Sommermond
würde es vermutlich auch sein. Umso dankbarer war er, dass wenigstens er bald zurück nach Flensburg fahren würde und sich so automatisch in Sicherheit bringen konnte. Doch Alex musste in Hamburg bleiben. Ben konnte nur hoffen, dass die Kerle ihn nach allem, was geschehen war, in Ruhe ließen. Allein aus dem Grund, dass nun die Polizei mit im Spiel war. Vielleicht heizte sie aber genau das an. Ben wusste es nicht.
Wieder wand er sich unter dem Stechen in seinem Brustkorb und versuchte sich auf die Seite zu legen. Diese Position war allerdings wesentlich unbequemer als die Rückenlage, also rollte er wieder zurück.
Den ganzen Abend hatte er über die Ereignisse der letzten Wochen und den Unfall nachgedacht und war mittlerweile sogar so weit, das Schlimmste verarbeitet zu haben. Das Resultat seiner Gedanken war, dass er Alex sehr dankbar dafür war, rechtzeitig einen Krankenwagen gerufen zu haben. Andererseits verfluchte er sein ausgeprägtes Helfersyndrom, das letzten Endes überhaupt dazu geführt hatte, mit in die ganze Sache zu geraten. Er liebte Alex, wusste aber auch, dass es einiges an Zeit kosten würde, die Geschehnisse zu verarbeiten. Er hoffte, dass beide stark genug dafür sein würden und auch die bald auftretende Entfernung dem standhalten würde. Er selbst würde Alex nicht aufgeben. Das wusste er. Der Blonde hatte eine magnetische Anziehungskraft auf ihn, welcher er ohnehin nicht aus dem Weg gehen konnte. Sein Verhältnis zu Alex war etwas Besonderes. Die Beziehung, die er vorab über drei Jahre mit Nick geführt hatte, war lachhaft dagegen und schien derweil nur noch einer pubertären Vergangenheit zu entstammen. Bei Nick und ihm hatte es nie ernsthafte Probleme gegeben. Sie hatten sich nicht ein einziges Mal Sorgen des Alltags stellen müssen. Ihre größte Herausforderung war Nicks Outing gewesen. Ansonsten hatten sie nur Spaß und Sex gehabt. Mehr nicht. Mittlerweile konnte er nicht einmal mehr nachvollziehen, wie er Nick solange hatte nachtrauern können.
Mit Alex war alles anders. Jedes Wort, jede Berührung entsprang keiner Selbstverständlichkeit. Jede Sekunde brachte etwas Neues und Unerwartetes. Selbst der Sex war heftig. So heftig, dass er ihn süchtig machte. Er sehnte sich schon jetzt nach dem nächsten Mal und konnte sich nur zu gut vorstellen, wie er sich wieder unter Alex‘ festem Griff winden und parallel dazu zum Höhepunkt gebracht werden würde.
Bei diesem Gedanke stahl sich ein Grinsen auf seine Lippen. Auch wenn Alex am Vortag wortlos abgehauen war. Er konnte dem Blonden nicht böse sein, selbst wenn er es gewollt hätte.
Alex würde sich schon wieder einkriegen und dann würden sie gemeinsam eine Lösung für die Zukunft finden. Da war er sich sicher.
Erschöpft schloss er seine Augen, die schon vor Müdigkeit brannten. Er drückte sich das Kissen zurecht und versuchte sich zu entspannen, sich die Schmerzen einfach wegzudenken. Als ihm dies tatsächlich gelang, glaubte er, endlich den ersehnten Schlaf zu finden. Doch da irrte er sich.
Kaum dass er seinen Kopf abgeschaltet hatte, öffnete sich die Tür. Genervt öffnete er seine Augen. Was wollte die Schwester so spät in der Nacht bei ihm? Er befand sich längst nicht mehr in akuter Lebensgefahr und gerade förderlich war nächtliche Unruhe wohl kaum.
Um sich nicht unnötig auf ein banales und flüsterndes Gespräch einzulassen, tat er so, als ob er schlief.
Er regte sich nicht und wartete darauf, dass die Schwester ihre Arbeit – was auch immer es war – verrichten und wieder verschwinden würde. Etwas Genaues konnte er nicht hören. Sie fummelte nicht einmal an dem Monitor herum, wovon er eigentlich ausgegangen war. Irritiert legte er seine Stirn in Falten. Dann zögerte er noch einen letzten Moment, bevor er seine Augen nun doch öffnete und sich zurück zur Tür drehte. Gleich darauf erschrak er. Noch bevor er die Situation begriffen hatte, wurde schon eine in Handschuh gehüllte Hand auf seinen Mund gepresst. Erschrocken riss er seine Augen auf und keuchte unter der Hand. Sie roch so stark nach Zigarettenqualm, als ob sie zuvor durch einen Aschenbecher gezogen worden wäre.
Dunkle Augen fixierten ihn. Der fremde Typ war vollständig schwarz gekleidet und hatte eine Kapuze über den Kopf gezogen. Auf seinem dürren Gesicht blitzten verschiedene Narben, die ein Beweis dafür waren, dass er sich nicht zum ersten Mal mit jemandem anlegte.
Ben bekam nur schlecht Luft unter dem Stoff des Handschuhs. Das Ausmaß
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