Sommernachtsgeflüster
nicht so anhänglich.«
Thea lachte. Es ging ihr schon besser. »Es ist nichts passiert, jedenfalls nicht im wörtlichen Sinne. Nur dass das Telefon ständig klingelt, und bis Petal kommt, muss ich alle Anrufe entgegennehmen. Und Molly setzt mir wegen deiner Erklärungen zu. Sie meint, wenn wir sie noch abtippen, kopieren und einbinden lassen wollen, braucht sie sie jetzt. Oder, noch besser, gestern.«
»Ich schreibe keine Erklärung.«
»Nicht wenigstens eine? Molly möchte eine für jedes Bild.«
»Die bekommt sie aber nicht. Das ist doch alles Mist.« Er grinste. »Wenigstens meine wären Mist.«
»Ich könnte dir helfen, etwas zu schreiben. Wenn du nicht so auf Schreiben stehst.«
»Warum um Himmels willen erwartet man von Künstlern, die für das Auge arbeiten, dass sie sich als Schriftsteller betätigen? Man bittet ja auch einen Romancier nicht, sein Werk zu illustrieren oder ein Cover zu entwerfen.«
Thea lachte. »Das Argument hast du ja schön heruntergebetet. Du prägst es dir besser noch einmal gut ein. Du wirst es brauchen, wenn Molly vom Drucker zurückkommt.«
»Ich bin schon zurück«, erklang Mollys Stimme hinter einem Stapel Kartons. »Welches Argument?«
»Keine Erklärungen, Molly«, sagte Rory bestimmt. »Sie sind Scheiße, und sie vertragen sich nicht mit den Bildern an der Wand.«
»Sie kämen ja auch nicht an die Wand. Sie kämen in einen schönen glänzenden Hefter oder ein gebundenes Heftchen. Hier!« Sie zog einen makellos glänzenden Hefter aus ihrer Schultertasche.
»Molly! Noch mehr Geld!«, jammerte Thea.
»Das sind nur Muster«, rechtfertigte sich Molly und wandte sich dann wieder Rory zu. »Die Leute wissen gern, was sie sehen.«
»Hier sehen sie ja, was sie sehen«, erklärte Rory ihr. »Es sind alles Landschaften. Es sind keine abstrakten Bilder, und es gibt keine versteckten Anspielungen darin. Was können die Leute denn noch wollen außer einem richtig schönen großen Bild, zwei Meter fünfzig hoch?«
»Ich bin in einer ganzen Reihe von Galerien gewesen, um zu sehen, wie die Konkurrenz es hält, und ich hätte für die Leute gern etwas zu lesen.«
Rory lachte. »Scheißgalerien, wenn Sie mir den Ausdruck nachsehen.«
»Ach, jetzt brauchen Sie sich auch nicht mehr zu entschuldigen«, fauchte Molly. »Sie haben das Wort ja schon öfter benutzt.«
Thea legte Molly eine Hand auf den Arm, um sie darüber hinwegzutrösten, dass sie in dieser Sache auf Rorys Seite stand. Sie hatte zusammen mit Magenta viele Galerien besucht und in den meisten Fällen die Erklärungen zu den Bildern peinlich gefunden. »Rory hat Recht, Molly. Seine Bilder brauchen keine Erklärungen, und ich habe es sowieso lieber einfach. Die Leute sollten herumschlendern und sich wohl fühlen können, ohne irgendein dickes Buch mitzuschleppen, in dem sie ständig nachschlagen müssen.«
Für Rory war das Thema bereits erledigt. »Wenn du dann die restlichen Drucke aufgehängt hast, ist alles fertig, und es bleibt noch ein Tag. Du hast wahre Wunder bewirkt, Thea.«
»Wir haben wahre Wunder bewirkt, ja«, stimmte Thea ihm zu. »Aber wir haben keinen Tag übrig. Hast du gesehen, wie es auf den Toiletten aussieht?«
»Das werde ich wohl. Denn ich habe sie mit Sicherheit benutzt.«
»Dann wirst du wissen, dass ich dort noch streichen muss.« Thea hatte gehofft, es würde nicht nötig werden, aber nachdem Molly darauf hingewiesen hatte, dass Kim liebt Simon und andere weniger zitierfähige Graffiti dort nicht zu übersehen waren, hatte sie nachgeben müssen. »Könntest du das nicht für uns erledigen? Du hast doch bestimmt noch Zeit vor deiner heißen Verabredung. Ich kann dir einen Blaumann leihen.«
»Klar würde ich dir gern helfen. Aber ich habe dir doch erzählt, dass ich eine Frau treffen muss wegen ...«
»Bitte, sag mir, wegen eines Hundes oder, noch besser, wegen des gesamten Wurfs abgesehen von dem kleinsten Welpen. Dann kommst du auch davon, ohne die Toilette zu streichen.« Thea, die sich zu Hause immer noch mit durchweichten Zeitungen abgeben musste, hatte inzwischen die Hoffnung aufgegeben, dass Rory jemals wieder die Verantwortung für Lara und die Welpen übernehmen würde.
»Thea, ich verspreche dir, dass ich sehr bald die Sache mit Lara regeln und ein Zuhause für die Welpen finden werde.« Er grinste. »Aber in diesem Falle geht es um eine Fernsehsendung, die ich konzipieren soll. Über die Kunst im Laufe der Jahrhunderte. Die Produktion hat meine Bilder gesehen und meint, ich sei
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