Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
so los war?«
»Äh – wenn wir dem Thema Elfen aus dem Weg gehen wollen, definitiv nicht.« Sie füllte den Teekessel und öffnete den Kamillentee, der auf der Anrichte stand. »Schmeckt der eklig?«, fragte sie, den Tee hochhaltend.
»Ich finde nicht, aber im unteren Schrank ist Honig, wenn du welchen willst.« Er räkelte sich, so dass sein Hemd hochrutschte und kurz einen Streifen seines nackten Bauches und den schwarzen Ring in seinem Bauchnabel freilegte. »Wir könnten uns über die Zeit danach unterhalten, wenn das Leben wieder normal läuft. Ich finde, wir sollten zusammen essen gehen, wenn das alles vorbei ist.«
Sie hatte ihn auch vorher schon ohne Hemd gesehen, nur in seinen Shorts. Schließlich waren sie schon eine ganze Weile befreundet. Was hat er gesagt? Essen gehen? Ein Abendessen mit Seth? Sie beobachtete von der Küche aus, wie er mit dem Ring in seiner Lippe spielte. Er biss nicht direkt darauf herum, aber er sog ihn in seinen Mund. Wie immer, wenn er sich konzentrierte. Das ist nicht sexy. Er ist nicht sexy.
Doch er war es, und sie starrte ihn völlig entrückt an. »Wow«, flüsterte sie.
Sie schaute weg und kam sich albern vor. Wir sind Freunde. Auch Freunde gehen zusammen essen. Das hat gar nichts zu bedeuten. Sie öffnete den Schrank. Die Flasche mit Honig stand neben einer bunten Mischung von Ölen und Gewürzen. »Gut, gehen wir essen. Carla möchte gern ein neues Restaurant drüben auf der Vine Street ausprobieren. Du könntest …«
»Wow?«, fragte er leise, seine Stimme war heiser. Der Sessel ächzte, als er aufstand. Seine Schritte kamen ihr merkwürdig laut vor, während er zu ihr hinkam. Dann stand er neben ihr. »Wow – das ist doch ein Anfang.«
Sie wandte sich ab, drückte die Flasche zusammen und spritzte dabei Honig auf die Anrichte. »Das hatte nichts zu bedeuten. Wir flirten zu viel in letzter Zeit, und dann das Telefongespräch neulich Abend und … Du hast wahrscheinlich ein Dutzend Mädchen, die du anrufen könntest, ich weiß. Ich bin einfach müde und …«
»Hey.« Seine Hand lag auf ihrer Schulter, er versuchte, sie zu sich umzudrehen. »Es gibt niemanden, den ich anrufen könnte oder so. Nur dich. In den letzten sieben Monaten gab es niemand anderen für mich.«
Er zog noch einmal sanft an ihrer Schulter. »Außer dir gibt es niemanden in meinem Leben.«
Sie drehte sich um, und dann standen sie da. Sie starrte auf sein Hemd; es fehlte ein Knopf. Sie hielt die Honigflasche umklammert, bis er sie ihr aus der Hand nahm und wegstellte.
Dann küsste er sie.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, legte den Kopf in den Nacken und versuchte ihm so immer noch näher zu kommen. Seth legte einen Arm um ihre Taille und küsste sie, als wäre sie die Luft und er kurz vor dem Ersticken. Sie vergaß alles andere: Es gab keine Elfen mehr und keine Sehergabe – nur sie beide.
Er hob sie auf die Anrichte, wo sie schon unzählige Male gesessen und mit ihm geredet hatte. Aber diesmal waren ihre Hände in seinen Haaren, durchwühlten sie mit den Fingern und zogen ihn näher heran.
Es war der perfekteste Kuss, den sie jemals bekommen hatte, bis ihr plötzlich durch den Kopf schoss: Seth. Das ist Seth.
Sie wich zurück.
»Das Warten hat sich definitiv gelohnt«, flüsterte Seth, ohne sie loszulassen.
Sie hatte die Beine um ihn geschlungen und an den Fußgelenken hinter ihm verschränkt. Sie legte ihre Stirn auf seine Schulter.
Keiner von ihnen sagte etwas.
Seth hat keine festen Freundinnen. Das hier ist ein Fehler. Hinterher würden sie sich unbehaglich fühlen: Das hatte sie sich seit Monaten immer wieder eingeschärft. Es hatte sie nicht davon abgehalten, weiter verbotene Gedanken zu hegen.
Sie sah ihn an. »Sieben Monate?«
Er räusperte sich. »Ja. Ich dachte, wenn ich Geduld habe … Ich weiß auch nicht.« Er lächelte sie unsicher an, was so gar nicht zu ihm passte. »Ich habe gehofft, dass du irgendwann aufhörst, vor mir wegzulaufen … dass wir nach all unseren Gesprächen und nach all der Zeit …«
»Ich kann nicht, ich bin nicht … Ich muss mit dieser Elfengeschichte klarkommen und … Sieben Monate?« Sie fühlte sich schrecklich.
Seth hat auf mich gewartet ?
»Sieben Monate.« Er küsste sie auf die Nase, als wäre alles ganz normal, als hätte sich nichts verändert. Dann hob er sie sanft von der Anrichte herunter und trat einen Schritt zurück. »Und ich werde weiter warten. Ich werde nicht weggehen, und ich werde nicht zulassen, dass
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