Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
dass er triefnass war und mit Aobheall in diesem Brunnen stand – und seinen besten Freund begehrte.
»Du« – er nahm Aobhealls Hand – »bist nett.«
Ihr Lachen war das Geräusch herabstürzenden Wassers. »Nein, Seth. Wenn ich nett wäre, hätte ich dir vorgeschlagen, Niall anzurufen, bevor ich mit dir getanzt habe.«
»Für eine Elfe bist du nett«, räumte Seth ein.
»Komm und tanz mit mir, wenn du Vergessen suchst. Ich werde dieses Amulett für dich aufheben, nicht für immer, aber für eine Zeitspanne, die wir vorher aushandeln können.« Aobheall drehte sich um und ließ ihre Hand über Nialls Gesicht gleiten. »Und du bist in meinem Brunnen immer noch jederzeit willkommen.«
Niall lächelte. »Ich stehe in deiner Schuld.«
Sie lachte erneut. »Wann hättest du das nicht getan? Es gefällt mir, dich dort zu halten.«
Der König der Finsternis küsste sie. Schatten schoben sich zwischen die Wassertropfen. Statt eines bunten Regenbogens bildete sich ein Bogen aus schimmernden Grau- und Silbertönen, der mit Lichtflecken durchsetzt war. Während des Kusses löste sich ihre Gestalt auf und sie wurde zu einem Teil des Wassers, das in ihrem Brunnen herabstürzte. Das Geräusch ihres letzten Seufzers klang noch einen kurzen Moment nach.
Niall stieg aus dem Brunnen. »Seth?«
Seth folgte ihm schweigend. Die Sommermädchen tanzten nicht mehr; die Löwenelfen hatten zu spielen aufgehört; die Ebereschen standen reglos da. Keiner der Bewohner des Sommerhofs war scharf darauf, sich mit Niall anzulegen. Na ja, ein paar von ihnen schon, wenn aus ihren Gesichtern – vor allem aus Siobhans – die Wahrheit sprach. Tatsächlich, vermutete Seth, begehrten mehr als nur ein paar der Sommermädchen Niall immer noch, aber das wollte er gar nicht so genau wissen.
»Tracey?«, rief Niall.
Sie wirbelte zu ihm hin und streckte die Hände aus. Die Weinreben auf ihrer Haut zuckten vor Niall zurück, doch sie tat es nicht. Niall nahm ihre Hände.
»Das solltest du nicht noch mal machen.« Niall trat auf die Weinranke, die sich von ihrem Fußgelenk zu Seth hinwand, und zerrieb sie mit seinem Stiefel. »Seth ist jetzt mein Bruder.«
»Wir mögen Seth. Er war traurig und wollte gehen …« Tracey streckte eine Hand nach Seth aus.
Niall packte ihr Handgelenk und verhinderte so, dass sie Seth berührte. »Dann hast du ihm sein Amulett also abgenommen, damit er sich besser fühlt?«
Tracey nickte. Mehrere andere, Siobhan und Eliza eingeschlossen, stellten sich neben Tracey.
»Er war glücklicher so«, sagte Eliza. »Wen interessiert schon, warum er es war?«
»Bei uns könntest du glücklich sein. Bleib bei uns, dann bist du auch Ashlyn nahe«, raunte Tracey Seth zu. »Wir wollen nicht, dass du uns auch verlässt.«
»Die Königin ringt bloß mit sich.« Siobhans Worte waren an Seth gerichtet, aber sie sah Niall an, während sie sprach. »Das passiert manchmal, wenn man Dinge will, die einen verwirren. Du solltest sie nicht zurücklassen.«
»Ich wollte niemanden verlassen. Ich wollte … Ich brauche nur ein bisschen Abstand.« Seth sah auf die andere Straßenseite. Die Fenster des Lofts standen offen. Pflanzen von draußen und drinnen drängten sich darin. Sie wollen näher bei ihr sein. Bei ihnen . Er wollte seine Gefühle niemandem erklären, seinem Freund nicht und auch nicht den Sommermädchen. Irgendwie waren seine Angelegenheiten öffentlich geworden; zu viele Leute wussten Dinge, die eigentlich privat sein sollten. Er fühlte Wut in sich aufsteigen bei diesem Gedanken. »Ich bin nicht … Ich hab im Augenblick einfach keine Lust mehr, mich damit zu beschäftigen.«
Er drehte sich um und ging. Entweder würde Niall mit ihm kommen oder ein Ebereschen-Wachmann, oder eine der Glaistigs würde diese Aufgabe übernehmen. Sie werden mich nicht unbeobachtet lassen. Er hatte es sich nicht ausgesucht, ein Teil der Elfenwelt zu sein, aber er war es. Hofzugehörigkeit hin oder her, er stand unter ihrer Kontrolle. Ich habe es mir ausgesucht, als ich sie ausgewählt habe. Aber im Augenblick, mit dem Bild im Kopf, wie Ashlyn sich in Keenans Bett ausruhte, spendete diese Erkenntnis nicht viel Trost.
Niall schwieg, während sie zu Seths Eisenbahnwaggon gingen. Er schwieg auch noch, als Seth den Wasserkessel auffüllte und den Tee dosierte. Und er schwieg immer noch, als Seth Boomer fütterte. Elfen waren weitaus langmütiger als Seth; selbst nach Jahren der Meditation hatte er noch das Gefühl, er war allzu leicht aus
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