Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Titel: Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
Vom Netzwerk:
durch ihre Fingerspitzen sickern, bis sich Eisblumen auf Ashlyns Arm bildeten und kleine Eiszapfen an ihrem Ellbogen wuchsen, die nach einer Weile klirrend zu Boden fielen. »Das.«
    Schließlich zuckte Ashlyn zurück. »Ich will weder das eine noch das andere.«
    »Ich weiß.« Donia sog die Kälte wieder in sich auf und zitterte dabei vor Anstrengung. »Aber wenn man es vergleicht … Sie sind in mancher Hinsicht freier als ich. Als Sommermädchen lebt man ewig, tanzt und singt und hat so gut wie keine Pflichten. Man lebt in einem ewigen Sommer. Sie tragen keinerlei Verantwortung; die lassen sie mit ihrer Sterblichkeit hinter sich, und er …«, sie erstickte fast an diesen Worten, sagte sie aber trotzdem, »… kümmert sich um sie. Es fehlt ihnen an nichts.«
    »Ich will das nicht.«
    Donia hätte Ashlyn gern ermutigt, es abzulehnen, aber das stand ihr nicht zu. Das war seine Aufgabe. Stattdessen sagte sie: »Du verwandelst dich aber bereits in eine von ihnen. Das hast du doch sicher schon bemerkt?«
    Bei diesen Worten ließ Ashlyn die Schultern sinken.
    Donia erinnerte sich noch daran – an dieses merkwürdige Gefühl von Auflösung, das die Verwandlung begleitete. Es war keine angenehme Erinnerung, selbst jetzt nicht, wo die Kälte sich tief in ihr eingenistet hatte. »Um nicht eine von ihnen zu werden, musst du die Prüfung bestehen«, sagte sie und vermied es bewusst, mitleidig zu klingen.
    »Was für eine Prüfung denn?« Plötzlich wirkte Ashlyn sogar noch jünger, verängstigt.
    Kein Mädchen hatte diese Frage je gestellt. Wenn die Rede auf die Prüfung kam, waren die anderen immer bereits entschieden gewesen. Sie hatten es vielleicht nicht ausgesprochen, aber tief in ihrem Herzen hatten sie die Entscheidung – alles zu riskieren, um mit Keenan zusammen sein zu können, oder eben nicht – schon getroffen. Während Donias Zeit hatte ihn keine genug geliebt, um es zu wagen. Noch hatte er eine von ihnen wirklich geliebt – wenigstens hatte sie sich das jedes Mal eingeredet, wenn er sie umwarb.
    »Das muss er dir sagen. Ich darf es nicht. Er wird dir eine dritte Alternative in Aussicht stellen, sozusagen den Ehrenpreis. In neun Jahrhunderten hat kein Mädchen ihn bekommen. Wenn du dich der Prüfung stellst und verlierst, wirst du das, was ich jetzt bin. Wenn du die Prüfung bis zum nächsten Wechsel der Jahreszeiten nicht ablegst, ist das auch eine Entscheidung: Dann wirst du ein Sommermädchen.« Donia schob Ashlyn sanft in Richtung Schlafzimmer. »Geh dich umziehen.«
    Ashlyn blieb im Türrahmen noch einmal stehen. »Gibt es nicht irgendeinen Ausweg aus diesem Schlamassel? Kann man nicht einfach irgendwie da raus? Ich will in mein altes Leben zurück. Gibt es denn niemanden, mit dem wir reden könnten?«
    Donia schloss vorsichtig den Schrank und vermied es, Ashlyn anzusehen. Auch das hatte nie ein Mädchen vor ihr gefragt.
    »Nur ein einziges Mädchen hat sich der Entscheidung jemals entzogen«, antwortete sie mit dem Rücken zu ihr.
    »Und wie?«
    Donia drehte sich um, sah Ashlyn in die Augen und machte die Hoffnung wieder zunichte, die sich in ihre Stimme geschlichen hatte. »Sie ist gestorben.«

Vierundzwanzig
»Er ist kein Geringerer als der König der Elfen …
Sehr zahlreich hingegen sind [seine Untertanen]
und sehr verschieden in ihrer Art. Er ist der Herrscher
über jene mildtätigen und fröhlichen Wesen …
die im Mondschein tanzen.«
    Lady Charlotte Guest: Das Mabinogion (Anmerkungen)(1877)
    Keenan rührte träge in seinem Drink. Normalerweise heiterte das Rath ihn auf, aber im Augenblick kreisten seine Gedanken nur darum, wie er Ashlyn klarmachen konnte, dass sie unentbehrlich war. Er hatte seinen Gefühlen freien Lauf gelassen, hatte sie mit Beweisen seiner Macht überschwemmt, und sie war überwältigt gewesen – hatte diese Macht erkannt, weil sie ihr eigenes verwandeltes Ich ansprach –, aber für ihr nächstes Zusammentreffen brauchte er eine neue Taktik.
    Nie zweimal dieselbe Strategie anwenden.
    »Wenn du nicht reden willst, geh tanzen, Keenan.« Tavish klang ruhig, als wäre er ganz unbesorgt. »Es wird ihnen guttun, dich lächeln zu sehen.«
    Hinter ihm tanzten die Mädchen, wirbelten schwindelerregend schnell herum, wie sie es mochten, und kicherten. Wachmänner – im Dienst und außer Dienst – machten ihre Runden durch die Menge. Obwohl es sein Club war, kamen auch die Winter- und Dunkelelfen immer häufiger hierher, so dass seine Wachen mit der Zeit immer

Weitere Kostenlose Bücher