Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
Vom Netzwerk:
dürfen. Doch Ben war da strikt. Entweder er oder niemand. Seine jetzige Situation stellte da eine einmalige Ausnahme dar. Es war nur vernünftig, dass er sich nicht selbst hinter das Steuer setzte.
    Nick rollte rückwärts aus der Einfahrt, schlug kräftig links ein und fädelte sich in den Verkehr auf der Elbchaussee. Ben starrte aus dem Fenster zur Elbe hinunter. Dabei durchzogen ihn noch einmal die Erinnerungen an den Streit. Noch immer konnte er sich nicht vorstellten, dass dieser Anlass genug dafür war, dass der Blonde sich plötzlich nicht mehr blicken ließ. Bis zur letzten Minute hatte Ben geglaubt, Alex würde jeden Moment auf die Einfahrt stürmen, um ihn von seiner Heimreise abzuhalten. Doch so war es nicht gekommen. Diese Erkenntnis war schmerzhaft. Schmerzhafter als die sichtbaren Wunden in seinem Körper. Er fühlte sich nicht wie auf der Fahrt nach Hause, bei der sich das menschliche Gewohnheitstier nach Wochen der Erholung auf den Geruch der eigenen vier Wände freute. Er fühlte sich nicht, als ließe er etwas hinter sich, das er als positive Erinnerung zurücklassen und mit den Jahren vergessen würde. Nein. Er fühlte sich unwohl und gefangen in seinem eigenen Auto. Er wollte nicht zurück nach Flensburg. Nicht jetzt. Dort würde sich die Welt einfach weiterdrehen und das mindestens so schnell, wie die Landschaft an seinem Seitenfester vorbeizog.
    Ben seufzte, beugte sich dann vor und schaltete das Radio an. Er hoffte, dadurch auf andere Gedanken zu kommen und das unangenehme Schweigen zu brechen. Im Radio lief ein Song von Muse . Es war der Song. Der Song, den er schon einmal gehört hatte, als er die Villa verlassen und Alex nur noch als einen Teil seiner Vergangenheit angesehen hatte. Bens Gesicht verzog sich. War das ein Zeichen?
    I want to reconcile, the violence in your heart
    I want to recognize, your beauty's not just a mask
    I want to exorcise, the demons from your past
    I want to satisfy, the undisclosed desires in your heart
    Ben lehnte sich in seinem Sitz zurück und blickte nach draußen, während er den gesungenen Worten lauschte. Dann schloss er seine Augen. Das Lied verschaffte ihm eine Gänsehaut. So, wie es Lieder immer taten, wenn man sie mit bestimmten Situationen oder Szenen eines Lebens verband.
    You trick your lovers
    That you're wicked and divine
    You may be a sinner
    But your innocence is mine
    Please me
    Show me how it's done
    Tease me
    You are the one
    Dann folgte wieder der Refrain. Unbewusst wippte er mit dem Bein. Als er sich dabei an eine ganz persönliche Szene zurückerinnerte, bildete sich ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. An seinem inneren Auge zogen die Bilder der Vergangenheit vorbei und zeigten ihm, wie Alex am Fenster in der Villa stand und Ben beim Abfahren zusah. Das Ganze war geschehen, nachdem Jo Ben aus der Villa geworfen hatte. Nur deshalb, weil Alex ihm einen Diebstahl hatte anhängen wollen. Doch die Wahrheit war binnen kürzester Zeit ans Licht gekommen. Dann hatten sie sich geküsst und Jo war in die Situation hineingeplatzt. Infolgedessen hatte er seinen Sohn für schuldig erklärt. Ben hatte die Villa trotzdem verlassen. Zu jenem Zeitpunkt hatte er nicht mehr daran geglaubt, dass er und Alex noch eine Chance haben würden. Aufgegeben hätte er dennoch nie.
    Ben lauschte dem Lied und suhlte sich in den positiven Erinnerungen, die ihm geblieben waren. Lautlos formten seine Lippen den Text. Doch dann wurde die Musik ausgeschaltet und gleichzeitig per Knopfdruck seine Gedanken. Er öffnete die Augen und warf Nick, der seine Hand gerade vom Radio zog, einen verärgerten Blick zu.
    „Was soll der Scheiß, Mann?“, fuhr er ihn an.
    Er war so radikal aus seinen aufgewirbelten Emotionen gerissen worden, dass er sich einen Moment fremd in der Realität fühlte.
    Nick zuckte gelassen mit den Schultern. „Es regnet, es ist glatt“, zählte er auf, „ich kenn mich hier nicht aus und das Radio hat genervt.“
    Ben zog seine Augenbrauen zusammen.
    „Ist das dein Ernst?“, fragte er ungläubig.
    Das Verhalten passte nicht zu seinem Exfreund. Normalerweise war nämlich er es, der wie ein Chaot durch die Straßen schlitterte – ohne Rücksicht auf Verluste.
    „Nein“, erwiderte Nick. Er verkniff sich ein Grinsen.
    „Wie nein ?“, hakte Ben irritiert nach.
    „Ich will mit dir reden. Deshalb hab‘ ich die Musik ausgemacht“, antwortete Nick und zuckte gelassen mit den Schultern.
    „Und worüber?“, wollte Ben wissen.
    Er hatte keine Lust,

Weitere Kostenlose Bücher