Sommerliebe eine Anthologie aus 8 sinnlich-romantischen, humorvollen und erotischen Gay -Love -Storys (German Edition)
Denken, mein Fühlen. Er war nicht nur ein kuscheliges Klammeräffchen, nein, er war eine Art Virus. Infizierte mich auf Lebenszeit. Tief in meinen Inneren wusste ich, dass es zwecklos war, sich zu wehren. Aber noch wollte ich nicht aufgeben. Noch sah mein Verstand eine winzig kleine Chance, irgendwie aus dieser Situation heraus zu kommen, zurück in mein altes Leben schlüpfen zu können. Wenn er doch nur endlich von der Tür verschwand! Wenn er gehen würde, dann… ja dann….
Aber er ging nicht. Ich wusste es! Ich konnte die Klettverschlüsse auch durch die Tür spüren. Seine Arme waren im Grunde immer noch ganz dicht um meinen Hals. Der Vertrag war noch nicht beendet. Wir konnten ihn gar nicht beenden. Ich hatte die Verantwortung… „Na, da hast du ja ein süßes Baby adoptiert!“, sagten meine Freunde. „Du kannst ihn nicht ficken und dann wegschicken! Du hast die Verantwortung!“ Und seine braunen Augen sahen mich an: „Kümmere dich um mich!“
Scheiß auf die Verantwortung! Ich wollte sie nicht übernehmen! Nicht für ihn und auch für niemanden sonst! War nicht jeder für sich allein verantwortlich? Sollte nicht jeder allein zusehen, was er mit seinem Leben machte? Sollte nicht jeder selbst entscheiden, wohin die Reise ging? Aber er war ja noch so jung! Seine Eltern waren früh gestorben. Er lebte bei seinem Bruder. Ein herrenloses Klammeräffchen und anscheinend führte ihn seine Reise zu mir!
Schon eine ganze Weile war es still an der Tür. Hatte er tatsächlich aufgegeben? Mein Herz zog sich auf einmal krampfhaft zusammen. Es war schon lange nicht mehr nur ein einfacher Muskel. Levi hatte mehr daraus gemacht, hatte dafür gesorgt, dass auch mein Herz plötzlich ein Mitspracherecht einforderte.
Er sollte noch nicht aufgeben. Kämpfe noch ein wenig für uns! Aber es war so still da draußen!
Mühsam erhob ich mich. Meine Beine waren ganz taub. Ich schüttelte sie ein wenig, aber da kam der Schmerz erst so richtig zum Vorschein. Tausend Nadelstiche! Dazu eine immer deutlicher werdende Panik. Ich versuchte den Schmerz und die Panik zu ignorieren und ging zur Tür. Verwirrt und auch ein wenig ängstlich starrte ich in den Spiegel, der neben der Flurgarderobe hing. Ich hatte einen Scheißtag hinter mir und man konnte es wirklich deutlich sehen. Meine grünen Augen sahen finster aus. Ich hatte mich nicht rasiert und ich hasste es, wenn die roten Barthaare zum Vorschein kamen. Auf dem Kopf war es in Ordnung. Da hatte ich mich schon längst an das Rot gewöhnt. Es gefiel mir sogar, dass sie nicht mehr ganz so kurz waren. Aber die Bartstoppeln sahen schrecklich aus. Wenigstens traten in dieser Jahreszeit die Sommersprossen nicht so deutlich hervor. Levi hatte mal angefangen, sie zu zählen. „Sieben!“, hatte er strahlend gesagt. „Sieben?“, fragte ich ungläubig. „Na ja, ich komme immer nur bis zur sieben, dann weiß ich nicht mehr, wo ich gerade war!“ Zuerst starrte ich ihn einfach nur an, aber dann konnte ich nicht mehr aufhören zu lachen. Bevor er in mein Leben getreten war, hatte ich nie so viel gelacht und mich so zufrieden dabei gefühlt. Was würde ich machen, wenn er wirklich weg war? Wenn er von allein die Klettverschlüsse gelöst hätte? Wenn sein kuscheliger Körper sich von mir entfernt hätte? Was machte ich dann? Er hatte mich doch schon längst in seiner Hand, hatte er schon von Anfang an. Das alles hier, das ganze lächerliche Theater… Ein letzter Versuch, mich ihm zu entziehen.
Aber warum? War es nicht besser, den Kampf zu beenden, mit der weißen Fahne langsam aus dem Schützengraben herauszukommen, um sich gnadenlos von diesen Armen, diesen extrastarken Klettverschlüsse gefangen nehmen zu lassen? Besser mit einem Feuerwerk untergehen als in einer sinnlosen Schlacht sein Leben zu verlieren!
Bevor ich meine Hand auf die Türklinke legte, hielt ich noch einmal inne und lauschte. Aber ich konnte nichts mehr hören. Mein Herz schlug laut und unglaublich schnell, als ich die Tür öffnete. Ich hatte tatsächlich die Augen geschlossen, hielt die Luft an. Erst als die Tür ganz offen war, machte ich auch die Augen auf. Aber da war niemand mehr. Kein Klammeräffchen! Mein Magen zog sich krampfhaft zusammen. Ich keuchte auf. Krümmte mich, weil ein unglaublicher Schmerz wie ein Blitz durch meinen Körper fuhr. WEG, ER war WEG! Ich hatte ihn verloren!
Dann fiel mein Blick nach unten… Aber nein! Natürlich gab er nicht auf! Nicht mein Klammeräffchen!
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