Sommermaerchen
tot.“
„Das hast du mir bereits gesagt“, sagte Charles, verärgert, dass Jack dieses Thema erneut zur Sprache brachte.
„Ich habe übrigens eine Antwort vom Kriegsministerium hinsichtlich Milbanks erhalten. Ich weiß nicht, wie sie lautet, aber ich denke, es könnte dich interessieren.“
Jack griff in seine Tasche, holte einen Brief hervor und legte ihn auf den Tisch.
Charles schaute den versiegelten Umschlag einen Augenblick unverwandt an, ehe er danach griff und ihn in die Tasche steckte. Dies tat er allerdings nur, um Jack zu beschwichtigen. Er hatte nicht die Absicht, diesen verflixten Brief zu lesen. „Danke, ich werde zu Hause einen Blick darauf werfen.“
Sein Freund glaubte ihm nicht, beließ es aber dabei. „Wann wirst du also abreisen?“
„Ende der Woche. Freitag.“ Charles traf die Entscheidung unwillkürlich. Zwar hatte er nicht vorgehabt, so bald schon zu fahren, doch kaum waren die Worte aus seinem Mund, fühlte er sich besser.
„Und wann darf ich dich zurückerwarten? In zwei Wochen oder einem Monat?“
Charles erhob sich. „Wenn ich dich nicht vorher zu einem Besuch einlade.“
Jack hob amüsiert eine Augenbraue. „Ach, hast du das etwa vor?“
„Nein, Davenport, habe ich nicht.“ Mit knappen Worten verabschiedete er sich. In Gedanken saß er bereits in der Kutsche und war auf dem Weg zu seiner Gemahlin.
28. KAPITEL
Charles dachte während der ganzen Fahrt nach Pelham House an Beatrice. Sie waren diesmal einvernehmlich auseinandergegangen, und er hatte ihr geschrieben, also musste er sich nicht sorgen und konnte mit einem freundlichen Empfang rechnen.
Kaum hielt die Kutsche vor dem Haus, sprang er auch schon aus dem Wagen und eilte die Stufen zur Tür hinauf.
„Wilson!“, rief er, als er in die dunkle Halle trat.
Er erhielt keine Antwort, also ging er weiter ins Speisezimmer. Es war Dinnerzeit, weshalb er vermutete, Beatrice dort anzutreffen. Am Tisch saßen indes Wilson und Mrs Hester und spielten Karten. Schuldbewusst standen sie auf.
„Guten Abend, ich konnte meine Angelegenheiten früher erledigen.“ Charles sah sich suchend im Zimmer um. „Wissen Sie, wo sich meine Gattin aufhält?“
Mrs Hesters gerötetes Gesicht erbleichte. „Ihre Gattin?“
„Ja“, antwortete Charles, bemüht sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen. „Lady Pelham. Wo ist sie?“
Wilson und Mrs Hester tauschten einen verwunderten Blick, dann ergriff der Butler das Wort. „Lady Pelham ist nach Hampshire gereist, vor etwa zwei Wochen.“
Charles verharrte reglos. „Warum?“, fragte er. Seine Stimme hatte plötzlich einen ungewollt ruppigen Ton, den er gar nicht von sich kannte.
„Sie wollte ihre Familie besuchen“, erklärte Wilson.
„Der Brief muss in der Post verloren gegangen sein“, meinte Mrs Hester.
„Sie hat mir also geschrieben?“
Die Haushälterin runzelte die Stirn. „Das nahm ich zumindest an ...“ Dann wandte sie sich an Wilson. „Jetzt ergibt das einen Sinn, nicht wahr?“
Wilson nickte. Charles schaute verwirrt zwischen den beiden hin und her. „Was ergibt Sinn?“, fragte er ungeduldig.
„Wir haben uns gefragt, was so wichtig sein kann, dass Sie Lady Pelham in ihrem Zustand allein lassen. Aber Sie wussten es wohl nicht.“
Charles kam sich vor, als hätte man ihm einen Schlag in den Magen versetzt. Beatrice hatte ihn verlassen, obwohl er ihr gesagt hatte, wann er zurückkommen würde.
Ungefähr, jedenfalls. Und wovon um Himmels willen sprach Mrs Hester? Welcher Zustand? War Beatrice krank? War sie deshalb abgereist?
„Fühlt sich Lady Pelham nicht wohl? Warum hat man mich nicht informiert? Ihr ging es gut, als ich abreiste.“
„Sie müssen sich keine Sorgen machen, Mylord. Das ist ganz normal. Als meine Jane zum ersten Mal freudiger Erwartung war ...“, meinte Wilson.
„Welcher Erwartung? Wovon reden Sie?“, meinte Charles barsch. Wieso soll ich mir keine Sorgen machen, wenn sich Beatrice den ganzen vergangenen Monat offenbar nicht wohlgefühlt hat?!
Mrs Hester und Wilson schauten ihn überrascht an, und plötzlich verstand Charles, wovon sie sprachen. Oh Gott!
Benommen ging er an den beiden vorbei die Treppe hinauf in sein Zimmer – ihr Zimmer. Er schloss die Tür, sank auf den Boden und stützte den Kopf in die Hände.
Sie erwartete sein Kind.
Er würde Vater werden. Er sollte sich glücklich fühlen. Jeder normale Mensch würde sich glücklich fühlen. Er aber wusste nicht, wie er auf diese Nachricht reagieren sollte. Er
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