Sommerkussverkauf
voller Stolz. »Ich war Tänzerin im Moulin Rouge. Als dieses Foto gemacht wurde, war ich neunzehn. Dort habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Eine wunderbare Zeit.«
Fasziniert besah sich Kate den Deckel des Sarges genauer. Sie fragte sich, wie diese Wirkung erzielt worden war.
»Man vergrößert eine Farbkopie des Originalfotos.« Jake las ihre Gedanken. »Dann schneidet man die Figur heraus, die man verwenden will. Anschließend taucht man sie in eine Bildtransferflüssigkeit, legt die Kopie mit der Vorderseite nach unten auf den Deckel und fährt mit einem Tuch darüber. Wenn man das Papier abzieht, ist das Foto auf dem Deckel angebracht. Ein paar Schichten Lack darauf und schon ist man fertig.«
»Es ist wunderschön«, sagte Kate zu der Frau, sorgsam darauf bedacht, die linke Seite ihres Gesichts abzuwenden.
»Ich weiß. Ich kann es kaum erwarten, hineinzukommen!« Die Augen der Frau funkelten vor Lachen. »Und es wird meine Kinder wahnsinnig machen.«
»Warum das?«
»Ha! Wenn Sie sie kennen würden, würden Sie das nicht fragen. Ich habe drei Kinder.« Die Frau zählte sie an Fingern voller funkelnder Ringe ab. »Einen Bankmanager, einen konservativen Parlamentsabgeordneten und eine hyperperfekte Mutter-und-Hausfrau, die in Surrey wohnt. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Sie schämen sich meiner ganz schrecklich. Ich bin der Fluch ihres Lebens, die armen Kleinen. Na ja, man kann es nicht jedem recht machen. Jake, seien Sie ein Engel und schieben Sie den Sarg in meinen Kofferraum. Ich will ihn meinen Freunden zeigen.«
Jake hievte den Sarg mühelos in den Kofferraum des schlammverkrusteten Land Rovers der Frau. Sie küsste ihn auf beide Wangen, hinterließ dabei scharlachrote Lippenstiftspuren, sprang auf den Fahrersitz und fuhr mit einem Winken davon.
Mittlerweile lag Norris flach auf dem Bauch im Staub und schnarchte friedlich in der Sonne wie ein Betrunkener.
»Geschäftlich oder zum Vergnügen?«, erkundigte sich Jake.
»Wie bitte?«
»Bist du hier, um einen Sarg zu kaufen?«
Kate unterdrückte ein Schaudern. »Nein.«
Er lächelte kurz. »Dann also zum Vergnügen.«
Wohl kaum. »Das auch wieder nicht. Deine Mutter hat mich gebeten, dir auszurichten, dass du die Lammkoteletts aus dem Tiefkühlfach nehmen sollst.«
Jake lachte. »Das klingt nach einer dieser kodierten Botschaften. Du sagst ›nimm die Lammkoteletts aus dem Tiefkühlfach‹, daraufhin nicke ich und antworte ›Lammkoteletts schmecken hervorragend zu Pfefferminzsoße‹. Bist du sicher, dass du keine Geheimagentin bist?«
Sie hatte nicht erwartet, dass er so normal, ja freundlich sein würde. Etwas steif erwiderte Kate: »Sie sagte auch, du sollst Sophies Party nicht vergessen.«
»Ach ja, die Party.« Jake nickte immer noch wie ein Spion und flüsterte mit russischem Akzent: »ßiebzähn Uhr, in Gemaindehall, dorrt isst Paarrrty. Ich habe alles unterr Kontrrolle – ach scheiße, das habe ich nicht.« Er sah Kate, dann Norris neugierig an. »Wo kommt denn der Hund her?«
»Er gehört einer Freundin meiner Mutter. Wir kümmern uns vorübergehend um ihn. Nur ein paar Wochen. Eigentlich war das die Idee
deiner
Mutter.«
»Sag mir nichts.« Jakes gelbgrüne Augen wurden zu amüsierten schmalen Schlitzen. »Ideen sind die Spezialität meiner Mutter.«
»Sie fand, ein Hund würde mich aus dem Haus locken.«
»Und hier bist du nun, also hatte sie recht. Bist du zufällig auf dem Weg zum Laden?«
»Ja.« Kate sah ihn misstrauisch an. »Warum?«
»Ist sich Paarrrty um ßiebzähn Uhr. Ich haben Geschänk, aberr nicht Papierr, um Geschänk zu verrpacken.«
»Also schön.« Kate seufzte. Sah so ihre Zukunft aus? Als eine Art subalterner Laufbursche? Sie zog an der Leine von Norris, und er öffnete vorwurfsvoll ein Auge. »Norris, los geht’s, steh
auf
.«
»Lass ihn ruhig bei mir«, schlug Jake vor. »Du müsstest ihn ja ohnehin vor dem Laden anbinden.« Er nahm die Leine und legte sie um einen Zaunpfosten, dann zog er eine Pfund-Münze aus seiner Jeanstasche. »Hier bitte. Ich behalte ihn als Geisel, damit du nicht mit meinem Geld durchbrennst. Wenn du mir das Geschenkpapier bringst, händige ich dir den Hund wieder aus.«
»Du nimmst offenbar an, dass ich den Hund wiederhaben will«, sagte Kate.
»Aberr, noch eine Sache«, rief Jake ihr nach, als sie auf die Main Street trat.
Sie drehte sich um. »Was?«
»Wegen Geschänkpapierr. Keine Barrbies. Kein Rrrosa.«
Der Tante-Emma-Laden, eine Art
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