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Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade

Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade

Titel: Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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Lippenring und schaute in die Luft, als schwebten dort Antworten. Dann sah er Keenan wieder direkt an und sagte: »Ich kann nicht alles sehen und die wenigsten Dinge sehe ich klar und deutlich, aber dich … dich sehe ich.«
    »Meine Zukunft?« Keenan kam sich dumm vor, während er den Elfen anstarrte, der zwischen ihm und seiner Königin stand.
    Er ist ein Seher.
    »Frag nicht«, gab Seth unwirsch zurück. »Geh zum Loft. Ich habe sie eben dort zurückgelassen, um deinen Tod zu verhindern. Wir sind jetzt also quitt.«
    »Quitt?«, wiederholte Keenan. Dem Sommerkönig wären viele Wörter eingefallen, um ihr Verhältnis zu beschreiben, aber quitt war nicht darunter. Seth war ein Kind, jemand, der noch vor kurzem sterblich gewesen war, ein Hindernis, das überwunden werden musste. Keenan dagegen hatte Jahrhunderte fast ohne Macht verbracht und trotzdem seinen Hof verteidigt – den Hof, den Seth durch seine bloße Existenz gefährdete.
    Der Sommerkönig ließ die Hitze seiner Wut in seine Stimme fließen, als er sagte: »Wir werden nie quitt sein, Seth.«
    »Du hast mir mal gesagt, du hättest meinen Tod nur deshalb nicht angeordnet, weil Ash sonst außer sich geraten wäre. Ich bin hergekommen, um dich vor dem Tod zu bewahren. Deshalb sind wir quitt .« Seth sprach leise, aber die Elfen um sie herum waren Hunde. Sie hörten besser als die meisten anderen, und auf diese Entfernung stellte das nicht mal eine Herausforderung dar.
    Also versuchte Keenan gar nicht erst, die Stimme zu senken. »Dich zu töten, wäre damals nicht richtig gewesen. Wenn du gestorben wärst, hätte sie getrauert – was sie aber auch so getan hat, während du im Elfenreich warst.« Keenan trat näher an Seth heran. Die Reste seiner nicht vollständig abreagierten Wut trieben ihn an. »Du bist weggegangen. Aus freien Stücken. Sie hat in deiner Abwesenheit monatelang getrauert. Sie hat gelitten, und ich war ihr ein Freund. Ich habe gewartet. Ich war über Monate lediglich ihr Freund.«
    »Während derer du wusstest, dass ich im Elfenreich war.«
    Keenan zuckte mit den Schultern, beschloss aber sofort, das nicht so bald wieder zu tun. Er unterdrückte mühsam den Schmerz und erwiderte: »Wenn dein Tod das Problem gelöst hätte, hätte ich dich umgebracht. Wenn du im Elfenreich geblieben oder umgekommen wärst, wäre es deine Entscheidung gewesen. Warum sollte ich Sorcha den Tod eines Sterblichen verübeln, der mir im Weg ist?«
    »Schon klar. Ich bin aber kein Sterblicher mehr.« Seth zeigte ihm auf deutlich nicht menschliche Art die Zähne.
    »Aber du bist mir immer noch im Weg.«
    »Du mir auch«, murmelte Seth.
    Sie standen einige Sekunden schweigend voreinander, dann schüttelte Seth den Kopf. »Du musst jetzt zu Ash gehen; und ich zu Niall … Ich bin Sorchas Erbe und …«, er schaute einen Moment lang verlegen drein, »das heißt, dass ich nicht immer das tun kann, wonach mir gerade ist.«
    »Das kann keiner von uns«, erwiderte der Sommerkönig. Damit drehte er sich um und entfernte sich in einer solchen Geschwindigkeit, dass die Sterblichen in ihrer Umgebung sich an den Hals fassten und sich die Haare aus den Augen strichen. Einige schauten sich neugierig um und suchten nach der Ursache des Windstoßes, der den Staub von der Straße aufwirbelte.

Sechzehn
    Inzwischen hatte Niall auch den letzten Rest seiner inneren Stabilität verloren. Die Zeit kam aus dem Takt und fand ihn dann wieder. Er betrat ein selten genutztes Zimmer. Elfen krochen durch Unrat. Ein Feuer brannte und fraß ein Sofa, oder vielleicht war es auch ein schmales Bett; das war in dem Rauch schwer zu sagen. Offensichtlich hatte eine Art Kampf stattgefunden.
    Wurden wir angegriffen?
    »Verriegelt die Türen.« Er zog ein Messer aus dem Futteral an seinem Fußgelenk und betrachtete das heillose Durcheinander im Zimmer. »Postiert an jedem Fenster eine Wache.«
    »Das haben wir bereits«, erwiderte ein zitternder Distelelf. Irgendetwas war mit ihm geschehen, denn sein Arm war in die falsche Richtung abgeknickt.
    »Sie ist nicht im Haus? Bananach?«
    »Nein, mein König«, versicherte ihm ein anderer Elf. »Sie ist nicht hier.«
    »Ich lasse nicht zu, dass sie euch etwas tut.« Niall ließ seinen Blick über die misshandelten Elfen im Raum gleiten. »Niemand geht von hier weg.«
    »Ja, mein König«, sagten sie.
    Er spürte ihre Angst, ihre Sorge und ihre Verzweiflung. Sie füllte den Raum ebenso wie der dichte Rauch von dem schwelenden Möbelstück. Der König der

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