Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
Elfen trennte sich von den anderen beiden und überquerte die Straße, so dass sie sich Keenan von hinten näherte. Die anderen beiden verteilten sich und kamen von der Seite heran. An Keenans anderer Seite befand sich das Schaufenster eines Schuhladens und vor ihm stand Bananach. Ich hasse es, mir Glasscherben aus der Haut zupfen zu müssen. Er umfasste das Heft des Messers fester. Unter seiner Haut pulsierte das Sonnenlicht; jede seiner Muskelfasern schien Energie in sich zu führen. Er könnte das Sonnenlicht in eine Klinge für die andere Hand umwandeln und es in Bananachs Fleisch treiben.
Aber es war nicht Bananach, die sich auf ihn stürzte. Die Kriegselfe schaute bloß zu, während die drei anderen Elfen ihn gleichzeitig attackierten. Keenan durchtrennte einer von ihnen mit seinem Messer aus Knochen und Obsidian die Kehle. Sie ging zu Boden, während die anderen beiden dazu übergingen, ihn von vorn und von hinten anzugreifen. Keenan stellte sich seitlich zu Bananach, um die beiden abzuwehren.
Da trat Bananach vor. Er sah die Bewegung aus dem Augenwinkel, konnte aber nicht mehr rechtzeitig reagieren. Sie schlug ihre Krallen in seine rechte Seite, zerfetzte seine Kleidung und riss seine Haut auf.
Keenan zog seine Linke mit dem Messer zurück und versuchte, es der vogelartigen Elfe in den Hals zu stoßen.
Sie bewegte sich zu schnell, so dass er ihr die Schulter aufschlitzte. Aber anstatt wütend zu werden, lächelte sie ihn an.
Er spürte mehr, als dass er sah, wie sie ihre Krallen in seinen rechten Bizeps trieb. Seine ganze rechte Körperseite fühlte sich taub an, und auch seinen Arm spürte er kaum noch. Im Umdrehen sah er, dass eine der beiden verbliebenen ungebundenen Elfen mit einem Messer auf sein linkes Knie zielte, doch bevor sie treffen konnte, schubste sie jemand weg.
Bananach wich kurz zurück. »Deine Einmischung ist unerwünscht.«
Keenan schaute verwundert den Elfen an, der plötzlich an seiner Seite stand. »Seth?«
»Glaub mir, du bist als Kampfpartner nicht meine erste Wahl, Sonnenschein. Aber ich könnte nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn ich dich ihrer Gnade überließe, sosehr es manches auch vereinfachen würde.« Seth würdigte ihn keines weiteren Blickes. Stattdessen hielt der gepiercte Neu-Elf mit unerwarteter militärischer Aufmerksamkeit die Straße im Blick.
»Tante B.«, begrüßte Seth die Kriegselfe. »Du solltest mal halblang machen.«
Bananach schnappte mit ihrem Schnabel nach ihm. »Die Ordnung hätte dich im Elfenreich festhalten sollen. Hier wirst du nicht überleben.«
»Doch, das werde ich, aber wenn du so weitermachst, wirst du sterben«, erwiderte Seth, während er sich vor Keenan schob. »Dein Bruder wird wieder gesund.«
Bananach grinste – angesichts ihres Schnabelmundes ein eigenartiger Anblick. »Der andere aber nicht.«
Die Hundselfen kamen angerannt wie ein wütender Schwarm, und bevor sie sie erreicht hatten, waren Bananach und zwei ihrer Elfen verschwunden. Die dritte lag leblos auf dem Gehsteig.
»Hast du das getan?«, fragte Seth.
»Ja.« Keenan schaute die tote Elfe nicht an. Er verspürte keinerlei Lust, sich an einem verlorenen Leben zu weiden. Er konnte nicht sagen, dass er sich über den Tod dieser Elfe freute. Er war nur froh, dass er selbst noch lebte.
Glaube ich zumindest.
Er ließ sich nichts anmerken. Nicht vor Seth und der Meute. Aber die Wunden, die Bananachs Krallen gerissen hatten, schmerzten jeden Augenblick mehr.
Die Hunde bildeten einen schützenden Kreis um sie. Um sie herum gingen weiter Sterbliche vorbei, ohne etwas von dem unsichtbaren Kampf in ihrer Mitte zu ahnen. Allerdings machten sie einen Bogen um die Stelle, an der die Meute wartete. Ebenso wie Bananach gegenüber empfanden Sterbliche in ihrer Nähe ein starkes Unbehagen. Bei der Kriegselfe beschlich sie das Gefühl, dass Zwietracht in der Luft lag, doch wenn die Meute in der Nähe war, suchten sie instinktiv das Weite.
Einen Moment lang sagte niemand etwas. Weder Gabriel noch Chela waren dabei, doch statt sich Rat suchend an einen anderen Hund zu wenden, schienen sie alle auf Seths Befehl zu warten.
»Geh zu ihr«, sagte Seth, ohne ihn anzusehen. »Sie werden dich zu ihr geleiten.«
Keenan erstarrte. »Ihr?«
Diesmal blickte Seth ihn an. »Zu Ash. Daran führt kein Weg vorbei. Ganz gleich, wie sehr die Fäden sich verheddern, das ist der nächste Schritt.«
»Die Fäden …« Keenan sah ihn mit offenem Mund an.
»Ja, die Fäden .« Seth biss auf seinen
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