Sommerliches Schloßgewitter
das?«
»Du sparst dir damit unnötige Ausgaben. Brauchst dein Geld gar nicht an Detektive zu verplempern.«
»Ich dachte nur, daß vielleicht geschulte Kräfte …«
»Ich kann dir sagen, wer die Kaiserin hat. Ich hab’s die ganze Zeit gewußt.«
»Was!«
»Tatsache.«
»Galahad!«
»Ist doch sonnenklar.«
Lord Emsworth sah zum Fenster hinaus.
»Wirklich?« fragte er zweifelnd.
»Ich habe eben mit Constance gesprochen …«
»Constance?« Lord Emsworths Unterkiefer fiel herab. »Hat sie etwa das Schwein?«
»Ich habe eben mit Constance gesprochen«, wiederholte der Ehrenwerte Galahad, »und sie hat sehr unschöne Dinge zu mir gesagt.«
»Das tut sie manchmal. Schon als Kind …«
»Sehr unschön. Einen senilen Unruhestifter hat sie mich genannt und einen bösartigen alten Marabu. Und alles nur, weil ich ihr sagte, daß der Mann, der hinter der Entführung der Kaiserin steckt, der gute Gregory Parsloe ist.«
»Parsloe?«
»Parsloe. Liegt doch auf der Hand. Selbst dem schwächsten Verstand müßte das einleuchten.«
Seit seiner Kindheit hatte Lord Emsworth einen Verstand besessen, der so schwach war, wie er gerade noch sein durfte, ohne daß er unter Kuratel gestellt wurde. Dennoch hielt er die Theorie seines Bruders für unglaubwürdig.
»Parsloe?«
»Hör auf, dauernd ›Parsloe‹ zu sagen.«
»Aber mein lieber Galahad …«
»Der Fall ist doch klar.«
»Meinst du wirklich?«
»Natürlich meine ich das. Hast du denn vergessen, was ich dir kürzlich erzählt habe?«
»Ja«, sagte Lord Emsworth. Er vergaß immer, was man ihm kürzlich erzählt hatte.
»Über den jungen Parsloe«, sagte Galahad ungeduldig. »Wie er meinen Hund Towser gedopt hat.«
Mit einem Schlag fiel es Lord Emsworth wieder ein. Ein finsterer Blick kam in seine Augen, und seine Gemütsbewegung brachte den Kneifer erneut in Schräglage.
»Natürlich. Towser. Dein Hund. Jetzt weiß ich.«
»Er steckte hinter der Sache mit Towser, und er steckt auch hinter der Sache mit der Kaiserin. Mein Gott, Clarence, denk doch mal nach. Wer außer Parsloe hat denn ein Interesse daran, die Kaiserin aus dem Weg zu schaffen? Und wenn dieser Schweinehirt, dieser Brotherhood oder wie er heißt, nicht genau gewußt hätte, was gespielt wird, dann hätte er doch nicht an allen Ecken Wetten auf Rosa von Matchingham angeboten, oder? Ich hab doch gleich gesagt, daß da was faul ist.«
Die Beweisführung war bestechend, und doch kamen Lord Emsworth erneut Zweifel. Gewiß, über Sir Gregory Parsloe-Parsloes Seelenschwärze war er sich schon lange im klaren. Aber war dieser Mann wirklich zum größten Verbrechen des Jahrhunderts imstande? Ein Grundbesitzer wie er selbst? Ein Friedensrichter? Ein Kürbiszüchter? Ein Landadliger?
»Aber Galahad … Ein Mann in Parsloes Position …«
»Was heißt ›ein Mann in seiner Position‹? Glaubst du etwa, daß so einer seinen Charakter ändert, nur weil sein Vetter stirbt und ihm den Titel hinterläßt? Hab ich dir nicht schon ein dutzendmal gesagt, daß ich Parsloe sein Leben lang gekannt habe? Und zwar bestens. Er war schon immer ein ausgekochter Knochen und ein Schlitzohr. Frag mal einen aus der alten Clique, wie das früher war. Da haben robuste Männer einen Satz gemacht und ihre Wertsachen versteckt, sobald sie den jungen Parsloe von weitem sahen. Außer dem bißchen, was er sich so zusammenschnorrte, besaß er keinen Penny, und trotzdem hat er stets gelebt wie ein Fürst. Als ich ihn kennenlernte, wohnte er unten an der Themse in Shepperton. Sein alter Vater, der Dechant, hatte dort mit dem Besitzer des Pub vereinbart, daß er ihm Bett und Frühstück geben sollte und sonst nichts. ›Wenn er ein Mittagessen will‹, hatte der alte Herr gesagt, ›dann soll er sich’s verdienen.‹ Und weißt du, wie er es sich verdient hat? Er richtete seinen Köter, diesen Banjo, darauf ab, hinzulaufen und Kunststückchen vorzuführen, wenn Ausflugsgesellschaften mit dem Dampfer ankamen. Dann gesellte er sich wie zufällig dazu und fragte, ob der Hund nicht etwa störe und redete dann weiter, bis sie alle zum Essen reingingen, und er ging dann mit und griff sich die Weinkarte, und ehe sie sich’s versahen, verpraßte er ihren Champagner und die Zigarren. So einer war der junge Parsloe.«
»Aber trotzdem …«
»Ich weiß noch, wie er mal vor diesem Pub … ›Zum fröhlichen Müller‹ hieß er … wie er da mal auf mich zugerannt kam, ganz außer sich vor Aufregung. ›Komm schnell rein!‹ rief er. ›Da
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