Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
gefragt, was er sich eigentlich vorstellte; sie wusste nicht, wie sie es anfangen sollte. Aber sie war fast sicher, dass er nicht einfach nur eine Affäre wollte.
Sie schlug die Augen auf. Einen Moment lang sah es beinahe so aus, als leuchte ihre Haut.
Ich bin bloß müde. Sie blinzelte.
Er setzte sich auf die andere Seite des Sofas und zog ihre Füße auf seinen Schoß. Dann hielt er einen Stapel Rezepte hoch. »Ich habe drei Tees, ein paar Salben, einige Tinkturen und ein Rezept für Brei-Umschläge. Was meinst du?«
Sie setzte sich auf und rutschte näher zu ihm hin. »Brei-Umschläge?«
Er ließ seine Hand in ihre Haare gleiten und wickelte eine lange Strähne um seine Finger. »Die legt man auf eine Wunde, so wie man ein Steak auf ein blaues Auge legt.«
»Igitt!« Sie nahm ihm die Zettel aus der Hand und überflog sie.
Seth spielt mit meinen Haaren. Seine Fingerspitzen berührten ihr Schlüsselbein, und sie merkte, wie sie die Luft anhielt.
Atme.
Sie atmete langsam aus und versuchte, sich auf den Text zu konzentrieren. Alles wirkte heute irgendwie bedeutungsvoller, wenn sie daran dachte, wo sie an diesem Abend hinging und mit wem.
Sie hielt das Blatt hoch, das sie gerade zu lesen versucht hatte. »Die hier muss drei Tage durchziehen.«
»Ja, das steht auch bei einigen anderen.« Er nahm ihr das Blatt ab, mit seiner freien Hand, der, die keine Kreise auf ihrer Haut zog. »Die Tinkturen müssen sieben bis zehn Tage ziehen. Später, wenn du weg bist, setze ich schon mal ein paar davon an. Ich wollte nur wissen, ob dir irgendwas davon, ich weiß nicht, vertraut vorkommt.«
Sie ließ die übrigen Blätter auf den Stapel in seinem Schoß fallen. »Ich bin damit auf die Welt gekommen. Grams und meine Mutter auch. In meiner Familie passiert das einfach so – es hängt irgendwie mit den Genen zusammen. So wie die Haarfarbe oder so.«
»Verstehe.« Er schaute nicht auf die Blätter, sondern auf ihre Hand, die noch immer auf seinem Bein lag. Dann stand er abrupt auf und ging weg. »Lass uns eine der Salben ausprobieren. Das scheint schneller zu gehen.«
Sie folgte ihm zur Anrichte, auf der er die Kräuter ausbreitete sowie einige Schüsseln, ein Messer und eine schwere weiße Schale mit einem dazu passenden Werkzeug. Sie nahm es in die Hand.
»Das ist ein Stößel.«
Sie sah ihn an. »Ein was?«
»Ein Stößel.« Er warf einige der Kräuter in die weiße Schale und hielt die Hand auf.
Sie reichte ihm den Stößel und registrierte, wie viel Abstand er plötzlich zu ihr hielt.
Er zerstampfte damit die Kräuter und zerdrückte sie in winzige Stücke. »So geht das.«
Damit gab er ihr den Stößel zurück.
»Jetzt das Johanniskraut. Zerkleinere es und schütte es da rein.« Er zeigte auf eine leere Müslischale.
»Okay.« Sie zerstampfte die seltsam riechenden Pflanzen.
Seth füllte neben ihr einen Topf zur Hälfte mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Dann holte er zwei weitere Töpfe hervor.
»Übrigens, wegen neulich, wegen dieser Sache mit uns …« Sie schaute ihn an und war überrascht, wie nervös sie war. Sie musste sicher sein, was es ihm tatsächlich bedeutete, aber sie hatte Angst, dass er gekränkt war, wenn sie ihn das fragte.
Aber er reagierte gar nicht beleidigt. Stattdessen klang auch er nervös. »Ja?«
»Willst du, ich weiß auch nicht, willst du mich um ein Date bitten oder ist das einfach nur so? Willst du nur …«
»Sag mir einfach, was du möchtest.« Er nahm ihr die Schale aus der Hand und zog sie an sich, so dass sie Hüfte an Hüfte standen. »Möchtest du lieber mit mir essen gehen oder ins Kino? Oder übers Wochenende ans Meer fahren?«
»Übers Wochenende? Geht das nicht alles ein bisschen schnell?« Sie legte ihre Hände an seine Brust, damit ein bisschen Abstand zwischen ihnen blieb.
»Mir kann es gar nicht schnell genug gehen.« Er beugte sich vor, so dass sein Mund fast ihren berührte. »Aber ich versuche mich zu gedulden.«
Ohne erst lange darüber nachzudenken, biss sie ihn sanft in die Unterlippe.
Und sie küssten sich erneut, langsam und sanft und irgendwie noch aufregender als beim ersten Mal. Erst hatte sie Seth von dem Treffen mit Keenan erzählt, dann gefragt, was er für sie empfand, und irgendwo dazwischen hatten sich die Dinge verändert.
Ihre Hände fanden den Saum seines Hemdes, glitten darunter, über Haut und die Ringe, die seine Brust schmückten. Alle Bedenken, die sie mit sich herumgetragen hatte, waren auf einmal verflogen.
Ich habe
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