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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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kurzem noch gewünscht habe, mich würde ein Blitz mittschiffs treffen!« sagte er.
    Das Maus-und-Moder-Aroma hatte sich verflüchtigt. Veilchen schienen ihren Duft in der Hütte zu verströmen. Veilchen und Rosen. Die verfressene Ratte hatte sich in ein Orchester von Harfen, Lauten und Schalmeien verwandelt, das sanfte Weisen spielte.
    Und plötzlich mischte sich in diese süßen Klänge das Quietschen der Hüttentür. Gleich darauf fiel Licht durch die Ritzen im Boden.
    Millicent kniff Hugo warnend in den Arm. Sie spähten hinunter. Unter ihnen auf dem Boden stand eine Laterne und daneben ein Mann von massiver Statur, der, nach den schmatzenden Geräuschen zu urteilen, die nach oben drangen, der Kaiserin gerade jene Kalorien und Proteine zuführte, die ein Schwein ihrer Dimensionen so oft und in so großen Mengen benötigt.
    Dieser gute Samariter hatte sich gebückt. Jetzt richtete er sich auf und sah sich mißtrauisch um. Er hob die Laterne, und ihr Licht fiel auf sein Gesicht.
    Als sie das Gesicht erkannte, vergaß Millicent alle Vorsicht und stieß mit heller, erschrockener Stimme ein einziges Wort aus.
    »Beach!« rief Millicent.
    Der Butler unter ihr erstarrte zur Salzsäule. Ihm war, als habe die Stimme seines Gewissens zu ihm gesprochen.
4
    Außer einer melodiösen Stimme schien sein Gewissen auch zwei Füße zu besitzen. Beach hörte, wie sie die Treppe hinunter polterten und dabei so viel Lärm verursachten, als wäre das Gewissen ein Tausendfüßler. Aber er muckste sich nicht. Es hätte in diesem Augenblick eines Flaschenzugs bedurft, um ihn von der Stelle zu bewegen, und in der Jagdhütte im westlichen Wald gab es keine Flaschenzüge. Er stand noch immer da wie ein Denkmal, als Hugo und Millicent eintrafen. Erst als seine betäubten Sinne schließlich die Ankömmlinge identifiziert hatten, begannen seine Gliedmaßen zu zucken und eine gewisse Erleichterung zu signalisieren. Denn Beach betrachtete Hugo als Freund. Hugo war für ihn einer der wenigen Menschen auf dieser Welt, von denen er erwarten konnte, daß sie ihm bei einer Begegnung unter so zweifelhaften Umständen weitherzige Verständnisbereitschaft entgegenbringen würden.
    Er erkühnte sich, das Wort zu ergreifen.
    »Guten Abend, Sir. Guten Abend, Miss.«
    »Was hat das denn zu bedeuten?« fragte Hugo.
    Vor vielen Jahren, in seiner ungestümen Jugend, hatte Beach diese Frage schon einmal aus dem Munde eines Polizisten gehört. Sie hatte ihn damals in Verlegenheit versetzt. Sie versetzte ihn auch jetzt in Verlegenheit.
    »Tja, Sir«, sagte er gedehnt.
    Millicent starrte auf die Kaiserin, die nach einem höflich fragenden Blick den Eindringlingen kurz ein Willkommen zugegrunzt hatte, um sich dann wieder der Tagesordnung zuzuwenden.
    »Sie haben sie entführt, Beach? Sie?!«
    Der Butler erzitterte. Er hatte dieses Mädchen gekannt seit den Tagen, als sie noch Zöpfe und Kniestrümpfe trug. Sie hatte in seinem Anrichtezimmer gespielt. Er hatte ihr Papierelefanten gemacht und kleine Tricks mit Bindfaden beigebracht. Der schockierte Ton in ihrer Stimme wirkte auf ihn so ätzend wie Vitriol. Sie, so dachte er, die Nichte des Earl von Emsworth und von seiner Lordschaft seit Kindertagen in der besten Tradition der Liebe zum Schwein erzogen, mußte die Entführung der Kaiserin für eine finstere Untat halten. Er mußte sich unbedingt in ihren Augen rehabilitieren.
    Im Leben eines jeden Verschwörers kommt einmal der Tag, an dem der Wunsch, das eigene Leben wieder in Ordnung zu bringen, seine Treue zu den Komplizen ins Wanken bringt. Der beste Beweis für die Seelengröße dieses Butlers ist die Tatsache, daß er seinem ersten Impuls nicht folgte. Millicents anklagende Blicke durchbohrten ihn, aber er blieb standhaft. Er hatte Mr. Ronald Treue gelobt, und er würde ihn auch nicht verraten, um sich selbst aus der Affäre zu ziehen.
    Und als wollte sich das Schicksal für seine tadellose Haltung erkenntlich zeigen, kam Beach eine plötzliche Erleuchtung.
    »Jawohl, Miss«, antwortete er.
    »Oh, Beach!«
    »Ja, Miss. Ich habe das Tier entführt. Ich tat es um Ihretwillen, Miss.«
    Hugo sah ihn streng an.
    »Beach«, sagte er. »Das ist doch Mumpitz!«
    »Sir?«
    »Ich sagte ›Mumpitz‹. Warum versuchen Sie zu kneifen, Beach? Was soll das heißen: Sie haben das Schwein um ihretwillen entführt?«
    »Genau«, sagte Millicent. »Warum um meinetwillen?«
    Der Butler war jetzt ganz ruhig geworden. Er hatte sich eine Geschichte zurechtgelegt, und an der würde

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