Sommernachtsgeflüster
hineingegangen war. Die Besitzerin war eine sehr attraktive Frau von mindestens fünfzig. Das war eine große Erleichterung. Thea kam sich vielleicht nicht annähernd so gut aussehend vor wie diese elegante Person, aber die Tatsache, dass sie fünfzehn Jahre jünger war, verschaffte ihr dennoch einen Vorsprung.
Molly und die Besitzerin begrüßten sich freundlich mit Küssen auf die Wange. »Caroline, das hier ist Thea. Ich habe sie dir mitgebracht, weil sie etwas absolut Umwerfendes braucht. Wir ... sie eröffnet heute eine Kunstgalerie.«
»Oh! Doch wohl nicht die, von der ich heute Morgen im Lokalradio gehört habe? Mit dem neuen irischen Künstler? Das klingt so aufregend.«
»Ich hoffe, es wird auch aufregend«, erwiderte Thea etwas verdrießlich. Die gewaltige Größe ihres Unternehmens kam ihr plötzlich wie ein furchtbarer Fehler vor -und bald würde es ein Fehler sein, den sie vor aller Augen beging. Wie der Millennium Dome würde die Vernissage ein spektakulärer Fehlschlag werden.
»Natürlich wird es aufregend! Wenn Molly Ihnen beisteht, wird es einfach klasse werden. So, in welchen Sachen fühlen Sie sich denn am wohlsten?«
»In Jeans.«
»Dann also Hosen.«
Thea schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe zu dicke Oberschenkel.«
Caroline stellte eine Reihe von Fragen und sagte dann: »Gut. Sie beide dürfen sich jetzt setzen und ein Glas Wein trinken, und ich suche Ihnen ein paar Sachen zum Anprobieren heraus.«
Thea fragte sich, ob es an dem Wein auf leeren Magen lag oder ob sie wirklich so gut aussah, wie der Spiegel es ihr vormachte. Sie wirkte grazil - niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass dieses Wort auf sie zutreffen könnte. »Jesus«, murmelte sie.
Das Kleid war schwarz, trägerlos, kurz und hauteng. Aber es war so gut geschnitten, so sorgsam und geschickt gerüscht, dass Thea sich darin nicht aufreizend, sondern wie einer der weniger bedeutsamen Filmstars bei einer Oscar-Verleihung vorkam.
»Das ist es«, sagte Caroline.
»Das ist einfach sagenhaft!«, schwärmte Molly.
»Ich wette, es kostet ein Vermögen«, bemerkte Thea zweifelnd, »und ich werde nicht oft Gelegenheit haben, es zu tragen. Die Kosten pro Auftritt werden horrend sein.«
»Für gewöhnlich« - Caroline schenkte Thea noch einmal Wein nach - »würde ich mit Ihnen hundertprozentig übereinstimmen, was die Kosten für ein einmaliges Tragen betrifft. Dieses Kleid wird nie wirklich kosteneffektiv sein.
Aber ich sage auch immer, dass manche Gelegenheiten mehr verdienen als andere. Schließlich trägt man ein Hochzeitskleid, das mehrere tausend kosten kann, auch nur ein einziges Mal. Aber für diesen besonderen Anlass ist es das wert.«
»Und dies hier kostet nicht einige tausend«, warf Molly ein.
»Und ich heirate weder jetzt, noch werde ich es wahrscheinlich jemals tun. Dann dürfte dies also als eine Art Gegenstück zu einem Hochzeitskleid durchgehen. Kostspielig, aber exquisit. Wie viel kostet es denn eigentlich?«
»Verrate es ihr nicht!« Molly legte sich einen Finger vor die Lippen. »Schätzchen, das ist ein Geschenk von Derek und mir - wir sind dir wirklich außerordentlich dankbar. Ich habe so viel Spaß gehabt, und er hatte es derweil so ruhig und friedlich. Dir ein Kleid zu kaufen, ist das Mindeste, was wir tun können.«
»Aber es ist nicht das Einzige, was du getan hast! Du hast schon ...«
»Das war alles langweiliger Kram; dies hier ist etwas, das mir gefällt.« Molly wischte die Frage der Kosten mit einer lockeren Handbewegung beiseite. »Gut. Was hast du denn für mich da, Caro?«
Die drei Freundinnen Theas aus der Fotografenszene trafen am Samstagnachmittag ein. Nachdem sie Rory, dessen Bilder und die Galerie gesehen hatten, brauchte Thea sie nicht mehr eigens davon überzeugen, dass sie in ihrem Leben zuletzt die Weichen richtig gestellt hatte.
»Magenta hat uns erzählt, dass die Bilder fantastisch seien. Sie hat uns aber nichts von Rory gesagt«, meinte eine von ihnen.
»Sie hat nur die Dias von seinen Bildern gesehen und nicht ihn selbst«, erklärte Thea. »Wir haben zwar den ganzen Tag nach ihm gesucht, aber ich habe ihn erst gefunden, als sie wegen eines eigenen Termins nicht mehr dabei war.«
»Wie dumm von Magenta! Ich finde die Galerie großartig. Das ist für dich eine viel bessere Sache als die Zimmervermietung. Ich wette, die Studenten haben dich ganz schön fertig gemacht.«
Petal, die gerade mit einem Tuch über die Fußleisten fuhr, befand sich in Hörweite
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