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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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war, »hast du eine Ahnung, wo wir eigentlich sind?«
    »Im siebten Himmel.«
    »Ich meine geographisch.«
    »Ich dachte, du wolltest mit mir Tee trinken fahren.«
    »Aber wo? Hier gibt es weit und breit keinen Tee. Irgendwie bin ich einfach drauflos gefahren, und jetzt scheinen wir schon bei Swiss Cottage zu sein. Am besten machen wir kehrt mit Kurs auf das Carlton oder so. Wie wär’s mit dem Carlton?«
    »Schön.«
    »Oder dem Ritz?«
    »Wie du willst.«
    »Oder … na klar!«
    »Was ist?«
    »Sue! Ich habe eine Idee!«
    »Anfängerglück.«
    »Warum fahren wir nicht in die Norfolk Street?«
    »In eure Wohnung?«
    »Ja. Es ist niemand da. Und unser alter Butler ist eine gute Seele. Er wird uns Tee machen und niemandem etwas verraten.«
    »Die gute Butlerseele würde ich gerne kennenlernen.«
    »Also fahren wir?«
    »Gerne! Du kannst mir dann alle deine Schätze zeigen und die Fotos aus deiner Kindheit.«
    Ronnie schüttelte den Kopf. Er dämpfte ihre Begeisterung nur ungern, aber gewisse Dinge sollte ein Mann nicht riskieren.
    »Die nicht. Meinen Anblick als Zehnjähriger im Matrosenanzug könnte auch die glühendste Liebe nicht überstehen. Von mir aus«, setzte er konzessionsbereit hinzu, »kannst du die von Hugo und mir sehen, als wir im letzten Schuljahr in der Tennismeisterschaft der Public Schools spielten. Wir waren das Eton-Doppel.«
    »Habt ihr gewonnen?«
    »Nein. Im Halbfinale hat Hugo, dieses Karnickel, im entscheidenden Augenblick einen Ball verpfuscht, den ein Einarmiger mit verbundenen Augen bekommen hätte. Damit waren wir draußen.«
    »Sowas Dummes!« rief Sue. »Also, das hätte mich jetzt endgültig von dem Gedanken kuriert, Hugo zu heiraten.« Sie sah sich um. »Diese noble Gegend kenne ich überhaupt nicht. Wie weit ist es noch zur Norfolk Street?«
    »Die nächste Ecke.«
    »Und du bist sicher, daß niemand im Hause ist von der lieben Verwandtschaft?«
    »Keine Menschenseele.«
    Das stimmte. Lady Constance Keeble war nicht direkt im Haus. Während Ronnie noch sprach, hatte sie die Haustüre hinter sich geschlossen. Sie hatte eine halbe Stunde auf die Rückkehr ihres Neffen gewartet und ihm dann eine Notiz hinterlassen, daß sie im Claridge eine Tasse Tee trinken werde.
    Erst als er genau vor das Haus gefahren war, bemerkte Ronnie, wer da auf der Treppe stand. Er wurde merklich blasser.
    »Ach du große Tante!« sagte er.
    Die Redensart hätte nicht treffender gewählt sein können.
    Die große Tante inspizierte den Zweisitzer samt Inhalt mit scharfen Blicken. Ihre Augenbrauen waren zwei Fragezeichen. Wie sie schon zu Millicent bemerkte, war sie altmodisch, und immer wenn sie ihr eigen Fleisch und Blut in Zweisitzern entdeckte, den Arm um attraktive Mädchen geschlungen, dann vermutete sie das Schlimmste.
    »Guten Tag, Ronald.«
    »Äh … hallo, Tante Constance.«
    »Willst du mich nicht bekannt machen?«
    Zweifellos wird bei Gefahr das Denken beschleunigt. Seine Lehrer in Schule und Universität hatten mit Ronald Overbury Fish stets nur in Zeiten der Ruhe und Entspannung zu tun gehabt und ihn deshalb unter die weniger scharfsinnigen ihrer Schützlinge eingestuft. Hätten sie ihn jetzt in dieser Krisensituation gesehen, sie wären stolz auf ihn gewesen. Und als faire Gentlemen, die sie waren, hätten sie sich beeilt einzugestehen, daß sie seine Einfallskraft und Initiative völlig unterschätzt hatten.
    Denn nachdem sein Gesicht ein hübsches Geranienrot angenommen und er sich an den Hemdkragen gefaßt hatte, so als ob dieser ihn beenge, sprach Ronnie Fish die beiden einzigen Worte aus, mit denen eine Katastrophe abgewendet werden konnte.
    »Miss Schoonmaker«, sagte er heiser.
    Sue stockte für einen Augenblick der Atem. Die Mitteilung traf sie unvorbereitet.
    »Miss Schoonmaker!«
    Lady Constances Ähnlichkeit mit einem wegelagernden Racheengel schwand sogleich. Sie empfand sogar Reue ob des unbegründeten Verdachts, den sie gegen dieses Muster eines Neffen gehegt hatte.
    »Miss Schoonmaker- meine Tante, Lady Constance Keeble«, sagte Ronnie, der inzwischen seine Fassung wiedergefunden hatte und jetzt mühelos und klar artikuliert sprach.
    Sue war kein Mädchen, das stumm dasitzt und einen Partner in der Stunde der Not im Stich läßt. Sie lächelte gewinnend.
    »Guten Tag, Lady Constance«, sagte sie. Und wieder lächelte sie, womöglich noch gewinnender als zuvor. »Mir ist, als würde ich Sie schon lange kennen. Ronnie hat mir in Biarritz so viel von Ihnen erzählt.«
    Ein momentaner

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