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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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anschließend mit der flachen Hand über die Lippen. Dann atmete er tief durch und wartete darauf, dass sich die alkoholische Wirkung beschleunigte. Immer wieder versuchte sein Verstand damit zu beginnen, seine Gedanken auseinander zu rupfen. Doch er wollte an nichts denken. Er wollte abschalten, sich müde trinken – einfach dafür sorgen, all seine Probleme für ein paar Stunden zu vergessen. Natürlich siegte dennoch das Bild von Ben in seinem Kopf. Das war immer so, wenn er zu viel trank. Deshalb stürzte er sich dann auf andere Kerle, trieb es mit ihnen und stellte sich Ben dabei vor, um zumindest eine phantasierte Nähe herzustellen, wenn sie schon nicht in der Realität existierte.
    Er würde alles dafür geben, um Ben von alledem zu erzählen, was er gerade durchmachte: von seiner Entführung, den Drohungen, seiner ganzen Misere. Doch das konnte er nicht. Er musste Ben aus der Sache heraushalten und hatte sich geschworen, dies einzuhalten. Vielleicht war das auch besser so. Er wusste nicht, wie Ben reagieren würde. Vermutlich würde er sich sofort vor lauter Sorge ins Auto setzen und nach Hamburg fahren. Und dann würde alles noch schlimmer werden. Außerdem durfte Alex nicht riskieren, dass Ben sich ein weiteres Mal gegen ihn auflehnte und die Polizei ohne sein Wissen informierte. Denn das würde ihr Aus bedeuten. Endgültig.
    „Darf ich fragen, was du da tust?“, wurde er streng aus den Gedanken gerissen.
    Erschrocken wandte er sich um und ließ beinahe die Flasche fallen, als er sich gegenüber seinem Vater wiederfand. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er ihn an, während sein Verstand nach klaren Worten suchte.
    „Wonach sieht’s denn aus?“, gab er schließlich zurück.
    Er schaffte es wieder, sich einigermaßen zu sammeln und provozierte Jo, indem er einen weiteren Schluck aus der Flasche nahm. Als er sie anschließend herunternahm und Jos entsetzten Blick auf sich spürte, senkte er den Kopf und versuchte sich an ihm vorbeizudrängeln. Doch Jo riss reflexartig eine Hand hoch und hielt ihn am Arm zurück.
    „Alexander“, sagte er dazu, „wir müssen dringend miteinander reden.“
    Er ging nicht auf den edlen Cognac ein. Das erstaunte Alex. Es hätte zu seinem Vater gepasst, ihn zunächst deswegen zu ermahnen.
    „Ich aber will nich‘ reden“, gab Alex zurück. Er lallte schon etwas. „Schon gar nich‘ mit dir.“
    Jo stellte sich vor ihn und schaute ihm fest in die Augen.
    „So geht das nicht weiter“, begann er trotzdem. „Ich will endlich wissen, was los ist.“
    „Früher hat dich das doch auch nich‘ interessiert“, lallte Alex. „Also spiel‘ dich jetz‘ nich‘ so auf!“
    Jo schüttelte fassungslos den Kopf. Er beugte sich etwas nach hinten und musterte Alex von oben bis unten.
    „Der Alkohol, deine Kleidung …“, zählte er auf. „… deine Haare. Was zum Teufel ist los mit dir?“
    Alex starrte ihn an. Jos Gesicht verschwamm vor seinen Augen. Dadurch sah er einen kurzen Moment recht komisch aus. Alex musste sich beherrschen, nicht loszulachen.
    „Mir geht’s gut“, antwortete er dann. „Danke der Nachfrage.“
    Erneut versuchte er zu gehen, und erneut hielt Jo ihn zurück.
    „Ist es wegen Ben?“, fragte er.
    Alex blieb mit gesenktem Kopf stehen. Die Frage traf mitten ins Schwarze. Ja, es war wegen Ben. Alles war wegen Ben.
    „Ich scheiß‘ auf Ben, okay?“, gab er stattdessen zurück und war lauter geworden.
    Er warf seinem Vater einen finsteren Blick zu und erhoffte sich, in Ruhe gelassen zu werden. Doch Jo schien nicht aufgeben zu wollen.
    „Was ist mit den Schulden? Gibt es die doch noch? Wirst du noch bedroht oder in irgendetwas hineingezogen?“
    Alex hätte die wahre Antwort am liebsten zurückgeschrien. Doch er riss sich zusammen, schüttelte lediglich den Kopf und antwortete mit einem schlichten „Nein“.
    „Also ist es doch wegen Ben?“, hakte Jo weiter nach.
    Und damit war er zu weit gegangen. Nun schaffte Alex es nicht länger, seine Wut zu zügeln. Er ballte seine Hände zu Fäusten und trat so nahe auf seinen Vater zu, dass dieser einen halben Schritt zurückweichen musste.
    „Es geht nich‘ immer nur um Ben, Ben, Ben …“, fuhr Alex ihn an und machte dabei wirre Gesten mit der Flasche in seiner Hand.
    Jo warf ihm einen kritischen Blick zu.
    „Das nehme ich dir nicht ab“, erwiderte er. „Gleich morgen früh werde ich mich erneut bei Kommissar Wagner melden. Vielleicht kann der dir ja weiterhelfen.“
    Die Worte hallten in Alex‘

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