Sommermond
zusammentreiben. Irgendwie. Und dieses Mal würde er dem Spanier das Geld persönlich überreichen und dem Spuk damit ein für allemal ein Ende bereiten.
7
Ben blieb hilflos im Krankenhaus zurück. Er wollte für Alex da sein und ertrug es nicht länger, tatenlos herumzuliegen. Er machte sich Sorgen um seinen Freund. Den Spanier und seine Anhänger durfte man nicht unterschätzen. Vielleicht planten sie etwas, mit dem Alex nicht rechnete und sich deshalb nicht darauf vorbereiten konnte. Zu zweit würden sie die Sache sicherer überstehen, zu zweit würde es bei mutmaßlichen Zwischenfällen leichter sein, sich zu wehren. Doch allein hatte Alex keine Chance.
Ben griff nach seinem Handy und wählte Alex‘ Nummer. Er wollte den Blonden zurückordern. Doch als ihm aus dem Handy das Freizeichen entgegenschallte, legte er auf. Alex würde sowieso nicht an sein Handy gehen und sich erst recht nicht zurückrufen lassen. Der Blonde war stur. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog er es durch – mit allen möglichen Konsequenzen. Ben hatte eigentlich geglaubt, dass Alex nach dem Unfall schlauer geworden war. Dies schien jedoch nicht der Fall zu sein.
Er legte das Handy zurück und hievte sich hoch. Er ächzte unter den Schmerzen. Er schob seine Beine aus dem Bett und richtete sich auf. Seine Knie zitterten, seine Atmung wurde automatisch flacher. Er torkelte zum Schrank, öffnete ihn und kramte eine Jeans hervor. Mit ihr kehrte er zu seinem Bett zurück. In genau diesem Moment öffnete sich die Tür zu seinem Zimmer. Herein trat eine ihm fremde Schwester samt Mittagessen. Als sie ihn sah, rückte sie mit ihrem Zeigefinger die Brille auf ihrem Nasenrücken zurecht und warf ihm einen strengen Blick zu.
„Herr Richter!“, sagte sie. „Was machen Sie denn da? Sie sollen hier nicht herumirren, sondern liegen bleiben und sich ausruhen.“
Nebenbei stellte sie das Essenstablett vor sich auf den Tisch.
„Ich will hier auch nicht herumirren“, entgegnete Ben. „Ich will nach Hause.“
Als er sich bückte, um sich die Jeans überzuziehen, durchdrang ihn ein ungeheurer Schmerz. Erschrocken stöhnte er und richtete sich wieder auf.
„Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen?“, fragte die Schwester. „Mit gebrochenen Rippen können Sie hier nicht einfach so herumturnen.“
„Ach, und wieso nicht?“, gab Ben genervt zurück.
„Weil sich die verletzte Rippe in Ihre Lunge bohren könnte … zum Beispiel.“
Ben blickte skeptisch zu ihr auf.
„Ich hole jetzt einen Arzt!“, meinte die Schwester und eilte daraufhin schnellen Schrittes aus dem Zimmer.
Ben sah ihr noch einen Moment hinterher, bevor er trotz der Warnungen einen weiteren Versuch wagte. Er beugte sich erneut nach vorn und drückte seine Füße durch die Hosenbeine. Dieses Mal gelang es ihm. Er zog die blaue Jeans hoch und drückte den Knopf zu. Anschließend zog er seine Tasche unter dem Bett hervor und legte sie auf das Bett. Ohne weiter darüber nachzudenken, schritt er zum Schrank, nahm seine Kleidung und warf sie in die Tasche. Als er damit fertig war, machte er beim Nachtschrank weiter. Er schob die Zeitschriften zusammen und stopfte sie in eine längliche Seitentasche. Als er kurz darauf aufsah, öffnete sich wieder die Tür. Dr. Bendfeldt trat ein und bewegte sich mit festem Blick auf ihn zu.
„Sie wollen nach Hause?“, fragte er.
Ben erwiderte nichts. Gekonnt wich er dem strengen Blick aus und packte seine Sachen weiter zusammen. Er wusste, dass der Arzt ihn von seinem Vorhaben abbringen wollte. Doch das interessierte ihn nicht. Er hatte beschlossen, das Krankenhaus zu verlassen. An dieser Entscheidung gab es nichts mehr zu rütteln.
„Sie wissen schon, dass die Operation noch nicht lange her ist?“, fragte der Chefarzt.
Ben schwieg.
„Und Sie wissen auch, dass Sie zwei gebrochene Rippen haben? Es besteht noch immer die Gefahr, dass Komplikationen auftreten. Vor allem, wenn Sie sich nicht schonen. Wir haben Ihre Lunge gerade erst in den Griff bekommen. Durch die gebrochenen Rippen besteht die Gefahr eines neuen Pneumothoraxes. Auch andere Organe können verletzt werden. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu inneren Blutungen, die Sie vielleicht erst zu spät bemerken.“
Ben schmiss sein Waschzeug in die Tasche und zog den Reißverschluss zu. Er hatte aufmerksam zugehört, nahm die Worte jedoch nicht ernst. Es kam ihm wie eine psychologische Masche vor, nur die schlimmstmöglichen Komplikationen aufgezählt zu
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