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Sommerlicht, und dann kommt die Nacht: Roman

Sommerlicht, und dann kommt die Nacht: Roman

Titel: Sommerlicht, und dann kommt die Nacht: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson , Karl-Ludwig Wetzig
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nachgedacht. Sie in den Keller stellen, nehme ich an.
    Aha, ich würde sie nämlich gern kaufen.
    Elisabet stellt ihre Bemühungen am s ein und schaut nach unten, lange genug, dass ihr das lange Haar vors Gesicht fällt und es verhüllt, als wäre sie plötzlich in einen dunklen Abend eingetaucht. Sie streicht sich die Finsternis aus dem Gesicht und sagt: Zehntausend Kronen pro Buchstabe.
    Zehntausend!, ruft Gaui und blickt die Umstehenden an. Das ist unverschämt!
    Zwölftausend, sagt Elisabet.
    He, he!, ruft Gaui und hebt die Arme. Eine halbe Stunde später holt Asi die Buchstaben ab und bringt sie zur Kanzlei seines Bruders, wo sie an der Wand aufgehängt werden. Elisabet schickte derweil Jónas mit einem Eimer Farbe auf die Leiter, und er malte oben mit gelben Buchstaben auf die Wand: TEKLA.
    Dann wurde eröffnet.
    Natürlich war das eine große Sache, noch nie hatte es hier ein Restaurant oder eine Gastwirtschaft gegeben, lediglich den Kiosk am Kaufladen mit seiner Fritteuse, wenn man da hinging, brauchte man sich gar nicht erst die Mühe zu machen, die guten Sachen anzuziehen, wir haben leider ohnehin so selten Gelegenheit dazu, zwischen einer Beerdigung und dem nächsten Ball können Monate ins Land gehen, und da eröffnet Elisabet ein Restaurant. Sie machte einen Aushang im Laden: Tekla eröffnet am Freitag, dem 4. September. David wird für die Gäste auf seiner Mundharmonika und seiner Geige aufspielen. Tischreservierungen unter der Nummer 434 1405 erbeten. Darunter hingen Speise- und Weinkarte. Das Speisenangebot gefiel uns ganz hervorragend, es gab Geflügel, Lamm- und Schweinefleisch mit ungewöhnlichen, teils exotischen Beilagen, die Weinliste aber setzte allem die Krone auf, schließlich war es gerade erst zwei Jahre her, seit eine Filiale des staatlichen Monopolladens bei uns eröffnet worden war, und jetzt konnte man einfach hineinspazieren und nach Herzenslust Wein bestellen! Wir wurden ganz schwindlig vor Freude. Himmeldonnerwetter, was konnte man sich jetzt die Kante geben! Natürlich platzte der Laden am ersten Abend aus allen Nähten, auch ein ganzer Rattenschwanz von Leuten aus dem Umland fand sich ein; sie hatten sich in der Wanne eingeweicht und hinterher in Parfüm und Rasierwasser gebadet, um den Duft von Schaf- und Kuhstall zu überdecken. Davið saß auf einem Barhocker und hauchte in seine Mundharmonika oder führte den Bogen sacht über die Saiten, wir hatten gar nicht gewusst, dass er Geige spielen konnte. Wer Geige spielt, scheint ein größeres Herz zu haben als andere. Es war ein wunderbarer Abend. Der Wind schlummerte hinter den Bergen, nach der übermäßigen Helle des Sommers kehrten allmählich die Sterne zurück. Zwar bekommen wir mit dem Frühling den Gesang der Vögel, müssen dafür aber mit dem Verlust des Sternengefunkels bezahlen; erst im Herbst kehrt es zurück. Was von beiden ist besser? Das Vogelgezwitscher scheint manchmal aus reiner Freude gewebt zu sein, aus freudigem Jubilieren, dazwischen aber auch aus Melancholie, und es nistet sich in unserer Brust ein. Wenn wir zu den Sternen aufblicken, fühlen wir uns dagegen nicht selten einsam, ihr Blinken ist eine ferne Hoffnung. An diesem Abend dachten allerdings nicht viele an Einsamkeit oder Sterne, obwohl der Himmel sein Sternentuch aufspannte. Nur der Astronom wanderte zum Ort hinaus. Warm angezogen und mit heißem Kaffee in der Thermoskanne hockte er sich auf einen eisigen Felsen und verfasste einen Brief auf Latein, ab und zu tunkte er den Füllhalter in den schwarzen Abstand zwischen den Sternen, während sein Sohn die Geige streichelte wie eine Geliebte. Manch einer beeilte sich, einen leckeren Bissen schnell hinunterzuschlucken, um laut Bravo zu rufen, doch die Welterfahreneren unter uns lächelten etwas gequält über diese Hinterwäldlermanieren, denn wie man wissen sollte, wird Musikern weder in der Kirche noch Restaurants applaudiert, so viel haben beide Orte immerhin miteinander gemeinsam. Davið lächelte denn auch verlegen und spielte weiter. Mitunter blickte er nach links, denn dort saß Harpa mit ihrem Ehemann und einem befreundeten Paar an einem Tisch, doch Harpa schaute nicht zurück, als hätten sich ihre Lippen nie berührt, und was sonst noch, du liebe Güte, ich kann ja an nichts anderes denken, dachte Davið, und die Geige schluchzte leicht, seufzte und holte dann Schwung, um in einen argentinischen Tango überzugehen. Er dachte an ihre Lippen, an ihren Atem, wie sie ihn an sich und die Beine

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