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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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die feinen Herren und Damen zuerst. Wer an Bord blieb, verfluchte sein Los, als das kleine Boot jedoch im Kampf gegen die Wellen zurückkehrte, wurde es mit großer Erleichterung beobachtet. Im Laufe dieses Nachmittags wurden alle an Land gebracht, und anschließend kehrten die Männer zurück, um die Ladung zu bergen. Alles, was an Samen und Proviant für Virginia bestimmt gewesen war, die unverdorbene Nahrung und die Getränke, selbst der muntere Schiffshund Crab, wurde in Sicherheit gebracht. Jane, die bei den Letzten war, hatte, während sie die halbe Meile hinübergerudert wurden, die Arme um den Hals der Dogge geschlungen. Doch selbst mit ihrer ganzen Kraft konnte sie das Tier nicht daran hindern, in die Brandung zu springen, so sehr sehnte es sich nach Land und Erlösung von dem tödlichen Martyrium.
    »Ein Hund«, unterbrach sie der alte Mann. »Ein Hund ist genau der Richtige, um schwindelnden Überschwang anzuzeigen. An seinem Schwanzwedeln lässt sich sein Gemütszustand ablesen.«
    Jane schaute ihn finster an und verschränkte die Arme.
    »Ich habe mich oft gefragt«, sagte er, »wie viel besser es für uns Menschen wäre, wenn wir hinten einen Schwanz hätten. Ein Anhängsel, das unsere Gedanken und Gefühle verraten würde.« Dolly stieß ihm mit dem Ellbogen in die Rippen, und er wurde rot. »Aber, meine Liebe, fahre doch fort mit deiner Geschichte.«
    Zu sagen, dass sie dankbar waren, auf terra firma zu sein, hieße, das Wunder kleinreden, dass sie diese Inseln gefunden hatten. Die Navigatoren und die erfahreneren Seeleute erkannten sie sofort als die Bermudas; manche nennen sie auch Brendan’s Isle, nach einem Iren, der sie vor tausend Jahren entdeckte; und für andere sind sie die Isle of Devils, wegen der Gerüchte über Monster, die hier ihr Unwesen treiben sollen. Wie dem auch sei, die Schiffbrüchigen dankten dem Herren und priesen ihn, und Reverend Bucke hielt die Abendandacht, wobei er aus dem Gebetbuch der anglikanischen Kirche las, während in einiger Entfernung, jenseits der sich brechenden Wellen, die Sea Venture bockte – ein Wächter im Ozean und Symbol für alles, was sie aufgegeben hatten, Heimat und Hoffnung, ein schreckliches Monument ihres Martyriums und Überlebens. Jane beobachtete das Schiff bis zum letzten Abendlicht, bis Mond und Sterne aufgingen, und fragte sich, wie es wohl der übrigen Flotte erging, deren Ziel Jamestown war; ob wohl auch die anderen Schiffe verloren waren oder nun auf dem Meeresgrund lagen oder den Sturm irgendwie überstanden hatten und nun sicher im gelobten Land ankerten? Master Ravens fand sie allein am Strand und setzte sich im Mondschein neben sie.
    »Wir sind etwa hundertvierzig Seemeilen von unserem Kurs abgetrieben worden«, sagte er. »Doch bei Gott, wir haben alles überstanden, und alles wird uns zum Guten gereichen. Du darfst den Glauben nicht verlieren.« In seinen Worten schwang ein gewisser Zweifel mit, ein Unterton, der zeigte, dass er über falsche Versprechungen nicht erhaben war. Beim Klang seiner Stimme vergrub sie ihr Gesicht in den Händen und weinte. Ravens legte ihr väterlich die Hand auf die Schulter. »Komm, Junge, schlaf hier neben mir. Morgen gibt es viel Arbeit. Denn wenn wir diesen Ort je wieder verlassen wollen, müssen wir uns ein Boot bauen.«
    Da wenig Hoffnung bestand, dass ein Schiff vorbeikommen würde, machte sich die Mannschaft daran, alles nur Mögliche von dem zerstörten Schiff in Sicherheit zu bringen. Die Männer wurden im Boot hinübergeschickt, um die Holzspanten und die Segel zu bergen, das Eisen und alle Waren, ja sogar die Glocke, um aus dem großen Unglück wenigstens eine kleinere Portion Glück schmieden zu können. Die Zimmermannsarbeiten am neuen Boot begannen Mitte August, gerade nachdem das Gerippe der Sea Venture auseinandergebrochen und einzelne Teile davongetrieben oder versunken waren. Die Männer hatten beschlossen, das Ruderboot zu einem Schiff umzubauen, das imstande wäre, die einwöchige Reise übers offene Meer nach Virginia zu überstehen; und so entstand allmählich unter den wachsamen Augen von Mr. Frobisher, dem Schiffszimmermann, aus den Überresten der alten Lukenklappe ein neues Deck. Alle, die bei dieser Arbeit nicht gebraucht wurden, strengten sich an, ein kleines Dorf für ihre Bedürfnisse zu errichten, denn auch wenn die Tage schön und gar heiß waren, so ist doch – einerlei unter welchen Umständen – für ein Zuhause nichts so wichtig wie ein Haus.
    Die Insel war in

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