Sommermond
stieg in ihm auf und ließ seine Hände zittern.
„Spinnst du, Vater?“, wandte er sich an Jo.
„Warum denn so nervös?“, fragte der Oberkommissar mit erhobener Augenbraue. Sein dürrer Kollege lehnte sich derweilen in seinem Stuhl zurück.
Jo verzog keine Miene. Er faltete seine Hände auf dem Tisch ineinander und mied jeglichen Blickkontakt zu seinem Sohn.
Alex war sichtlich irritiert. Der Polizist schien ihn mit Jos Handy lediglich aus der Reserve gelockt zu haben und er war tatsächlich darauf reingefallen. Innerlich schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und ärgerte sich über sein Verhalten. Jetzt, im Nachhinein, erschien es ihm als völlig absurd, dass Jo ein Gespräch zwischen ihnen aufgezeichnet haben sollte. Er traute seinem Vater zwar viel zu, aber so etwas auf keinen Fall.
„Ich bin überhaupt nicht nervös“, tat Alex ab. „Es regt mich nur auf, wenn mein Vater irgendwelche intimen SMS von mir herumzeigt.“
„ SMS ?“ Kommissar Wagner legte seine Stirn in kritische Falten. „Sind denn da so persönliche Nachrichten drauf?“
„Ja“, mischte sich daraufhin Jo ein, streckte seinen Arm aus und nahm dem Polizist das Telefon aus der Hand. Alex blickte verunsichert zu ihm herüber und wunderte sich über Jos Verhalten. Als der Polizist kurz wegschaute, um sich mit seinem Kollegen auszutauschen, trafen Alex‘ und Jos Blick aufeinander. Alex wollte ein wortloses Danke mit seinen Lippen formen, entschied sich aber im letzten Moment dagegen. Wirklich dankbar konnte er seinem Vater nicht sein, denn immerhin hatte dieser sein Handy an den Kommissar übergeben und sich damit auf das seltsame Spielchen eingelassen.
„Mensch, Kinder!“, mischte sich nun Bens Mutter ein. Sie sprach wie mit Fünfjährigen. „Jetzt sagt doch endlich, was los ist! Wir wollen euch doch nur helfen.“
Alex senkte den Blick und starrte stattdessen auf die glatte Tischoberfläche. Als er einen Krümel entdeckte, hob er seine Hand und schnippte ihn weg. Im selben Moment wandte sich der Kommissar an ihn.
„Was sind denn das für Narben?“, fragte er und deutete auf Alex‘ verletzte Hand.
„Das geht Sie nichts an“, gab Alex gereizt zurück.
„Das geht uns sehr wohl etwas an, Herr Tannenberger.“
Sein Kollege nickte bekräftigend.
„Das ist noch von ‘nem Streit mit meinem Vater“, gab Alex schließlich nach. „Ich bin ausgerastet und hab‘ gegen meinen Spiegel geschlagen. Sie können gern oben nachsehen, wenn Sie sich dann besser fühlen.“
Der Mundwinkel des Kommissars schnellte für einen kurzen Moment nervös nach oben. Er schien Probleme mit Alex‘ selbstbewusster Art zu haben. Vermutlich brachten ihm die meisten Leute uneingeschränkten Respekt entgegen. Doch Alex ließ sich nicht schnell einschüchtern.
„In Ordnung“, sagte der Kommissar und erhob sich von seinem Stuhl. „Wir kommen hier anscheinend nicht weiter. Wenn Sie“, und damit richtete er sich an Ben, „noch mal mit uns sprechen wollen. Hier meine Nummer.“ Er griff in seine Jackentasche und zog eine Visitenkarte hervor.
Ben starrte wie gebannt auf die ihm entgegengestreckte Hand.
„Jetzt sagt doch die Wahrheit!“ Jo wurde lauter und stand ebenfalls auf. „Wie Doris schon sagt … Wir wollen euch helfen!“
Alex schwieg. Gespannt wartete er auf Bens Reaktion.
„Nun nehmen Sie schon!“, meinte der Kommissar und trat einen weiteren Schritt auf den Dunkelhaarigen zu.
„Alex“, sagte Jo, „ich hab‘ die 40.000 Euro nicht zusammen bekommen.“ Er sprach wieder ruhiger. „Ich kann dir nicht helfen.“
Alex erschrak innerlich. Ein kalter Schauer jagte über seinen Rücken und hinterließ ein unangenehmes Brennen, das ihn binnen Sekunden an all das erinnerte, womit ihm gedroht worden war. Ungewollt hielt er die Luft an, blinzelte nicht einmal mehr. Geschockt starrte er in Bens Richtung.
Der Dunkelhaarige hob seine Hand und streckte sie nach der Visitenkarte aus. Doch statt sie zu nehmen, drückte er sie samt Hand des Kommissars von sich weg.
„Nicht nötig“, sagte er dazu.
„Ben!“, ermahnte ihn Alex und warf ihm dabei einen flehenden Blick zu.
Der Dunkelhaarige senkte seinen Kopf und biss sich auf die Unterlippe.
„Herr Richter?“, fragte der Kommissar und klang besorgt.
Alex starrte die beiden abwechselnd an. Er wollte aufstehen, fühlte sich aber zu keiner Bewegung fähig. Er ahnte, was Ben vorhatte, wusste es aber nicht zu verhindern.
„Ja, es gab eine Drohung“, gab Ben zu. Er sprach
Weitere Kostenlose Bücher