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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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sich zunehmend. Alex reizte das Ganze dennoch weiter aus.
    „Mutter wolltest du auch immer alles aufzwingen. Du hast sie zu ‘nem beschissenen Seelenklempner geschickt, statt für sie da zu sein.“
    Jo begann schwerer zu atmen.
    Alex sah ihm fest in die Augen. „Du bist ein dermaßen egozentrisches Arschloch!“, fauchte er und wollte noch weiter ausholen, doch als sein Vater plötzlich drohend die Hand hob, beruhigte er sich gezwungen.
    „Was? Willst du mich noch mal schlagen?“, fragte er. Seine Stimme zitterte.
    Ungehemmt trat er einen Schritt näher auf Jo zu und neigte seinen Kopf so zur Seite, dass sein Vater freie Bahn hatte, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen.
    Jo schnaubte cholerisch. Die Finger seiner erhobenen Hand verkrampften sich.
    „Komm schon!“, reizte ihn Alex. „Schlag doch zu, wenn das das Einzige ist, was du kannst.“
    Jo verharrte einen ganzen Moment. In seinen Augen prangte blanke Wut. Dann holte er mit seiner Hand aus und warf sie in einer hektischen Bewegung und mit ausgestrecktem Zeigefinger nach vorn, vorbei an Alex‘ Gesicht, dafür Richtung Tür.
    „RAUS!“, schrie er.
    Alex blieb jedoch stehen. Er wusste, dass er seinen Vater bewusst provoziert hatte.
    „Raus!“, wiederholte sich Jo. „Verschwinde aus meinen Augen!“
    Alex presste seine Lippen zusammen. Dann nickte er kaum merklich. Er verharrte noch eine letzte Sekunde, bevor er sich schließlich zum Gehen umwandte. Für ihn stellte der Streit nichts Außergewöhnliches dar. Zwischen ihm und seinem Vater war es üblich, sich gegenseitig an einem Thema entlang Richtung Wut zu schaukeln.
    Mit gesenktem Kopf trat er zur Tür. Er drehte sich kein weiteres Mal um. Der Streit belastete ihn nicht. Im Gegenteil. Auf eine perfide Art und Weise fühlte er sich nach der Auseinandersetzung mit seinem Vater befreiter. Es war fast, als ob er all seinen Selbsthass nur deshalb an Jo ausgelassen hatte, um nicht allein damit fertig werden zu müssen; als ob er mit dieser Methode die nötige Anteilnahme seines Vaters erzwang, weil Jo ihm diese nicht von selbst entgegenbrachte.
    Er verließ das Wohnzimmer, ohne die Tür hinter sich zu schließen. Und erst jetzt - in jenem Moment, als er all seine anderen Sorgen auf Jo übertragen hatte - schlich wieder die eigentliche Sorge in seinen Verstand zurück. Der Gedanke jagte einen kalten Schauer über seinen Rücken. Er musste an Ben denken und daran, wie schlecht es diesem ohnehin schon ging. Das Letzte, was dieser jetzt gebrauchen konnte, geschweige denn verdient hatte, war es, erneut unter den Folgen seines Verhaltens leiden zu müssen. Dennoch redete er sich ein, dass Ben im Krankenhaus bestens geschützt und überwacht war. Er war fest davon überzeugt, dass die Typen Ben in Ruhe lassen würden, und hoffte inständig, dass sie ihm den Inhalt seiner SMS abgekauft hatten. Falls ja, wusste er jedoch nicht, wie er die leere Versprechung einhalten sollte. Ein weiteres Mal 40.000 Euro aufzutreiben, war nahezu unmöglich.

5
    Es war schon weit nach Mitternacht. Ben wälzte sich von einer auf die andere Seite. Er fand nicht in den Schlaf und keine Position ermöglichte es ihm, schmerzfrei zu sein. Die Drainage war noch immer abgeklemmt, denn der Heilungsprozess verlief vorbildlich – obwohl sich das nicht danach anfühlte. Mittlerweile konnte er das Surren des kleinen Monitors, auf dem sich sein Puls in zackigen Ausschlägen präsentierte, nicht mehr hören. Er hasste Krankenhäuser, hasste den Geruch und das sterile Umfeld. Deshalb hoffte er, möglichst bald entlassen zu werden. Am Vortag hatten ihn noch einmal seine Eltern und Nick besucht. Viel Gesprächsstoff hatte es allerdings nicht gegeben. Die Ereignisse hingen noch immer wie eine unüberwindbare Barriere zwischen ihnen. Lediglich seine Mutter war bemüht gewesen, sich normal zu verhalten. Sie schien zu akzeptieren, dass er und Alex ein Paar waren.
    Ben stöhnte genervt auf. Dann drehte er sich wieder auf die linke Seite und griff nach seinem Handy. Seine Eltern hatten es ihm mitgebracht und so fühlte er sich zumindest auf diese Weise etwas mit der Außenwelt verbunden. Die digitale Uhr auf dem Display zeigte zwei Uhr an. Alex hatte sich nicht mehr gemeldet. Vermutlich wusste er nicht einmal, dass Ben auf dem Handy zu erreichen war.
    Ben machte sich Sorgen um den Blonden. Aus irgendeinem Grund hatte er ein ungutes Gefühl. Er glaubte nicht daran, dass die Typen Alex zukünftig in Ruhe lassen würden. So hatte Diego es ausgedrückt und so

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