Sommermond
Gesicht. Der schloss die Augen. Er wollte seine Hand heben, um die glibbrige Masse von seinen Wangen zu wischen, doch Rafael hielt ihn zu stark fest. So war er zu keiner Bewegung fähig. Wieder stieg Übelkeit in ihm auf und verursachte nun doch, dass er würgen und husten musste. Offenbar befürchtete Rafael, dass Alex sich übergeben musste, und zögerte deshalb nicht mehr länger. Brutal schubste er den Blonden von sich weg. Alex stürzte nach hinten und schlug mit seiner linken Seite auf die Mauer. Schmerzerfüllt verzog er sein Gesicht und kniff die Augen zusammen. Trotzdem sammelte er all seine Kraft und versuchte wieder aufzustehen. Doch Rafael trat sofort kräftig zu. Direkt in seinen Magen. Alex krümmte sich, kauerte sich in Vierfüßlerstellung und konnte es schließlich nicht mehr verhindern, dass bittere Magensäure in ihm aufstieg, die er vor sich in den Sand spuckte. In seinem Augenwinkel sah er, wie sich ein Beinpaar neben ihn stellte. Es war der Spanier, der erhaben auf ihn herabglotzte.
„Steh auf!“, befahl er.
Alex stützte seine Hände in den Dreck. Seine Arme zitterten. Er versuchte sich hochzuhieven, doch schon bei der kleinsten Bewegung riss ihn der Schwindel zurück. Erneut musste er sich übergeben.
„Ich hab‘ gesagt, du sollst aufstehen!“, schrie der Spanier.
Alex kniff die Augen zusammen. Er versuchte sich zu sammeln, stützte sich erneut ab, zog sich an der Mauer entlang nach oben und setzte sich. Er wischte sich den Rotz aus dem Gesicht und warf einen flüchtigen Blick in Juans Richtung. Doch der wich ihm aus. Alex ließ seinen Blick weiterschweifen und starrte zum Spanier.
„Glaub nicht, dass dein Job ein Freischein ist!“, zischte der Spanier. „Ich habe genug andere Männer. Solltest du also nicht funktionieren, machen wir dich fertig. Verstanden?“
Alex blickte fest zu ihm auf. Er wusste, dass es besser war, nichts zu erwidern. Also nickte er lediglich.
„Und jetzt zu deiner Aufgabe“, fuhr der Spanier fort. „Also. Hörst du mir zu?“
Alex senkte den Blick. Sein Magen schmerzte, sein Kopf dröhnte.
„Ob du mir zuhörst?“, wiederholte sich der Spanier nachdrücklich.
„Ja, verdammt!“, entgegnete Alex und blickte wieder zu ihm auf.
„Ich will es kurz machen“, erklärte der Spanier. Seine dunklen Lippen bewegten sich kaum, während er sprach. „Wir inszenieren einen großen Deal. Aber erst mal sorgst du weiter dafür, das Vertrauen der Russen zu gewinnen und machst deinen Job! Das braucht natürlich Zeit.“
Alex lachte gequält auf. „Zeit …“, wiederholte er und schüttelte fassungslos den Kopf. „Wie viel denn noch? Ich zieh‘ den ganzen Scheiß jetzt schon seit Wochen durch.“
„Wochen genügen nicht“, erwiderte der Spanier.
„Was soll das heißen?“, schoss es aus Alex.
„Das bedarf Monate, vielleicht auch mehr.“
Alex‘ Mund klappte auf. Fassungslos starrte er sein Gegenüber an.
„Soll das ein Witz sein?“, fragte er. „So lange kann ich die Bullen nicht von mir fernhalten. Die bohren jetzt schon ständig nach. Irgendwann fällt das alles auf. Und dann?“
„Du wirst schon dafür sorgen, dass es nicht auffällt“, erwiderte der Spanier.
Alex musste kräftig schlucken. Seine Kehle war trocken.
„Und wohin soll das alles führen?“, hakte er nach.
„Wenn du ausreichend Vertrauen gewonnen hast“, erklärte der Spanier, „wirst du den Russen Glauben machen, einer deiner ehemaligen Lieferanten sei wieder auf freiem Fuß.“ Er pausierte kurz. „Du bist der Sohn eines reichen Kerls. Dass du schon früh mit dem Koksen angefangen hast, erscheint mir in der Hinsicht als glaubwürdig genug.“
Alex verstand nur die Hälfte. Aber er wollte nicht nachfragen, sondern zunächst weiter zuhören.
„Du berichtest von deinem Kontakt zum angeblichen Dealer“, fuhr der Spanier fort. „Zu ihm hat außer dir niemand Kontakt. Der Kerl ist ein zurückgezogenes, kleines Weichei, das Schiss vor einer neuen Einbuchtung hat.“ Wieder hielt er kurz inne. „Und dann erzählst du Pawlow, dass du über diesen Kontakt zu günstigen Konditionen an Koks kommst. Pawlow wird Interesse zeigen. Immerhin geht es nicht nur um einen großen Deal, sondern um Beträge im mehrstelligen Bereich.“
„Und dann?“, fragte Alex. „Mal angenommen, die kaufen mir die Story ab … Was dann?“
„Dann wird er das Koks auf Qualität testen wollen“, erklärte der Spanier. „Aber lass das mal meine Sorge sein. Bis dahin besorg ich etwas
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