Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
Lordschaft.
    »Keks«, erklärte der Ehrenwerte Galahad kurz, »eine Art Gebäck.« Dann wandte er sich wieder an den Angeklagten. »Schmähreden nützen dir gar nichts, Parsloe. Wir wissen genau, daß du das Schwein entführt hast.«
    »Verdammt nochmal, ich habe kein Schwein entführt! Warum sollte ich wohl ein Schwein entführen?«
    Der ehrenwerte Galahad schnaubte zornig.
    »Warum hast du denn damals meinen Hund Towser mit Steaks vollgestopft – im Frühjahr ’97 im Hinterzimmer dieser Kneipe in der Gossiter Street?« fragte er. »Um den Favoriten auszuschalten, darum. Und das willst du jetzt auch: den Favoriten ausschalten. Wir haben dich durchschaut, Parsloe. Uns kannst du nichts vormachen.«
    Jetzt ließ Sir Gregory seinen Blutdruck Blutdruck sein und versuchte gar nicht erst, an etwas Beruhigendes, Entspannendes zu denken.
    »Ihr seid ja verrückt! Alle beide! Total plemplem!«
    »Parsloe! Wirst du jetzt dieses Schwein ausspucken – ja oder nein?«
    »Ich habe euer Schwein nicht.«
    »Das ist also dein letztes Wort?«
    »Ich habe das Vieh nicht mal gesehen.«
    »Wieso ›Keks‹?« fragte Lord Emsworth, der die ganze Zeit still gegrübelt hatte.
    »Na schön«, sagte der Ehrenwerte Galahad. »Wenn du uns so kommst, dann muß ich jetzt andere Saiten aufziehen. Und ich will dir auch sagen, was für Saiten, Parsloe. Es war dumm von mir, so rücksichtsvoll zu sein. Ich hätte nicht auf mein gutes Herz hören sollen. Wie oft ist mir am Schreibtisch eine prima Geschichte eingefallen, die geradezu danach verlangte, in meine Memoiren aufgenommen zu werden, aber jedesmal habe ich mir gesagt: ›Nein‹, habe ich gesagt, ›das würde dem guten Parsloe weh tun. So schön sie ist, ich kann sie nicht verwenden. Ich muß auf Parsloes Gefühle Rücksicht nehmen.‹ Na, ab sofort ist Schluß mit solchen falschen Rücksichten. Wenn du das Schwein nicht herausgibst, kommt jede verdammte Geschichte über dich in das Buch, an die ich mich erinnere. Angefangen mit unserer ersten Begegnung, als ich bei Romano hereinkam und dir vorgestellt wurde, während du mit einer Suppenterrine auf dem Kopf und einem Rhabarberstengel in der Hand um den Tisch gestampft bist und behauptet hast, du wärst der Wachposten am Buckingham-Palast. Die Welt soll erfahren, wer du wirklich bist: der erste Mensch, der je aus dem Café de l’Europe hinausgeflogen ist, weil er das Geld für eine Flasche Schampus dadurch auftreiben wollte, daß er seine Hosen an der Bar versteigerte. Und vor allen Dingen werde ich von A bis Z die Sache mit den Krabben erzählen!«
    Sir Gregory entfuhr ein Aufschrei des Entsetzens. Sein Gesicht war karmesinrot angelaufen. Er sah aus, als hätte ihn eine Hornisse ins Bein gestochen.
    »Jawohl!« wiederholte der Ehrenwerte Galahad mit Nachdruck. »Die volle und ungeschminkte Wahrheit über die Sache mit den Krabben.«
    »Was war denn mit den Krabben?« fragte Lord Emsworth neugierig.
    »Ein andermal. Hauptsache, ich weiß es und Parsloe weiß es auch. Und wenn die Kaiserin von Blandings nicht heute nachmittag wieder in ihrem Stall ist, kannst du es in meinem Buch nachlesen.«
    »Aber ich sage dir doch«, rief der unglückliche Baronet, »daß ich überhaupt nichts von euerm Schwein weiß.«
    »Ha!«
    »Ich habe es seit der letzten Landwirtschaftsausstellung nicht mehr gesehen.«
    »Ho!«
    »Bis eben wußte ich gar nichts von seinem Verschwinden.«
    Der Ehrenwerte Galahad fixierte ihn durch sein schwarzgerändertes Monokel. Dann wandte er sich mit einer wegwerfenden Handbewegung zur Tür.
    »Komm, Clarence«, sagte er.
    »Gehen wir jetzt?«
    »Ja«, sagte der Ehrenwerte Galahad mit stiller Würde. »Hier haben wir nichts mehr verloren. Laß uns gehen, bevor der Blitz auf dieses Haus niederfährt.«
3
    Der weltmännische Bürogehilfe, der im Vorzimmer der Detektei Argus saß, studierte die Visitenkarte, die ihm der korpulente Besucher gereicht hatte, und starrte dann voller Ehrfurcht und Bewunderung auf den korpulenten Besucher selbst. Als junger Mann mit einem Hang zum Höheren verehrte er die Aristokratie. Er klopfte an die Tür zum Privatbüro.
    »Ein Klient?« fragte Percy Pilbeam.
    »Ein Baronet, Sir«, korrigierte ihn der Bürogehilfe. »Sir Gregory Parsloe-Parsloe, Matchingham Hall, Shropshire.«
    »Führe ihn sofort herein«, befahl Pilbeam entzückt.
    Er stand auf und rückte seine Krawatte zurecht. Das Geschäft schien sich zu beleben. Er erinnerte sich an Sir Gregory Parsloe. War einer seiner ersten Fälle gewesen.

Weitere Kostenlose Bücher