Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
für den Winter verlassen, weil ich das brauchte. Vielleicht suchen einige von Bananachs Gefolgsleuten bei ihr etwas, was sie an ihren eigenen Höfen nicht bekommen.«
»Wenn das Frieden brächte, würde es mir nicht so viel ausmachen. Ich möchte nicht, dass irgendeiner von euch stirbt.« Sie schloss die Augen. »Bereite dich darauf vor, zum Elfenreich aufzubrechen, sobald es Tag wird.«
Vierzehn
Niall träumte wieder. Seit Irial verwundet worden war, ging es Niall nur in seinen Träumen annähernd gut.
Bei Irial.
»Du musst loslassen«, murmelte Irial, als Niall sich ihm näherte. »Diese Situation ist für niemanden gut.«
»Seit wann kümmert es den Hof der Finsternis, wenn etwas ›für niemanden gut‹ ist?« Niall machte ein finsteres Gesicht. »Du wirst einfach nicht gesund. Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
»Ich werde auch nicht mehr gesund werden .«
Niall wandte den Blick von der geschwächten Gestalt des letzten Königs der Finsternis ab und gestaltete den Raum um. Ein riesiger Kamin mit einem flackernden Feuer darin verjagte die Kälte, als könnte er damit den drohenden Tod vertreiben. »Ich habe nach einem anderen Heiler geschickt. Die letzte muss irgendetwas übersehen haben.«
»Nein, hat sie nicht.«
»Könnte aber sein«, beharrte Niall.
» Hat sie aber nicht. Ebenso wenig wie die fünfzehn anderen vor ihr.«
Niall sank auf den Boden neben Irials Sofa. »Ich werde weitersuchen. Ich finde den richtigen Heiler und bis dahin werde ich dich hier besuchen und …«
»Nein. Mein Körper kann sich von dieser Wunde nicht erholen. Selbst du kannst das nicht ändern«, sagte Irial. »Wenn jemand die Zeit anhalten könnte, dann wärst das sicherlich du. Aber niemand kann das.«
Niall ignorierte dieses Thema, wie er es in den vergangenen zwei Tagen immer getan hatte. »Such dir ein Buch aus.«
Einen Moment war nur das Knistern und Prasseln des Feuers in dem Traumzimmer zu hören. Niall sah keinen Sinn darin, mit Irial zu streiten. Nicht über dieses Thema. Er würde nicht aufgeben, bis er eine Antwort gefunden hatte, und er wusste genau, dass auch Irial nach Möglichkeit nicht aufgeben würde.
»Glaubst du, du kannst mich noch immer überraschen?« Irials Stimme war stabil, aber weit davon entfernt, stark zu klingen.
Niall griff nach dem Buch, das er sich gerade vorgestellt hatte, und las: »›Ohn’ Unterlass mein Dämon mich bedrängt / Wie von der Luft bin ich von ihm umfangen.‹«
Irial lachte. »Baudelaire. Gut ausgesucht.«
»Ich gebe nicht auf. Noch nicht.« Niall legte das Buch weg. »Bleib bei uns, Irial. Bei mir. Ich gewöhne mich daran, wieder von einem Dämon bedrängt zu werden.«
»Dämon?«, fragte Irial tadelnd. »Ich bin nicht schlechter als du … und du bist weit davon entfernt, schlecht zu sein.«
»Was mich angeht, so bin ich mir im Augenblick nicht so sicher«, gestand Niall. »Ich will Bananach umbringen. Ich will ausprobieren, ob diese Theorie, nach der Bananachs Tod zwangsläufig auch Sorchas und unser aller Tod bedeutet, wirklich stimmt. Ich fühle mich so merkwürdig, wenn ich wach bin.«
»Du wirst dich um unseren Hof und um dich kümmern, aber jetzt … wenn du nicht weiterlesen willst …« Irial gestaltete den Traum um und ersetzte das Sofa durch ein breites Bett mit hohen Kissenstapeln. »Jetzt ruh dich mit mir aus. Du kannst unseren Hof nicht regieren, wenn du zu erschöpft bist, um nachdenken oder reagieren zu können. Alles wird gut werden. Du wirst schon noch herausfinden, wie mit Bananach zu verfahren ist. Bewahre die Kraft unseres Hofes, und du findest, was du brauchst.«
»Ich brauche dich .« Niall stand auf, blieb aber neben dem Bett stehen.
Irial streckte die Hand nach ihm aus. »Ich bin hier, Niall. Lass uns beide ein wenig ausruhen.«
Es hatte etwas Merkwürdiges, sich in einem Traum schlafen zu legen – und dass Irial schlafen wollte –, aber die Grenzen verschwammen.
Warum?
»Leg dich zu mir, Niall«, forderte Irial ihn auf.
Niall kletterte auf das Bett. »Nur für eine Minute.«
»Entspann dich, Gancanagh«, bat Irial.
Einige Stunden später schreckte Niall in der realen Welt aus dem Schlaf hoch. Er schaute sich im Zimmer um. Seinem Zimmer. Das Licht draußen vor dem Fenster zeigte ihm, dass es Abend geworden war, während er geschlafen hatte. Er legte eine Hand auf Irials Stirn, um zu prüfen, ob das Fieber gesunken war.
Niall starrte Irial an und brüllte: »Nein!«
»Mein König?« Plötzlich stand Gabriel in der
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