Sommerliebe eine Anthologie aus 8 sinnlich-romantischen, humorvollen und erotischen Gay -Love -Storys (German Edition)
vertrauen. Das gehörte dazu, wenn man sich liebte, wie sie es taten. Seufzend trat er vom Fenster weg, durch das er die Vorbereitungen in der Mitte der Wagenburg beobachtet hatte.
Er biss sich auf die Zungenspitze.
„Bereust du es?“, hörte er sich selbst fragen. Er fürchtete die Antwort.
Tandur blickte überrascht auf und schüttelte wild den Kopf: „Nein. Natürlich nicht. Sonst wäre ich nicht zurückgekommen, oder? Ich weiß, warum ich hier bin.“ Er lächelte breit, als würden sie nicht in einen engen Wagen eingesperrt darauf warten, dass sich ihr Schicksal erfüllte. Als würde er sich nicht fragen, ob sie es schaffen konnten. Aber gerade diese Zuversicht in Tandurs Blick tat gut. Bjanar nickte und fühlte sich besser. Bedeutend besser. So viel besser, dass auch er lächelte, als sie gegen Mittag geholt wurden.
Die Sippe erwartete sie in ihren schönsten Kleidern, behangen mit Schmuck und aus Efeu geflochtenen Kränzen. Sazza und Bjanars übrige Schwestern hatten Tränen in den Augen. Seine Mutter stand Arm in Arm mit Tandurs Mutter. Die schwarze Farbe, die ihre Augen umrahmte, verlief unter verräterischer Feuchtigkeit und benetzte ihre Wangen.
Die Zigeuner bildeten eine breite Gasse. Zu ihren Füßen lag Salz im Gras, das Bjanar und Tandur Glück bringen sollte. Sie traten aus dem Wagen und gingen gemeinsam zu den Feuern, wo Bjanars Urgroßmutter sie erwartete. Sie trug einen Umhang aus Rabenfedern und lachte, als die jungen Männer ihr mit verschlungenen Händen entgegen traten. Es war dasselbe glucksende Lachen, das Bjanar gehört hatte, als Tandur mit Rauch und Schwefel ihre gestrige Vorstellung störte. Zweifelsohne hatte sie seine Scharade als Erste durchschaut. „Ihr seid böse Kinder, ihr Küken“, lächelte die Hiljahi mit ihrem zahnlosen Mund und drohte ihnen mit dem Zeigefinger. „Ihr verachtet die Traditionen unserer Sippe und fallt in Fleischeslust übereinander her, obwohl ihr keine Gefährten seid. Schämt ihr euch nicht?“ Weder Tandur noch Bjanar wagten es, etwas zu erwidern. Denn eine ehrliche Antwort konnten sie sich nicht erlauben. Keiner von beiden schämte sich.
Aber die Hiljahi kannte ihre Gedanken und grinste: „Nein, natürlich schämt ihr euch nicht. Ihr wart schon immer verrückt nacheinander.“ Die Menge lachte, bis sie mit einer herrischen Handbewegung zur Ruhe gebracht wurde. Das runzlige Gesicht der Alten wurde feierlich, als sie ihrem Urenkel und seinem Liebhaber in die Augen sah: „Ihr habt einen Makel auf euch geladen, den wir nun beheben wollen. Ihr wisst, was das bedeutet?“
Bjanar suchte Tandurs Blick und fand dort dieselbe Zuneigung, die er empfand. Ihn schauderte ob der Tragweite dieses Augenblicks, als sie nickten. Tandurs Daumen streichelte seinen Handrücken.
„Ihr fühlt euch bereit?“
Ja. Sie hatten lange genug gewartet. Nun waren sie bereit, um den Bund zu vollziehen, um ihr Blut auszutauschen, um ein gemeinsames Handwerk anzunehmen und von nun an einen Wagen zu teilen – als Gefährten bis ans Ende ihre Tage.
Die Hiljahi stieß ein schrilles Kollern aus: „Dann habt ihr meinen Segen: Es sei!“
Damit setzten die Trommeln ein und zerrissen das gebannte Schweigen in der Wagenburg. Tandur stieß einen wilden Freudenschrei aus und zog Bjanar lachend in den Kreis ihrer Sippe. Sie fassten sich an den Schultern und begannen sich um die Feuer ihrer Heimstatt zu bewegen. Ihre Gesichter kamen sich mit jedem Schritt näher, bis sie sich küssten. Es war es eine Erleichterung, ihre Liebe nicht länger vor den Blicken ihrer Familien verbergen zu müssen. Zu wissen, dass sie von nun an als Paar durch die Welt schreiten würden und niemand ihre Verbindung anzweifelte.
Die Feierlichkeiten dauerten bis spät in die Nacht hinein. Wein tränkte ihre Kehlen und zu späterer Stunde, als der Gang des ein oder anderen unsicher wurde, auch das Gras im Zentrum ihres Lagers. Die kostbaren Gewürze aus dem fernen Süden kamen zum Einsatz, um aus einem geschlachteten Lamm ein Festmahl zu schaffen, das eines Königs gerecht wurde. Flammen jagten in den sommerlichen Nachthimmel, als ein paar junge Burschen auf die Dächer der Wagen kletterten und Feuer spuckten. Bjanar tanzte nacheinander mit all seinen Schwestern, seiner zukünftigen Schwiegermutter, mit sich selbst und mit Tandur.
Als die ersten Singvögel das nahe Morgengrauen mit ihrem Zwitschern ankündigten, waren Bjanars Beine schwer wie Blei. Statt ausgelassen um die Feuer zu springen,
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