Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
wusste es.
Aber sie könnte es trotzdem sein. Sie könnte die Richtige sein.
Er ließ sich aufs Sofa fallen und schloss die Augen. Ich hasse es, wie unerträglich wichtig dieses Spiel ist. »Ich werd mal duschen gehen. Damit ich einen klaren Kopf bekomme.«
»Entspann dich.« Mit feierlicher Miene goss Tavish sein Glas noch einmal voll und reichte es ihm. »Kann ja sein, dass sie die Richtige ist. Eine von ihnen muss es sein. Früher oder später.«
»Richtig.« Keenan nahm das Weinglas und verließ den Raum. Wenn nicht, werde ich die Ewigkeit so zubringen. »Schickt ein paar Mädchen rein. Ich könnte ein bisschen Hilfe beim Entspannen gebrauchen.«
Ein paar Stunden später schaute Keenan zum dritten Mal innerhalb von dreißig Minuten auf die Uhr. Noch zwei Stunden. Es war das erste Mal, dass sein Volk sie zusammen sehen würde, dass es Gelegenheit hatte, ihn mit dem Mädchen sprechen zu sehen, das vielleicht die Sommerkönigin war, das vielleicht alles verändern würde. Es spielte keine Rolle, dass es andere vor ihr gegeben hatte. Alle würden wie immer die voreilige Hoffnung hegen, dass dieses Mädchen seine Königin werden würde.
Niall lehnte sich an den Türrahmen zu seinem Schlafzimmer. »Keenan?«
Keenan hielt eine graue Hose hoch. Zu steif. Er wühlte in seinem Schrank. Jeans. Schwarze Jeans. Das gefällt ihr bestimmt. Er kam schneller zum Ziel, wenn er einfach zu dem wurde, was sie wollten, wenn er sich ein bisschen anpasste, um so aufzutreten, wie es ihnen gefiel. »Ich brauche eine schwarze Jeans, nicht zu neu, aber auch nicht zu ausgewaschen.«
»In Ordnung.« Niall gab die Nachricht an eines der Sommermädchen weiter. Als sie ging, trat er weiter in das Zimmer hinein. »Keenan?«
»Was denn?« Keenan fand ein T-Shirt, an das er sich gar nicht erinnern konnte. Er zog ein dunkelblaues Hemd heraus, Wüstenspinnen-Seide, das war doch viel hübscher. So ganz konnte er sich selbst doch nicht verleugnen.
»Dieser Sterbliche, mit dem Ashlyn …«
»Er wird bald von der Bildfläche verschwunden sein.« Keenan zog sein Hemd aus und das neue an. Dann nahm er den Schmuck in Augenschein, den die Mädchen ihm vorbeigebracht hatten. Wenn alles gut lief, war es schön, ein Geschenk bei der Hand zu haben. Egal ob Sterbliche oder Elfen, darauf standen sie alle.
»Ich bin sicher, dass es so sein wird, aber bis dahin …«
Das kleine Herz war doch hübsch. Zu persönlich, zu früh? Die kleine Sonne war eine gute Wahl. Er legte sie zur Seite und suchte weiter. »Nach dem heutigen Abend wird er mit anderen Dingen beschäftigt sein.«
»Warum?«
»Ich habe die Mädchen gebeten, jemanden zu finden, der ihn ablenkt. Er ist im Weg.« Er nahm die kleine Sonne in die Hand. Später wird sie Ashlyn mehr bedeuten – wenn sie die ist, die ich suche. Er ließ sie in seine Tasche gleiten. Die Sonne ist goldrichtig.
Sechzehn
»Sie übertreten Gesetze, begehen Unrecht und Sünden …
Denn die Belästigungen ihrer weiblichen Dämonen,
die intime Beziehungen mit Männern suchen,
sind verabscheuenswürdig.«
Robert Kirk /Andrew Lang: Die verborgene Gemeinschaft (1893)
Seth rührte zerstreut in den Nudeln. Er schaute sie an. »Möchtest du mir nicht erzählen, worüber du nachdenkst?«
Mehr sagte er nicht. Er wartete einfach, ruhig und geduldig. Seit ihrem Kuss – und dem nachfolgenden Gespräch – hatte er sich zurückgehalten. Er überließ es ihr, den nächsten Schritt zu tun.
Sie ging zu ihm und schaute ihn an, während sie darüber nachgrübelte, wie sie ihm die Geschichte mit dem Jahrmarkt erklären sollte. Seit ihrer Ankunft hatte sie schon mehrfach dazu angesetzt, wusste aber nicht, wie sie anfangen sollte. Jetzt platzte sie einfach damit heraus: »Ich bin heute Abend mit Keenan verabredet.«
»Du gehst mit dem Elfenkönig aus? Mit dem Typen, der dir nachstellt?«, fragte Seth, ohne seinen Blick von dem kochenden Nudelwasser zu nehmen.
»Es ist kein Date.« Sie stand so nah bei ihm, dass sie ihn hätte berühren können, aber sie tat es nicht. »Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm auf einen Jahrmarkt gehe …«
»Er ist gefährlich.« Jetzt schaute Seth sie an.
Sie nahm ihm den Kochlöffel aus der Hand und zog sanft an seinem Arm, damit er sich zu ihr umdrehte. »Wenn ich nicht rausfinde, was er will, nimmt Grams mir das kleine bisschen Freiheit, das ich noch habe. Ich muss dahinterkommen, was ich tun kann, damit er mich in Ruhe lässt.«
Seth hatte wieder dieselbe merkwürdige Panik im
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