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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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seinem Kaugummi. Wie gebannt starrte er vor sich auf die Straße. Er sah sprachlos aus, obwohl er im Alltag nicht zu der Sorte Menschen gehörte, die leicht aus der Fassung zu bringen waren.
    „Also ja?“, hakte Ben nach.
    Er kannte Nick gut genug, um zu wissen, was seine sonderbare Reaktion bedeutete. Trotzdem wollte er die Antwort aus seinem Mund hören und sie ihm nicht nur aus der Mimik ablesen müssen.
    Nick hob seine Hand und wischte sich über die Lippen. Dann lachte er verlegen auf und kratzte sich am Hinterkopf.
    „Vielleicht“, antwortete er leise.
    Ben starrte ihn an. Obwohl er die Antwort schon vor Nicks verbalen Äußerung gekannt hatte, bohrte sich nun ein unangenehmes Gefühl in seine Brust. Zeitgleich fiel jegliche Neugierde von ihm – wie ein Geschenk, das man ausgepackt hatte und dessen Inhalt einem nun unweigerlich zu Füßen lag, man sich allerdings nicht wirklich darüber freuen konnte.
    „Oh, nein …“, murmelte Ben und wandte den Blick wieder ab.
    Nick machte sofort verteidigende Gesten und holte tief Luft.
    „Ich weiß doch überhaupt nicht, ob’s noch Liebe ist! Aber du bist mir verdammt wichtig … einfach ein Teil von mir.“
    „Nick …“
    „Ich weiß, dass du mit Alex zusammen bist“, entgegnete dieser und stockte kurz. Er hob seine Hand ein letztes Mal und ließ sie gleich darauf schlaff fallen. „Das … Das weiß ich doch!“
    Ben seufzte kaum hörbar. Er blickte aus dem Seitenfenster und versuchte seine Gedanken zu ordnen.
    „Wieso hast du dann Schluss gemacht?“, fragte er ruhig.
    Sowohl die Frage als auch die Antwort waren unwichtig und taten eigentlich nichts zur Sache. Doch genau diese Frage hatte Ben sich schon so oft gestellt, dass er jetzt glaubte, den richtigen Zeitpunkt gefunden zu haben.
    Nick streckte seine Hand aus und schaltete das Radio ein. Ben sah zu ihm herüber und stellte fest, dass er gekränkt wirkte. Dennoch konterte er mit der Geste, das Radio wieder auszuschalten. Daraufhin holte Nick tief Luft und atmete sie in einem langsamen Schwall aus. Er schien zu merken, dass er sich nicht vor einer Antwort drücken konnte. Nicht jetzt. Dafür war es zu spät.
    „Da war dieser Typ“, begann er schließlich und schluckte laut.
    Bens Kinnlade klappte herunter. Fassungslos, aber kaum merklich, schüttelte er seinen Kopf. Schon diese vier Worte genügten, um ein Wirbelsturm an Emotionen in ihm auszulösen. Sie trafen ihn wie ein Messerstich mitten ins Herz.
    „Nick …“, nuschelte er benommen. „Nick, nein …“
    Er klang gequält. Die automatische Schutzfunktion in seinem Verstand weigerte sich, weitere Details hören zu wollen. Doch seine Widerstandskraft war stärker und gewann den Kampf. Deshalb ließ er Nick einfach erzählen.
    „Dieser Typ“, fuhr Nick fort, „dieser Cousin von Jana.“
    Ben lehnte sich in seinem Sitz zurück. Neben Enttäuschung wuchs ein Gefühl von Wut in ihm, das ihn unbewusst dazu anleitete, seine Hände zu Fäusten zu ballen.
    Er kannte Jana. Sie hatte ihr Studium ein Semester nach ihm begonnen. In einem Kolloquium waren sie sich das erste Mal begegnet und hatten sich über die Dauer dieser Veranstaltung miteinander angefreundet. Ben hatte sie mit zu verschiedenen Partys geschleppt. Irgendwann hatte sie ihren Cousin mitgebracht. Ein großer, schlanker Typ aus Bochum, der sie für zwei Wochen besuchte. Offenbar hatte Jana seine Homosexualität als zwingenden Grund gesehen, ihn Ben vorzustellen. Wie absurd. Als wären alle Schwule Opfer eines Komplotts, die sich bei jeder nächstbesten Gelegenheit untereinander austauschen mussten.
    „Patrick“, fügte Nick hinzu.
    „Patrick und Nick“, dachte Ben laut. „Klingt das nicht bescheuert?“ Er lachte kurz auf, bevor er seine Lippen wieder fest zusammenpresste.
    Jana hatte Patrick (Ben hatte seinen Namen bis eben längst vergessen) also zu diversen Veranstaltungen mitgeschleppt. Natürlich war er auf diese Weise auch Nick begegnet, der sich ohnehin keine Party entgehen ließ. Er und Patrick hatten sich auf Anhieb gut verstanden, weshalb Ben davon ausgegangen war, dass er nun nicht mehr als notgedrungener, schwuler Kumpel herhalten musste. Nick war Ersatz genug. Also hatte er sich wieder den Dingen gewidmet, die ihm wichtiger erschienen. Zu jenem Zeitpunkt hatte er an einer langen Hausarbeit gesessen, die bis Weihnachten fertig werden musste.
    „Und ich hab‘ euch noch einander vorgestellt“, murmelte Ben, „und euch zusammen losziehen lassen.“ Er stockte kurz, bevor

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