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Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Titel: Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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Überfall im Park … das war schon mehr als ungewöhnlich. Sie fing den Blick der Elfe auf und fragte flüsternd: »Warum?«
    Zuerst antwortete die Totenbleiche nicht, dann streckte sie – um der Frage auszuweichen – langsam ihre Hand aus. »Tut mir leid, dass ich nicht früher da war.«
    »Warum bist du mir …« Ashlyn unterbrach sich, biss sich auf die Lippe und stand auf.
    »Ich bin Donia.«
    »Ash.« Sie lächelte zittrig.
    »Komm, Ash.« Donia ging mit ihr Richtung Bibliothek und blieb an ihrer Seite. Sie berührte sie nicht, doch für Ashlyns Gefühl ging sie zu nah neben ihr.
    Ashlyn blieb vor einer der Säulen stehen, die rechts und links der Eingangstür standen. »Musst du nicht deinen, äh, Hund suchen gehen?«
    »Nein. Sasha kommt schon wieder.« Donia schenkte ihr ein Lächeln, das beruhigend hätte sein können, wenn es von einem Menschen gekommen wäre. Dann zeigte sie auf die Eingangstür. »Komm.«
    Ashlyn öffnete die kunstvoll verzierte Tür und wurde allmählich ruhiger. Die Eingangstür der Bibliothek stand, ebenso wie die Säulen, in krassem Gegensatz zu der nichtssagenden Architektur, die Huntsdale überall sonst dominierte. Man konnte den Eindruck gewinnen, einer der Stadtväter hätte einst beschlossen, den Einwohnern bei all den anderen schäbigen Bauten wenigstens einen Funken Schönheit zu schenken.
    Ihr war zum Lachen zu Mute, nicht aus Heiterkeit, sondern weil ihr zunehmend bewusst wurde, dass die Regeln, nach denen sie immer gelebt hatte, plötzlich nicht mehr galten. Nicht Elfen attackierten sie, sondern Menschen. Regel Nr. 1: Du sollst niemals die Aufmerksamkeit von Elfen erregen. Aber genau das hatte sie getan. Und wenn sie es nicht getan hätte? Was wäre dann wohl da draußen passiert?
    Ashlyns Füße fühlten sich schwer an; ihr Magen rebellierte.
    »Willst du dich hinsetzen?«, fragte Donia sanft und führte sie in Richtung des Gangs, in dem die Toiletten waren. »So was kann einem ganz schön Angst einjagen.«
    »Ich komme mir so albern vor«, flüsterte Ashlyn. »Es ist doch eigentlich nichts passiert.«
    »Manchmal ist es schon schlimm genug, dass man merkt, was einem passieren könnte  …«, erwiderte Donia mit einem Achselzucken. »Geh und wasch dir das Gesicht. Das wird dir guttun.«
    Als Ashlyn allein in dem winzigen Toilettenraum war, wusch sie sich das Blut aus dem Gesicht und betastete ihre Seite. Dort, wo seine Finger sich in ihre Haut gegraben hatten, würde sie Blutergüsse bekommen. Ihre ohnehin trockenen Lippen waren aufgesprungen. Alles in allem war es halb so wild. Aber es hätte schlimm enden können .
    Ashlyn wusch sich noch einmal das Gesicht und fuhr sich durch die Haare. Sie zog ihre Schuluniform aus, stopfte sie in ihre Tasche und schlüpfte dann in ihre ausgewaschene Jeans und eine lange Tunika-Bluse, die sie im Secondhandladen gefunden hatte. Danach trat sie wieder in den scheinbar leeren Flur hinaus und ließ die Tür zur Toilette leise hinter sich zufallen.
    Donia war nun wieder unsichtbar und sprach mit einem der Knochenmädchen. Wie alle Knochenmädchen war auch dieses geradezu gespenstisch weiß und so dünn, dass man jeden einzelnen Knochen durch ihre fast durchsichtige Haut schimmern sah. Dass sie sich überhaupt von der Stelle rühren konnte, wirkte wie ein Verstoß gegen die Naturgesetze. Wesen, die so zerbrechlich aussehen, dürften sich doch eigentlich gar nicht bewegen können. Aber die Knochenmädchen glitten scheinbar mühelos über die Erde. Trotz ihres leichenhaften Erscheinungsbildes waren sie unheimlich schön anzuschauen.
    Donia sah dagegen schrecklich aus: Ihre weißen Haare peitschten um ihren Kopf, als stünde sie in einem Unwetter, aber nur sie allein. Rund um sie herum fielen winzige Eiszapfen zu Boden. »Finde sie. Finde heraus, warum sie das Mädchen angegriffen haben. Wenn sie irgendjemand dazu gezwungen hat, möchte ich es wissen. Ashlyn darf nichts geschehen.«
    Die Stimme des Knochenmädchens war nur ein gehauchtes Wispern, so als müssten ihre Worte erst einen Widerstand überwinden, bevor sie sie herausbrachte. »Soll ich es Keenan erzählen?«
    Donia antwortete nicht, aber ihre Augen verdunkelten sich, bis sie genauso ölig-schwarz schimmerten wie damals im Comic-Laden.
    Das Knochenmädchen trat einen Schritt zurück, die Hände beschwichtigend erhoben. Donia ließ es einfach stehen und verschwand um die nächste Ecke.
    Doch unmittelbar darauf kam sie – jetzt erneut für Menschen sichtbar – wieder hervor

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