Sommerliches Schloßgewitter
er festhalten.
»Um die Hindernisse auf Ihrem Weg zu beseitigen, Miss.«
»Hindernisse?«
»Da Sie und Mr. Carmody mich des öfteren mit der Besorgung Ihrer – wenn ich das einmal so nennen darf – heimlichen Korrespondenz betraut haben, sind mir Ihre Gefühle füreinander nicht verborgen geblieben, Miss. Ich bin mir bewußt, daß es Ihr Bestreben ist, mit Mr. Carmody den Bund fürs Leben zu schließen, aber es war mir auch von Anbeginn klar, daß gewisse Familienmitglieder hiergegen Einwände erheben würden.«
»Bis jetzt«, wandte Hugo kritisch ein, »haben Sie nichts als Makulatur geredet. Aber fahren Sie fort.«
»Danke, Sir. Mir kam alsbald der Gedanke, daß im Falle des Verschwindens von seiner Lordschaft Schwein seine Lordschaft sich gegen jeden, der ihm dieses Tier wiederbeschaffte, höchst erkenntlich zeigen würde. Es war meine Absicht, Sie vom Verbleib des Tieres in Kenntnis zu setzen und vorzuschlagen, daß Sie seiner Lordschaft mitteilen, Sie hätten es entdeckt. Daraufhin, so meinte ich, würde seine Lordschaft aus Dankbarkeit der Verbindung seine Zustimmung nicht versagen.«
Vollkommene Stille konnte nirgends herrschen, wo die Kaiserin von Blandings eine Mahlzeit zu sich nahm, aber etwas, das vollkommener Stille recht nahe kam, kehrte nach diesen Worten ein. Im Schein der Laterne begegneten sich Hugos und Millicents Blicke; in seinem Blick lag ebenso wie in ihrem grenzenlose Bewunderung. Sie hatten ja schon von treuen alten Dienern gehört. Sie hatten auch schon von treuen alten Dienern gelesen. Sie hatten sogar schon treue alte Diener auf der Bühne gesehen. Aber sie hätten es doch nie im Leben für möglich gehalten, daß treue alte Diener dermaßen treu sein könnten.
»Oh, Beach!« rief Millicent.
Diese Worte hatte sie zwar schon einmal gesprochen. Aber wie verschieden war dieses »Oh, Beach!« von jenem früheren »Oh, Beach!« Damals schwang in diesem Ausruf etwas Vorwurfsvolles, Schmerzliches, Enttäuschtes. Jetzt lag darin Dankbarkeit, Bewunderung, eine Zuneigung, für die ihr die Worte fehlten.
Und dasselbe gilt für Hugos »Mann!«
»Beach«, rief Millicent, »Sie sind ein Engel!«
»Danke, Miss.«
»Ein Prachtkerl!« pflichtete Hugo ihr bei.
»Danke, Sir.«
»Wie sind Sie bloß auf diese Bombenidee gekommen?«
»Es war eine Eingebung, Miss.«
»Wissen Sie was, Beach«, sagte Hugo ernst. »Wenn für Sie mal der letzte Feierabend kommt – und mögen Ihnen zuvor noch viele Jahre beschieden sein! –, dann müssen Sie Ihr Gehirn der Nation vermachen. Unbedingt! Lassen Sie’s konservieren und im British Museum ausstellen, denn es ist das Jahrhundert-Gehirn. Sowas Brillantes habe ich im ganzen Leben noch nicht gehört. Klar – der alte Knabe wird zu Tränen gerührt sein.«
»Er wird alles für uns tun«, sagte Millicent.
»Das ist nicht einfach ein genialer Plan. Es ist mehr. Es ist eine Wolke. Bitte Ruhe im Saal, ich muß nachdenken.«
Draußen hatte sich das Unwetter gelegt. Die Vögel zwitscherten wieder. Nur in der Ferne grollte noch der Donner. Fast hätte es das Geräusch von Hugos Gedanken sein können, wie sie gegeneinander polterten.
»Jetzt weiß ich, wie wir’s machen«, sagte Hugo schließlich. »Manch einer würde vielleicht sagen ›Lauft zu dem alten Knaben und sagt ihm, wir hätten sein Schwein gefunden‹. Aber ich sage, nein. Wir sollten dieses Schwein zurückhalten, bis sein Kurs noch weiter gestiegen ist. Je länger wir warten, desto dankbarer wird er sein. Ich schlage vor, daß wir ihn noch achtundvierzig Stunden hinhalten. Bis dahin wird er an dem Punkt angelangt sein, wo er uns gar nichts mehr abschlagen kann.«
»Aber …«
»Nein! Wir dürfen nichts überstürzen. Vergiß nicht, daß es um mehr geht als die Zustimmung deines Onkels zu unserer Heirat. Wir müssen ihm auch beibringen, daß du nicht Ronnie heiraten wirst. Und deine Familie war immer sehr darauf erpicht, daß du Ronnie heiratest. Achtundvierzig Stunden sind meines Erachtens das Mindeste.«
»Vielleicht hast du recht.«
»Ich bin sicher, daß ich recht habe.«
»Dann lassen wir die Kaiserin einfach hier?«
»Nein«, sagte Hugo mit Nachdruck. »Das ist mir hier viel zu unsicher. Wenn wir sie finden konnten, dann kann das auch ein anderer. Wir brauchen ein neues Versteck, und ich weiß auch schon eins. Es ist …«
Beach schreckte aus seiner stummen Haltung auf. Er schien erregt.
»Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, würde ich das lieber nicht hören.«
»Wie bitte?«
»Es wäre
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