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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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klar: Er selbst mochte bei Lord Emsworth niedrig im Kurs stehen, aber dieser Baxter stand völlig im Keller. Trotzdem war der Bursche hier und schaute aus seinem Wohnwagen, als sei nichts gewesen.
    »Ach, Fish!«
    Rupert Baxter kam das Treppchen herunter, ein dunkelhaariger junger Mann mit einem hochmütigen Gesichtsausdruck, den Ronnie noch nie gemocht hatte.
    »Was machen Sie denn hier?« fragte Ronnie.
    »Ich mache in dieser Gegend Urlaub mit dem Wohnwagen. Und da ich gestern abend nach Market Blandings kam, entschloß ich mich, dem Ort einen Besuch abzustatten, an dem ich eine so glückliche Zeit verlebt habe.«
    »Ich verstehe.«
    »Vielleicht können Sie mir sagen, wo ich Lady Constance finde?«
    »Ich habe sie seit dem Frühstück nicht gesehen. Wahrscheinlich ist sie hier irgendwo unterwegs.«
    »Ich werde mich erkundigen. Falls Sie ihr begegnen, sagen Sie ihr doch freundlicherweise, daß ich hier bin.«
    Baxter der Tüchtige schritt von dannen, zielstrebig wie immer, und nachdem Ronnie sich für einen Augenblick ausgemalt hatte, wie sein Onkel wohl reagieren würde, wenn er sich plötzlich diesem Relikt aus einer totgeglaubten Vergangenheit gegenüber sähe – etwas, das er gerne im Bild festhalten würde –, steckte er sich eine neue Zigarette an und ging seiner Wege.
2
    Fünf Minuten später erlitt Lord Emsworth, der sich gerade versonnen aus dem Bibliotheksfenster lehnte und die frische Morgenluft inhalierte, einen unangenehmen Schock. Er hätte schwören können, daß er sah, wie sein früherer Sekretär Rupert Baxter die Auffahrt überquerte und durch die Vordertür ging.
    »Der Himmel steh mir bei!« murmelte Lord Emsworth.
    Er konnte sich das Phänomen nur damit erklären, daß Baxter bei einem Unfall ums Leben gekommen war und jetzt hier als Geist herumspukte. Anzunehmen, daß der Kerl leibhaftig anwesend war, schien ihm absurd. Wenn ein Sekretär hochkant hinausgeschmissen worden ist, weil er in den frühen Morgenstunden mit Blumentöpfen wirft, dann kommt er nicht wieder, um Höflichkeitsbesuche zu machen. Sorgenfalten standen auf der Stirn seiner Lordschaft. Mit dem Geist eines Ahnen hätte er sich ja noch abgefunden, aber der Gedanke, daß Baxter auf Blandings spukte, gefiel ihm gar nicht. Er beschloß, seine Schwester in ihrem Boudoir aufzusuchen und zu hören, was sie von der Sache hielt.
    »Constance, meine Liebe.«
    Lady Constance blickte von dem Brief auf, den sie gerade schrieb. Ein unwilliges Schnalzen ihrer Zunge verriet, daß sie sich beim Briefeschreiben nicht gerne unterbrechen ließ.
    »Was gibt es, Clarence?«
    »Constance, ich habe gerade etwas sehr Sonderbares erlebt. Ich sah aus dem Bibliotheksfenster, und da … erinnerst du dich an Baxter?«
    »Selbstverständlich.«
    »Also … sein Geist ging gerade über die Auffahrt.«
    »Wovon redest du eigentlich, Clarence?«
    »Ich sage es dir doch. Ich sah aus dem Bibliotheksfenster, und plötzlich war da …«
    »Mr. Baxter«, verkündete Beach von der Tür her.
    »Mr. Baxter!«
    »Guten Morgen, Lady Constance.«
    Rupert Baxter kam herein, und seine Brillengläser blitzten freudig und verschwörerisch. Dann gewahrte er seinen früheren Arbeitgeber, und seine Freude ließ etwas nach. »Ahem … guten Morgen, Lord Emsworth«, sagte er und funkelte ihn streng an.
    Es entstand eine Pause. Lord Emsworth rückte seinen Kneifer zurecht und starrte sprachlos auf den Besucher. Sofern er Erleichterung darüber empfand, Rupert Baxter noch diesseits des Grabes zu wissen, ließ er sich das jedenfalls nicht anmerken.
    Baxter brach als erster das peinliche Schweigen.
    »Ich machte zufällig in dieser Gegend Urlaub mit dem Wohnwagen, Lady Constance, und da ich gestern abend nicht weit von Market Blandings war, dachte ich …«
    »Aber natürlich! Wir wären Ihnen wirklich böse gewesen, wenn Sie uns nicht besucht hätten. Nicht wahr, Clarence?«
    »Was?«
    »Ich sagte ›Nicht wahr?‹«
    »Was ist nicht wahr?« fragte Lord Emsworth, der noch immer versuchte, seine Gedanken zu entwirren.
    Lady Constances Lippen wurden schmal, und einen Augenblick lang standen die Chancen fünfzig-fünfzig, daß ein hübscher silberner Briefbeschwerer Kurs auf den Kopf ihres Bruders nehmen würde. Aber sie war eine willensstarke Frau und unterdrückte diesen Impuls.
    »Sie reisen mit einem Wohnwagen, Mr. Baxter?«
    »Ja, mit einem Wohnwagen. Ich habe ihn im Park stehen.«
    »Natürlich müssen Sie unbedingt bei uns bleiben. Das Schloß«, fuhr sie mit leicht

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