Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
vor. »Ich würde mich selbst anbieten.«
Far Dorcha erhob sich, ließ seine Hände aber auf dem Stuhl liegen. »Bist du sicher? Sie besitzt immerhin einen Teil seiner Unsterblichkeit.«
»Nicht Leslie …« Nialls Worte verklangen und der Tisch verschwand.
»Dann sind wir hier fertig«, sagte Far Dorcha. »Sie hätte es getan, wenn du sie darum gebeten hättest, und ich akzeptiere nur freiwillige Opfer und solche, um die es dir leidtun würde.«
»Es gibt zahlreiche Elfen an meinem Hof, die sich …«
»Nicht aus freiem Willen.« Far Dorchas Blick schoss zu Seth, den er bis jetzt vollkommen ignoriert hatte. »Würdest du mir auch ihn anbieten? Sorchas Kind?«
Niall verzog höhnisch das Gesicht. »Er würde sich nicht freiwillig anbieten.«
»Und wenn er es tun würde? Würdest du um ihn trauern?«
»Du versuchst, mich abzulenken.« Nialls Verstand vernebelte sich. »Sag mir, wie ich Irial zurückbekommen kann. Der Hof braucht ihn.«
»Nein«, sagte Far Dorcha.
Im nächsten Augenblick stand Niall da und starrte auf seine eigene Hand hinab – und auf das Messer darin. Zwischen den Worten, die er gehört hatte, und dem Moment, in dem er sich nun befand, hatte er Far Dorcha sein Messer bis zum Heft in den Bauch gerammt. Er erinnerte sich nicht mehr daran, aber das Messer und die Hand gehörten ihm.
»Ich wünschte, du würdest das lassen. Das hat noch nie etwas gebracht.« Far Dorcha griff nach unten, legte seine Hand auf Nialls und schob Hand und Messer von sich weg.
»Was …« Niall betrachtete das Messer in seiner Hand; er ließ es los und es fiel scheppernd zu Boden.
»Du hast ein tadelloses Hemd ruiniert.« Far Dorcha winkte fordernd mit den Fingern. »Gib her.«
»Was?« Niall blinzelte und wurde sich bewusst, dass er nun Far Dorchas Kehle umklammert hielt. Er schaute auf seine Hand und sah dann Far Dorcha an. Schließlich ließ er ihn vorsichtig los. »Was … was ist passiert?«
»Gib mir dein Hemd.« Far Dorcha zog sein zerrissenes Hemd aus. »Dieses hast du ruiniert.«
Niall schüttelte den Kopf. »Du bist verrückt.«
Far Dorcha schnaubte. »Du hast auf den Tod eingestochen, Kleiner. An deiner Stelle würde ich mich mit Beleidigungen zurückhalten.«
Er warf Niall sein Hemd zu, der es reflexartig auffing. »Es ist kalt.«
Niall legte seinen Mantel ab. Dann zog er sich sein Hemd über den Kopf und schleuderte es Far Dorcha vor die Füße. »In Ordnung.«
Far Dorcha sah erst das Hemd an und dann Niall. »Versuchst du, mich wütend zu machen?«
»Ich bin der König der Finsternis.« Nialls Stimme war fest. Trotz seiner seltsamen Gedächtnislücken würde er seine Angst nicht zeigen.
Gerade deswegen nicht.
»Und?«
»Ich bitte dich, mir zu helfen.«
»Die tote Königin«, Far Dorcha runzelte die Stirn, »die letzte, die gestorben ist. Beira. Sie hat mich auch darum gebeten.«
Seth begann: »Niall …«
»Nein!«, unterbrach Far Dorcha ihn. »Du hältst den Mund, es sei denn, du legst es darauf an, mich zu verärgern. Ich habe deine Liebste getroffen. Und ich bezweifle, dass es dir gefallen würde, wenn ich ihrem Haus oder dem deiner Mutter einen Besuch abstatte.« Dann sagte er zu Niall: »Die tote Winterkönigin hat mich gebeten, einen Toten wieder lebendig zu machen. Sie wollte, dass ich den Sommerkönig, den sie getötet hatte, wieder herausgebe. Dir sage ich dasselbe, was ich ihr gesagt habe: Es geht nicht.«
»Es muss einen Weg geben«, bettelte Niall. »Ich spüre, dass ich … vom Wahnsinn bedroht bin. Mein Verstand … Bitte.«
Far Dorcha hob Nialls Hemd vom Boden auf und schüttelte es aus. »Es gibt Regeln, sogar für Elfen. Der tote König befindet sich nicht in meinem Einflussbereich.«
Der König der Finsternis umfasste erneut Far Dorchas Kehle. »Du bist der Tod. Du kannst … helfen.«
»Werde ich aber nicht.« Far Dorcha schubste den König der Finsternis von sich weg. »Es wäre unklug von dir, mich noch einmal zu belästigen. Du kennst die Regeln. Der Tod kann sich den Lebenden nicht enthüllen, und die Lebenden können den Tod – und die Todeselfen – nicht zwingen, sich ihnen zu beugen.«
Dann kniff der Dunkle Mann die Augen zusammen. »Und ganz gleich, was für alberne Spielchen du hier spielst, du kannst die Regeln nicht außer Kraft setzen, es sei denn, du möchtest, dass die, die du beschützen willst, sterben. Du bist in diese Situation hineingeraten, nun musst du auch damit fertigwerden.«
»Was?« Niall blinzelte. »Welche
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