Sommerlicht, und dann kommt die Nacht: Roman
zusammengepresst hatte, nachdem er in sie eingedrungen war. Gier drückt der Tango aus, oder Begehren, das dunkle Haar fiel Davið in die Stirn, die Geige zuckte krampfhaft, Harpa blickte auf, endlich blickte sie auf, wahrhaftig, sie sah auf und griff nach ihrem Weinglas und leerte es. Davið spielte weiter, der Abend ging herum, sie sah jetzt öfter zu ihm hinauf, und jedesmal erwischte es eine Saite, eine in seinem Herzen und eine auf der Geige, dann kam die Nacht, und Davið und die Geige lagen in einem Haus, Harpa und ihr Mann in einem anderen, sie schliefen miteinander, und sie dachte dabei die ganze Zeit an Davið.
Vier
Tekla, klingt nach einem Automodell, aber Tekla ist kein Auto, sondern der Name einer Märtyrerin, die vor zweitausend Jahren lebte und dem Mann eine runterhaute, der sie vergewaltigen wollte; da er aber ein einflussreicher Mann war und die Welt von Männern regiert wurde, verurteilte man sie zum Tode und warf sie einer Löwin zum Fraß vor, die aber beim Anblick Teklas augenblicklich lammfromm wurde und ihr die Füße leckte. Da ließ man Tekla frei, sie lebte zweiundsiebzig Jahre in einer Höhle, furchtsame Gemüter pilgerten zu ihr, und sie gründete ein Kloster. Das steht alles auf der Speisekarte. Wenn Tekla heute lebte, würde sie vielleicht in die Politik gehen und die Welt verändern, das heißt wenn die Macht nicht vorher sie verändern würde, denn Macht ist etwas Unvergleichliches, sie lullt selbst die wildesten Visionäre mit ihren Wiegenliedern ein und macht sie zu Hündchen, die ihr nachlaufen, aber es war ein toller Abend für den ganzen Ort. Wir gingen satt, angesäuselt und selig nach Hause, es war fast noch besser als ein Ball, kein Ärger, keine Prügeleien, keiner kotzte; fast als wären ganz andere Leute als wir unterwegs. Wir gingen nach Hause und widerriefen all das Abfällige, das wir über Elisabet gesagt hatten.
Doch was die Nacht verdeckt, bringt der Tag ans Licht. Wir erwachten von Hammerschlägen in unseren Schädeln und dem Lärm im Kinderfernsehen, schluckten Aspirin, machten den Kindern Frühstück, fanden zusammengeknüllte Kreditkartenquittungen in den Taschen und kämpften unser Gedächtnis durch problematische Ziffern und Stunden. Die zehn Hände hatten sich bei Tekla nicht blicken lassen. So weit kommt’s noch, erklärten sie einstimmig, marschierten aber Montagfrüh aufs Landratsamt. Es gibt nicht viel auf dieser Welt, das schöner ist als Freundschaft, vielleicht macht sie sie vor allem anderen bewohnbar, jedenfalls band sie die zehn Hände zusammen, und damit waren sie eine Macht im Dorf, es war kein Zuckerschlecken, sich mit ihnen anzulegen. Allerdings hilft Freundschaft nicht immer, denn einige Wochen nach dem Treffen mit dem Landrat befand sich eine von ihnen allein zuhause, es war nicht einmal Abend, sondern heller Tag, aber sie ließ warmes Wasser in die Badewanne ein und holte ein Teppichmesser, die bekanntlich sehr scharf sind, legte sich in die Wanne und schnitt sich ohne zu zögern die linke Pulsader durch, dann die rechte. Sie sah das Blut ins Wasser strömen und dachte vielleicht, das ist also die Farbe des Lebens. Glücklicherweise kam ihr Mann, der bei der Fernwärme arbeitet, wegen einer Magenverstimmung vorzeitig nachhause.
Warum?, fragten ihre Freundinnen schockiert.
Ich weiß nicht, gab sie zurück und blickte auf die Verbände um ihre Handgelenke, ich habe wirklich keine Ahnung, das Einzige, was ich weiß, ist, dass ein Brechanfall mein Leben gerettet hat. Sie sah auf und fing an zu lachen, hörte damit auf und begann, hemmungslos zu weinen, doch da warteten vier Paar Arme auf sie. Das war schön und herzlich, und wir wollen den Augenblick nicht dadurch trüben, dass wir behaupten, es gebe so manches im Leben, um das eine Umarmung nicht ganz herumreicht. Noch aber war es weit bis zu jenem Donnerstag und dem blauen Teppichmesser, als die zehn Hände geradewegs ins Büro des Landrats stürmen wollten wie ein Sondereinsatzkommando ehrbarer Tüchtigkeit, Asdis aber sagte: Er ist beschäftigt.
Ist uns schnurzegal.
Ich weiß, aber ihr müsst trotzdem Platz nehmen und warten.
Wir warten überhaupt nicht.
Nanana, machte Asdis, und sie setzten sich, bei Asdis musste man vorsichtig sein, sie hatte schließlich versucht, ihren Mann mit der Schafspistole zu ermorden, sein Auto in Brand gesetzt und außerdem bedeutenden Einfluss auf den Landrat, von daher war es durchaus ratsamer, sie auf seiner Seite als gegen sich zu haben, also setzten
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