Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
die verbotene Grenze überschritten. Sie musste fast kichern bei dem Gedanken.
»Seth? Bist du da?« Jemand rüttelte an der Tür.
»Seth, wir wissen, dass du da bist«, rief Mitchell, einer von Leslies Ex-Freunden. Er klopfte noch einmal laut an. »Los, mach auf.«
»Achte einfach nicht auf ihn«, flüsterte Seth mit den Lippen ganz nah an ihrem Ohr. »Vielleicht geht er ja wieder.«
Es wurde erneut an der Tür gerüttelt.
»Ist wahrscheinlich ganz gut so.« Ashlyn löste sich ein Stück weiter von ihm. Ihr war fast schwindlig. »Wir sind ganz schön unvernünftig.«
»Ich denke seit Monaten an nichts anderes, Ash.« Seth legte seine Hände an ihr Gesicht. »Aber ein Wort von dir und wir hören auf. Du bestimmst das Tempo. Ich dränge dich nicht, niemals.«
»Ich weiß.« Sie lief rot an. Es war viel einfacher, sich der Verlockung hinzugeben, als darüber zu sprechen – erstaunlich einfach sogar. »Aber ich bin nicht sicher, wie weit ich gehen möchte.«
Er zog sie enger an sich und strich ihr übers Haar. »Also gehen wir es langsam an, okay?«
»Okay.« Sie nickte und war zugleich erleichtert und enttäuscht. Es waren viel zu viele Krankheiten im Umlauf, um diese Dinge auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber sich einfach mal fallenzulassen, mal nicht darüber nachzudenken, was sie tun oder lassen sollte … Verführerisch war gar kein Ausdruck.
»Und ja, ich möchte mit dir zusammen sein. Ich will nichts Unverbindliches«, sagte er leise, aber mit fester Stimme.
Sie erwiderte nichts, konnte nichts erwidern.
»Mach die verdammte Tür auf, Seth!«, hörte man Jimmy von draußen. »Hier draußen friert’s!«
Seth schob ihren Kopf in den Nacken, damit sie ihn ansah. »Du machst mich ganz nervös. Alles in Ordnung?«
Sie nickte.
»Oder denkst du wieder ans Weglaufen?«
Ihr Herz klopfte viel zu schnell. Sie wurde rot. »Nein. Ganz im Gegenteil.«
Er strich mit den Fingerspitzen über ihre Wange, hielt an ihrem Mundwinkel inne und schaute sie an. »Du sollst dich nicht dazu gedrängt fühlen.«
Sie legte ihre Stirn an seine Brust, um ihr Gesicht zu verbergen. »Ich muss nachdenken. Wenn wir es versuchen … mit uns . Ich möchte nichts kaputt machen. Das mit uns nicht kaputt machen.«
»Es würde auch nichts kaputt machen, aber …«, er schluckte hörbar, »wir müssen nichts überstürzen. Ich lauf dir nicht weg.«
Das Klopfen wurde wieder lauter, bis Seth sie schließlich losließ. Er zog sein Hemd zurecht und drehte ihr dabei den Rücken zu. Dann ging er zur Tür und riss sie auf. »Was ist denn?«
»Verdammt, Mann, es ist kalt hier draußen.« Mitchell schob sich an Seth vorbei.
Jimmy, ebenfalls einer von den Jungs, die im vergangenen Jahr die Highschool abgeschlossen hatten, kam hinter ihm herein. Er hatte drei Mädchen im Schlepptau, die Ashlyn nicht kannte.
Ashlyn ging zurück zur Anrichte und wandte sich wieder dem Zerkleinern der Kräuter zu. Jimmy blieb an der Tür zur Küche stehen und sah sie breit grinsend an. »Ach, hallo, Ash.«
Sie hob zur Begrüßung die Schale ein wenig, sagte aber nichts. Ihre Lippen fühlten sich ganz empfindlich an, ihre Haare waren zerwühlt. Es war bestimmt offensichtlich, dass die anderen sie bei etwas gestört hatten.
Sich weiter auf die Salbe zu konzentrieren war einfacher, als sich mit den ungebetenen Besuchern auseinanderzusetzen. Sie schüttete die pulverisierten Kräuter in eine leere Schüssel, nahm noch eine Handvoll und fuhr mit dem Mörsern fort.
Jimmy stieß Seth in die Seite. »Was ist denn aus der Regel geworden, dass ›nur Freunde‹ bei dir ins Haus dürfen?«
»Ash ist eine Freundin.« Seth kniff die Augen zusammen und sah Jimmy böse an. »Und zwar die einzige, der meine Tür immer offen steht.«
Immer noch grinsend ging Jimmy zu Ashlyn und schaute in die Schale, die sie in der Hand hielt. »Ach, das ist ja interessant. Was habt ihr denn da?« Er nahm die Schüssel mit dem bereits zerstoßenen Johanniskraut und schnüffelte daran. »Nichts, was ich schon mal geraucht hätte.«
Er war ein Großmaul; Mitchell war sogar noch schlimmer, besonders seit Leslie jedem, der es hören wollte, erzählt hatte, er wäre im Bett eine Niete. Er stellte ein Sixpack Bier auf den Tresen.
Die Mädchen standen vor Boomer und starrten die Boa an, ohne sich jedoch allzu nah heranzuwagen. Alle drei trugen Kleider, in denen sie draußen garantiert froren – knappe Röckchen, tief ausgeschnittene Shirts – lauter Sachen, die nicht mal im Sommer
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