetzt da, wir können ihn ja nicht einfach auf die Straße setzen.« Sie beugte sich vor, nahm das kummervolle Gesicht von Norris in ihre Hände und gurrte: »Nicht wahr? Das würden wir doch nie tun. Du bist ja so ein feiner Hund!«
Die Welt war durchgeknallt. Ihre Mutter hatte nie zuvor auch nur das leiseste Interesse an Hunden gezeigt und jetzt krabbelte sie über den Fußboden und machte Dutzi-dutzi-Geräusche wie eine frischgebackene Mutter, die in ihr Baby vernarrt war.
Passierte das mit einem, wenn man in die Wechseljahre kam?
»Tja, ich fange jetzt mal besser mit den Fenstern an«, sagte Marcella.
Das wird auch höchste Zeit, dachte Kate. Allerdings beobachtete sie Marcella verstohlen, als diese zum Besenschrank ging und einen gelben Eimer unter der Spüle hervorzog. Sie trug eine limonengrüne Caprihose aus Baumwolle, eine himbeerrote Bluse, die in der Taille geknotet war, und orangefarbene Flip-flops. Ihre Haut hatte die Farbe von Malteser-Schokobonbons, ihre schwarzen Haare waren mit einem glitzernden rosa Haarband zurückgebunden. Marcella musste Anfang vierzig sein, aber sie besaß eine beneidenswerte Figur. Als sie das Putzmittel kräftig im Wasser verrührte, wackelte ihr knackiger Hintern wie der einer Fünfundzwanzigjährigen. Und ihre Taille war schmal, fiel Kate auf. Anders als bei Estelle, die sich in letzter Zeit hatte gehen lassen und ruhig ein paar Kilo abnehmen
könnte.
»Nicht trinken, du dummes Tier«, schalt Marcella nachsichtig, als Norris den Inhalt des Eimers mit schnüffelndem Interesse inspizierte. Das war noch so etwas an Marcella: sie hatte eine betörende Stimme, warm und rauchig, mit einem Hauch Newcastle-Dialekt, der ihre Kindheit am Tyneside verriet.
»Er hat Durst. Ich hole ihm eine Schale mit Wasser«, sagte Estelle. »Und wir brauchen ein paar Dosen Hundefutter. Süße, warum duschst du nicht und ziehst dich an, dann könntest du in den Laden gehen und ein paar Dosen besorgen.«
Kate seufzte. Diese ganze Charade war nichts anderes als eine Verschwörung, um sie aus dem Haus zu kriegen.
»Ach, könntest du mir einen Gefallen tun?«, rief Marcella. »Wenn du Jake siehst, bitte ihn, die Lammkoteletts aus dem Tiefkühlfach zu holen. Wenn er sie auf einen Teller legt, sind sie in zwei Stunden aufgetaut. Und erinnere ihn daran, dass Sophie um fünf Uhr in der Gemeindehalle sein muss, zu Charlottes Geburtstagsparty.«
Konnte dieser Tag noch schlimmer werden? Kate biss die Zähne zusammen; das Letzte, was sie jetzt brauchte, war, gezwungen zu werden, mit Maddy Harveys Bruder zu reden. Mit kaum verhüllter Verärgerung erwiderte sie: »Warum rufen Sie ihn nicht einfach an?«
»Weil du auf dem Weg zum Laden an Jakes Werkstatt vorbeikommst. Es ist sonnig, also wird er draußen sitzen.« Marcella lächelte strahlend. »Und warum sollte ich die Telefonrechnung deiner Eltern in die Höhe treiben, wenn es gar nicht nötig
Weitere Kostenlose Bücher