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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Jagdhütte im Wald zu verstecken, und wenn Onkel Clarence dann SOS sendet und große Belohnungen aussetzt, werde ich sie per Zufall dort finden und zurückbringen, womit ich mich seiner unendlichen Dankbarkeit versichere und ihn in die richtige Stimmung versetze, um etwas von meinem Geld aus ihm herauszuholen. Alles klar?«
    Der Butler blinzelte. Er versuchte offensichtlich, den Verdacht loszuwerden, sein Verstand könnte ausgesetzt haben. Ronnie nickte ihm aufmunternd zu, während er nach Worten rang.
    »Sie meinen, daß das ein einmaliger Plan ist? Da haben Sie völlig recht. Aber es ist ein Plan, bei dem ein passender Mitarbeiter benötigt wird. Wissen Sie, Beach, Schweine wie die Kaiserin vertilgen in kurzen Abständen große Mengen Futter. Ich kann unmöglich die gesamte Fourage alleine besorgen. Und als der treue Freund, der Sie stets waren und sind, werden Sie mir dabei helfen.«
    Der Butler gab jetzt gurgelnde Geräusche von sich. Er warf dem Kanari einen gequälten, hilfesuchenden Blick zu, aber der Vogel konnte ihm keinen Trost spenden. Er zwitscherte nur nachdenklich vor sich hin wie ein Mann, der in der Badewanne versucht, sich an eine Melodie zu erinnern.
    »Sie brauchen enorme Mengen Futter«, fuhr Ronnie fort. »Sie werden’s kaum glauben. Steht alles in diesem Buch, das ich aus dem Regal meines Onkels habe. Mindestens sechs Pfund Buchweizen, von Molke und Buttermilch und Rapskuchen und Tapiokamehl ganz zu schweigen.«
    Endlich fand der Butler seine Sprache wieder, zuerst in der Form eines schwachen Tons wie das Wimmern eines verängstigten Kindes, dann kamen auch Worte.
    »Aber Mr. Ronald …!«
    Ronnie starrte ihn fassungslos an. Er schien mit einem unglaublichen Verdacht zu kämpfen.
    »Sagen Sie nur nicht, Sie wollen mich im Stich lassen, Beach? Sie – mein Freund, seit ich so groß war!« Er lachte. Er erkannte jetzt die Unsinnigkeit dieses Gedankens. »Natürlich nicht. Sie könnten das gar nicht. Schließlich wollen Sie mir ja nicht nur einen Gefallen tun, sondern Ihr scharfer Verstand hat Ihnen inzwischen auch gesagt, daß es dabei etwas zu holen gibt. Zehn Pfund in bar, Beach, sobald Sie mit dem Kopf nicken. Und niemand weiß besser als Sie, daß der Einsatz von zehn Pfund auf Baby Bones im Medbury Pokalrennen bei den derzeitigen Chancen mehr als hundert Pfund für den Sparstrumpf bedeuten.«
    »Aber Sir … Es ist unmöglich … Ich könnte nie … Wenn das herauskäme … Wirklich, Sie sollten mich nicht um so etwas bitten, Mr. Ronald …«
    »Beach!«
    »Ja, aber … wirklich, Sir …«
    Ronnie blickte ihm fest ins Auge.
    »Denken Sie nach, Beach. Wer hat Sie beim Grand National auf Creole Queen gebracht?«
    »Aber Mr. Ronald …«
    »Und wer hat Sie beim Jubiläumspreis auf Mazzawattee gebracht, Beach, auf dieses Prachtstier?«
    Bedeutungsschweres Schweigen erfüllte das Anrichtezimmer. Selbst der Kanarienvogel verstummte.
    »Und vielleicht interessiert es Sie«, sagte Ronnie, »daß ich kurz vor meiner Abfahrt in London einen ganz heißen Tip für den Goodwood Cup bekommen habe.«
    Beach schnappte nach Luft. Alle Butler sind passionierte Sportsmänner, und Beach war seit achtzehn Jahren Butler. Bloße Dankbarkeit für früher erwiesene Gefälligkeiten hätte allein vielleicht nicht ausgereicht, ihn umzustimmen, aber das war etwas anderes. Über die Aussichten im Goodwood-Rennen hatte er sich bisher keine abschließende Meinung zu bilden vermocht. Er stand da vor einem Problem. Seit Tagen tappte er schon völlig im dunkeln.
    »Fortuna, Sir?« flüsterte er.
    »Nein, Fortuna nicht.«
    »Sturmwind?«
    »Auch nicht Sturmwind. Es hat gar keinen Zweck zu raten, denn Sie kommen doch nie drauf. Den hier kennen nur zwei Wettprofis und der Stalljunge. Aber Sie sollen den Namen erfahren, Beach, sobald ich das Schwein zurückbringe und meine Belohnung einstreiche. Und dieses Schwein muß ernährt werden. Also Beach, wie ist es?«
    Eine schicksalsschwere Minute lang starrte der Butler vor sich hin. Dann ging er – so als gebiete dieser Augenblick einen schlichten symbolischen Akt dieser Art – zum Käfig des Kanarienvogels und breitete ein grünes Filztuch darüber.
    »Sagen Sie mir, was ich zu tun habe, Mr. Ronald«, sagte er.
6
    Die Dämmerung eines neuen Tages zog über Blandings Castle herauf. Mit jeder Stunde nahm die Helligkeit zu, bis sie schließlich auch durch die Vorhänge von Ronnies Schlafzimmer drang und ihn aus einem unruhigen Schlummer weckte. Verschlafen drehte er sich in den

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