Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
Donia verschwunden war.
Ashlyn war nicht sicher, was sie darauf antworten sollte. Doch als sie sich umwandte und Seth ihr Gesicht sah, schien ihn die Antwort ohnehin nicht länger zu interessieren.
»Was ist passiert?« Er starrte ihre geschwollene Lippe an und streckte die Hand danach aus, als wollte er sie berühren.
»Was hältst du davon, wenn ich dir das alles zu Hause erzähle?« Sie umarmte ihn. Sie wollte nicht daran denken, nicht jetzt. Sie wollte einfach nur gehen, zu Seth, wo sie sich sicherer fühlen konnte.
»Ich hole nur schnell meine Notizen.« Damit ging er, direkt an einer Gruppe von Elfen vorbei, die auf Ashlyn zusteuerten.
Eins der Elfenmädchen umkreiste sie. Das ist die Neue.
Ein zweites strich über Ashlyns Haar. Hübsches Ding.
Wieder ein anderes zuckte die Achseln. Wenn du meinst.
Ashlyn versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Konzentration . Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf das Rascheln der Blätter auf der Haut der Mädchen und bemühte sich, den seltsamen zuckersüßen Geruch auszublenden, der die Luft um sie erfüllte, und ebenso die allzu warme Berührung ihrer Haut, als sie sie mit ihren Händen inspizierten. Das war nicht angenehm – ganz und gar nicht –, aber nach dem Fiasko draußen im Park erschienen ihr die Berührungen der Elfen irgendwie weniger schrecklich. Die Gewalttätigkeit dieser drei Männer … Ashlyn erschauderte.
Die Elfenmädchen plapperten endlos vor sich hin. Jetzt, wo Donia nicht mehr da war, redeten sie lauter, aber vermutlich konnte sie keiner der Bibliotheksbesucher hören.
Das Wintermädchen scheint Fortschritte zu machen.
Diese hier darf jetzt keiner mehr anrühren .
Na und? Ich stehe eh nicht auf Mädchen. Aber ihren Freund … Den darf man. Mmh, ganz schön appetitlich.
Sie kicherten.
Vielleicht teilt sie ihn mit uns, wenn sie erst mal zu uns gehört.
Wenn sie die Richtige ist, hat sie ja wohl keine Wahl, oder? Dann ist ihr Freund Freiwild.
Als Seth mit der Tasche über der Schulter wieder auf sie zukam, streckte Ashlyn beide Hände nach ihm aus, so als wollte sie ihn erneut umarmen.
Er sah sie fragend an.
Wer sagt denn, dass wir warten müssen? Eine der Elfen strich über seine Wange, eine andere kniff zu.
Seths Augen weiteten sich.
Ashlyns Herz raste. Er spürte es. Sie hatte sich nie auf eine Weise verständigen müssen, die die Elfen nicht verstanden, mit niemandem außer Grams, mit niemandem, der sie nicht sehen konnte. In der Hoffnung, dass die Mädchen genauso dumm waren, wie sie aussahen, legte sie ihren Arm um seine Taille und zog ihn zur Tür, weg von den lüsternen Elfen. »Gehen wir?«
»Ja, klar.« Er ging ein wenig schneller und legte einen Arm um ihre Schultern.
Könnte sein, dass der Sommerkönig Konkurrenz bekommt.
Willst du ihm das sagen? »Oh, Keenan, Liebster … sie hat da so einen Gespielen, der ist vielleicht sexy!«
Sei nicht so gemein. Der König ist auch nicht zu verachten.
Sie kicherten erneut.
Aber ob wir noch viel Spaß haben werden, wenn sie erst bei uns ist? Ihr kennt ihn ja.
Ich erkläre mich freiwillig bereit, den Sterblichen ein wenig abzulenken, damit Keenan sie umwerben kann.
Mmm, ich auch. Seht euch die ganzen Ringe an, die er im Gesicht trägt. Ob er wohl auch einen in der Zunge hat?
Sobald sie innerhalb der sicheren Metallwände von Seths Waggons waren, atmete Ashlyn erleichtert auf. Der Weg hierher war wie eine Art mittelalterlicher Spießrutenlauf gewesen; die Elfen hatten sie angegafft und waren immer näher gekommen. Sie selbst hatten sie nicht angerührt, nicht ein einziges Mal, aber Seth würde am nächsten Tag einige blaue Flecken unerklärlichen Ursprungs haben. Sie war froh, dass er sie nicht sehen konnte.
Sie umarmte ihn kurz, dann trat sie einen Schritt zurück. »Entschuldige.«
»Wofür?« Er wickelte Boomer vom Teekessel ab und legte ihn in das Terrarium.
»Für sie .« Sie setzte sich auf die Anrichte.
Seth knipste den Schalter für den beheizbaren Stein und die Heizlampe für Boomer an. »Tee?«
»Gern … Hast du sie gespürt?«
»Kann sein.« Er hielt inne.
»Da war was in der Bibliothek … Aber erzähl mir zuerst, was vorher passiert ist.« Er zeigte auf ihr verletztes Gesicht.
Sie erzählte es ihm. Sie erzählte ihm von den Männern draußen vor der Bibliothek, von ihrer Rettung durch Donia und auch, dass Donia im Gespräch mit dem Knochenmädchen ganz aufgebracht gewesen war. Sie ließ ihren Worten freien Lauf, hielt nichts zurück.
Eine Zeit
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