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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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vielleicht wegen der Spanische-Grippe-Epidemie oder wegen des Weltkriegs. Drei andere sind wie GIs gekleidet, und eine der jungen Frauen trägt die weiße Uniform einer Krankenschwester. 1929 sind sie in der Blüte ihres Lebens, die Hälfte der Männer im Anzug, die anderen Arbeiter, aber alle Frauen sehen älter aus, als sie sind. Nur noch fünfzehn von der ursprünglichen Gruppe sind da. Die Jahre vergehen, und die Zahl der leeren Stühle nimmt zu. Mitte des Jahrhunderts ist weniger als die Hälfte der Stühle besetzt. Nach einer weiteren Dekade sind es nur noch zwei Männer und sechs Frauen. Auch der alte Mann im Raum zählt mit, und ich frage mich, ob er die Überlebenden anspornt. Im Jahr 1972 ist nur noch ein einziger Junge übrig, ein weißhaariger Mann, der eine Nehru-Jacke und einen geflochtenen Pferdeschwanz trägt. Um ihn herum sitzen vier Frauen in unförmigen Kleidern und Gesundheitsschuhen. Eine nach der anderen verblasst auf der Fotografie, und 1981 leisten sich nur noch ein Mann und eine Frau Gesellschaft. Sie halten sich an den Händen. Ein weiteres Jahr vergeht, und nun sitzt er allein da, zwar geschrumpft, aber noch immer zu groß für die Kinderstühle und verwundert über seine Langlebigkeit. Der Kalender wird weitergeblättert, er wartet. Das letzte Bild zeigt das leere Klassenzimmer mit einem einzigen Blatt, das wellig auf dem Boden liegt.
    Adele strich sich den Kragen ihres grünen Kleides glatt und fuhr fort.
    Als der Junge aufschrie, war sie erschrocken, versteht ihr, denn sie kamen gerade vom Friedhof und sollten eigentlich ins Gebet vertieft sein. Stattdessen sah sie, dass der junge Mann mit einer Hand einen Ball in die Luft warf und drei ihrer Schüler um ihn herum ihn schweigend belagerten, damit er ihnen den Ball zurückgab. Ganz ungeniert neckte der Mann die Jungen weiter, denn er wusste zu gut, dass das Tohuwabohu sie schnell zu ihm führen würde.
    Als Adele näher kam, zog er wie ein richtiger Gentleman den Hut, und die Jungen wichen zurück, um ihr Platz zu machen. Er ging ihr entgegen und hielt ihr den teuflischen Baseball hin. »Einer Ihrer Schützlinge«, sagte er. »Der macht zu viel Unfug.« Ihre Fingerspitzen berührten sich leicht, als sie ihn entgegennahm, und Adele fuhr fast aus der Haut. Da sie keine Tüte oder Tasche hatte, behielt sie den Ball in der Hand. Die ungezogenen Jungen reihten sich wieder ein. Alle Kinder beobachteten sie. »Sie sind doch selbst kaum ein wenig älter als diese jungen Gauner. Und für eine Schwester sind Sie viel zu jung.«
    »Ich bin schon ganze neunzehn und keine Nonne. Ich unterrichte die Kindern im Singen und helfe heute nur aus … bei der Beerdigung.«
    Als er bei ihrer Antwort lächelte, schien er zu viele Zähne zu zeigen, aber sie waren ebenmäßig und weiß. Seine Haut war fein und ohne Pockennarben, sein schwarzes Haar ordentlich gekämmt und hielt – leicht geölt – am richtigen Fleck. Doch seine Augen brachten sie zur Strecke. Wie braune Kastanien fixierten sie sie, und selbst als sie seinem Blick auswich, spürte sie, dass er sie betrachtete. »Die beste Nachricht des Tages, Miss.«
    »Adele« antwortete sie. »Adele Hopkins.«
    »Ich bin Patrick Ahearn, immer zu Diensten. Sie halten ihn richtig gut, den Baseball, Miss Adele. Spielen Sie?«
    Die Kinder schauten. »Ich muss los. Man erwartet uns in St. Luke’s.« Sie stieß beinahe den kleinen Frankie um, als sie sich umdrehte, denn er hatte die ganze Zeit neben ihr gestanden und sich hinter ihren Röcken versteckt. Mit strengem Blick forderte sie die Jungen und Mädchen auf, ihre Reihen zu bilden, und sie wollten gerade ihre Prozession wiederaufnehmen.
    »Sind Sie ein Fan?«, fragte Pat. »Waren Sie je im Stadion, um die Pittsburg-Jungs zu sehen? Unsere Pirates?«
    Errötend verneigte sie sich leicht, schaute dann nach vorn und marschierte mit ihren Drittklässlern so entschlossen los wie die Gewerkschaftler zur Parade am 1. Mai. Schon allein der Gedanke daran, nur wegen eines Baseballspiels über den Fluss nach Allegheny City zu fahren, erfüllte sie mit Abwehr; und obwohl sie junge Frauen kannte – etwa ihre beste Freundin Helen –, die schon einmal bei dem Spektakel im Exposition Park gewesen waren, schien ihr das irgendwie nicht ganz ehrbar zu sein, und Adele überlegte, was wohl ihre Eltern zu so einem Vorschlag sagen würden. Und die Tatsache, dass er, ein absolut Fremder, sie mehr oder weniger augenblicklich bei ihrem ersten Zusammentreffen eingeladen hatte, brachte

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